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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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prosteten sich zu.
    Walde beobachtete, wie der Schnurrbart seines Chefs in die Flüssigkeit tauchte und einen Eiswürfel wegschob. Ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus und vertrieb für einen Augenblick sein Unwohlsein.
    »Was ist Ihr erster Eindruck von der Story?«, ging Stiermann wieder zur Tagesordnung über.
    »Mir fehlen noch zu viele Informationen. Die Identität der Opfer, das Ergebnis der Obduktion, der Spurensicherung, die Aussagen der beiden holländischen Schiffer, die Meinung der Experten vom Wasser- und Schifffahrtsamt, die Beobachtungen von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk, und nicht zuletzt könnten uns der Zoll und Europol sowie die Kollegen von der Wasserschutzpolizei weiterhelfen.«
    »Was soviel heißt wie …?« Stiermann gab den Ball an Walde zurück.
    »Dass es noch eine Menge zu klären gibt. Auch, woher das Schiff kam, welche Staatsangehörigkeit die Opfer hatten, ob in anderen Staaten etwas über die Populis vorliegt.«
    »Ich sehe schon, da kommt ein dicker Batzen Arbeit auf uns zu.« Stiermann nahm einen weiteren Schluck zu sich. Er stellte das Glas, in dem sich nur noch auf Grund gelaufene Eiswürfel befanden, auf den Tisch zurück.
    »Falls die Sache eine Dimension annehmen sollte, der mein Dezernat nicht gewachsen ist …«, Walde spielte auf einen Erpressungsfall an, den der Polizeipräsident im vergangenen Jahr an das Landeskriminalamt abgegeben und damit für einigen Unmut im Präsidium gesorgt hatte. Letztlich war der Fall dann doch von den Leuten vor Ort geklärt worden, was das LKA ziemlich schlecht hatte aussehen lassen.
    »Nein, Herr Bock, wo denken Sie hin! Machen Sie nur weiter. Das werden wir schon selbst in den Griff kriegen! Ich schlage vor, wir setzen für morgen früh ein Meeting an. Bis dahin haben wir sicher einige Informationen mehr. Sagen wir zehn Uhr?«
    Walde nickte.
    Stiermann erhob sich. Walde nahm noch einen Schluck aus seinem Glas.
    »See you!« Mit dieser Lieblingsfloskel verabschiedete ihn sein Chef.
    Obwohl Harry telefonierte und dabei eifrig in einen Block kritzelte und Grabbe konzentriert auf einen Monitor starrte, spürte Walde gleich die gespannte Atmosphäre im Raum.
    Er merkte schon seit längerem, dass es in seinem Team Probleme gab. Seitdem Grabbe vom Dezernat elf ausgeliehen und später von der Mordkommission übernommen worden war, hatte es immer wieder kleinere Reibereien gegeben. Grabbes teils aus Unerfahrenheit, aber auch aus Naivität und Übereifer resultierenden Fehler hatten zu einigem Ärger und schlechter Stimmung unter den Kollegen geführt.
    Walde hatte sich vorgenommen, gleich nach seinem Kurzurlaub eine Klärung in die Wege zu leiten. Während der wenigen Tage, die er abwesend gewesen war, schien sich die Situation weiter zugespitzt zu haben. Jetzt war allerdings nicht der richtige Zeitpunkt, sich mit diesem Problem zu beschäftigen.
    »So, nun knöpfen wir uns die zwei mal vor.« Walde schaute Grabbe an.
    »Wen soll ich zuerst holen, Chef?«
    »Den Verbeek bitte zu mir und den anderen zu Harry.«
    Der schaute, als er seinen Namen hörte, von seinen Notizen auf. Walde bedeutete ihm stumm, weiterzumachen.
    Harry hielt die Muschel des Hörers zu: »Was ist?«
    »Grabbe bringt die beiden Holländer nach oben.«
    Harry nahm den Hörer vom Ohr und zeigte darauf: »Noch zwei Minuten.«
    *
    In seinem Büro an der viel befahrenen Einfallstraße, die das Gebäude von der Mosel trennte, fühlte sich Stadler nicht wohl. An seinem Schreibtisch zu sitzen, das bedeutete meist Papierkram und der nahm von Jahr zu Jahr immer mehr überhand. Viel lieber war er auf dem Wasser unterwegs.
    Stadler mit seinem dunkel getönten Schnurrbart, der tadellosen Uniform mit den glänzenden Knöpfen, den exakten Bügelfalten in der Hose, dem immer topp frisierten Haar, der exakt ausgerichteten Mütze.
    Er hatte einen gewissen Lebensstil entwickelt, ging regelmäßig zu Vernissagen. Was Essen und gute Weine der Region anging, kannte er sich vorzüglich aus. Ein Zeugnis über sein Urteilsvermögen gab sein Weinkeller ab, in dem erlesene Kreszenzen eines jeden Jahrgangs, lückenlos, was die letzten 25 Jahre anging, lagerten.
     
    Stadler hatte ein makabres Hobby: Er sammelte Fotos von Wasserleichen. Nach der ersten Begegnung, bei der er – wie später auch – die Leiche selbst nicht anfassen musste, fiel er tagelang krankheitsbedingt aus. Aber das anfängliche Entsetzen schlug ins Gegenteil um. Er wurde zum Spürhund im Auffinden von Wasserleichen.

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