Endstation Mosel
einige ungewohnte Gesichter am Tisch.
»Ich hätte mir gewünscht, dass diese ungewöhnliche Konstellation von Angehörigen ganz verschiedener Ämter und Institutionen aus einem anderen Anlass zusammengekommen wäre.« Stiermann ließ gleich mit seinem ersten Satz erkennen, dass er ein politisches Amt bekleidete.
»Ich begrüße neben den zahlreich vertretenen Beamten meines Hauses und Herrn Roth von der Staatsanwaltschaft die Vertreter von Wasserschutzpolizei, Zoll, Wasser- und Schifffahrtsamt, Technischem Hilfswerk, der, ich nenne sie mal hauptamtlichen, Feuerwehr, der freiwilligen Feuerwehren von Mehring und Detzem …«
»… des Kaninchenzuchtvereins Riol, dem Heim für Christliche Seefahrer, Mosel, Saar, Ruwer e.V. bla, bla, bla …«, murmelte Monika neben Walde und rollte die Augen.
Waldes Blick fiel auf eine Ausgabe des Extrablatts, die auf einem Stapel meist überregionaler Zeitungen vor Harry lag. TÄTER FORDERN BLUT, prangte in dicken roten Lettern darauf.
Walde wollte gerade die ersten Zeilen des Artikels lesen, als er seinen Namen hörte.
»… bevor Herr Bock uns seine Einschätzung des Falls mitteilt, wird unsere Pressesprecherin Ihnen eine Zusammenfassung von dem geben, was wir bisher zusammengetragen habe, ich bitte Sie, sofern Sie dem bisher noch lückenhaften Mosaik weitere Teile hinzufügen können, uns nach Kräften zu unterstützen.«
Er gab das Wort an Monika weiter, die mit ihren wohltuend aus dem üblichen Polizeijargon herausragenden Formulierungen den Stand der Ermittlungen auf den Punkt brachte. Die weiteren Untersuchungen der Spurensicherung bestätigten, dass die Kleidung der Toten und deren Tascheninhalte unterschiedlichster Art wie Fahrscheine, Zigaretten, Kaugummi, Geldscheine etc. aus Togo, Ghana und Frankreich stammten. Walde drehte das Extrablatt auf die unbedruckte Seite.
Monika erwähnte, dass sich in der vergangenen Nacht gegen ein Uhr ein Einschüchterungsversuch gegen die Redaktion des Käsblatt ereignet habe.
Anschließend präsentierte Walde das vorläufige Ergebnis der Obduktion. Als er geendet hatte, sagte niemand etwas.
Stiermann ergriff wieder das Wort: »Ich schlage vor, den informellen Teil abzuschließen und dann in ein Brainstorming überzugehen, in dem jeder alles äußern kann, was ihm zu dem Fall gerade in den Sinn kommt.«
Walde drehte das Extrablatt um und las den recht kurzen Artikel, der mit einem Foto des unter dem Kran schwebenden Containers, wie er gerade aus der Mosel gehoben wurde, illustriert war. Grabbe schlich zur Tür herein und setzte sich mit gesenktem Blick.
Nach fast einer halben Minute, in der niemand am Tisch etwas sagte und Stiermann interessiert jeden in der Runde anschaute, meldete sich Wasserschutzpolizist Stadler zu Wort. Er stand auf und zog seine Uniformjacke glatt: »Nach den Informationen, die ich über den kleinen Dienstweg bekommen konnte, müssten die Opfer in Frankreich, wahrscheinlich in Nancy, an Bord gekommen sein. Das Schiff hatte einen Stopp im luxemburgischen Mertert, ohne dass be- oder entladen wurde. Da wäre noch dieser Taucher, der die Leichen in der Populis entdeckt hat, der Herausgeber des Käsblatt beruft sich auf das Informantenrecht, aber ich habe da schon einen Verdacht …«
»Sehr interessant«, unterbrach ihn Walde, der befürchtete, Stadler könne Jo erwähnen. »Halten Sie uns auf dem Laufenden. Ich gebe Ihnen im Anschluss meine Handynummer.«
Stadler nahm etwas irritiert wieder Platz.
Weiter hatte niemand mehr etwas beizutragen. Stiermann beendete die Besprechung mit salbungsvollen Worten und bedankte sich bei den Besuchern. Im Anschluss waren nur noch ein Dutzend Ermittler der Kriminalpolizei und Staatsanwalt Roth, der bisher kein Wort gesprochen hatte, am Tisch.
»Hat der Journalist Anzeige erstattet?«, Walde tippte auf das Extrablatt.
Es erfolgte keine Reaktion.
»Dann werde ich mich gleich darum kümmern.«
»Und was ist mit der Pressekonferenz?«, fragte Monika. »Du siehst ja, wie groß das Interesse ist.« Sie wies auf den Packen Zeitungen.
»Wir können zurzeit noch nicht einmal klar sagen, welches Delikt vorliegt. Ist es Mord oder fahrlässige Tötung oder Totschlag …«
»… oder unterlassene Hilfeleistung in Tateinheit mit Menschenschmuggel«, fügte Roth an. »Die Aktenlage im Fall der Inhaftierung dieses holländischen Steuermanns ist ziemlich dürftig. Der Haftrichter wird ihn zwar wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr einbuchten, aber bis zur Haftprüfung brauchen wir
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