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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Folterspuren. Die sind typisch für die FAT.«
    »Wer ist die FAT und woher wissen Sie so gut Bescheid?«, fragte Walde erstaunt.
    Hoffmann deckte den Toten wieder zu und schob die Lade in den Schrank zurück.
    »Das sind die togoischen Streitkräfte, die Forces armée togolaises. Ich war als Entwicklungshelfer in Togo und dann nach dem Facharzt nochmals als Mitarbeiter bei ›Ärzte ohne Grenzen‹. Ich habe vier Jahre in Afrika verbracht und bin auch heute noch ›Ärzte ohne Grenzen‹ und ›amnesty international‹ verbunden und durch sie auf einem einigermaßen aktuellen Stand. In Togo läuft es zur Zeit ganz beschissen. Da herrscht ein absolutes Willkürsystem. Allein schon der Umstand, als Aktivist von Amnesty International entlarvt zu werden, kann den Tod bedeuten. Die echte politische Opposition wird gnadenlos verfolgt und mit extralegalen Urteilen aus dem Wege geräumt.«
    »Was heißt extralegale Urteile?«, fragte Walde.
    »Da werden einfach mal zwei Dutzend oder mehr sogenannte Staatsgegner ohne Urteil hingerichtet. Da werden Familienangehörige von Oppositionellen tagelang ohne Kleidung und Nahrung eingesperrt oder gefoltert. Da verschwinden Menschen auf Nimmerwiedersehen. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen einen Kontakt zur örtlichen Gruppe von ai herstellen.«
    »Danke, wie lange sind Sie heute noch im Dienst?«, fragte Walde.
    »Auf jeden Fall bis die Laborergebnisse kommen und der vorläufige Bericht diktiert ist; ich rufe Sie an.«
    Walde bat: »Lassen Sie sich unbedingt direkt mit mir verbinden. Und falls Sie auch die Kontaktadresse von amnesty haben …«
    Hoffmann runzelte die Stirn: »Ich hab’ gerade darüber nachgedacht. Viele amnesty-Mitglieder sind gar nicht so gut auf die Polizei zu sprechen. Das liegt ja in der Natur der Sache. Auch die deutsche Justiz ist schon hin und wieder ins Blickfeld von ai geraten. Hauptsächlich waren das Vorfälle aus der Terroristenzeit. Und die Polizei spielt oft genug Helfershelfer, wenn es um Zwangsabschiebungen geht. Ich werde mich wohl selbst kümmern, bevor ich vergeblich nach jemandem Ausschau halte …«, Hoffmann suchte nach den passenden Worten, »… der mit Polizisten klarkommt.«
    *
    Hinter der Schwingtür schnappte Walde nach Luft. Im Treppenhaus roch es geradezu frisch. Grabbe saß telefonierend auf der obersten Stufe.
    »Wir kommen jetzt«, rief er in den Hörer, reichte ihn an Walde weiter und stand auf.
    »Sorry, Chef, du kennst ja mein Problem mit dem Karbolgeruch, ich arbeite daran, meine Frau hat mir eine Flasche zum Trainieren besorgt.«
    Walde war nicht danach, darauf näher einzugehen.
    Grabbe hastete neben Walde her, der mit langen Schritten dem Ausgang zueilte.
    »Chef, Monika hat angerufen, um elf ist Pressekonferenz.«
    »Was, so früh?«, entfuhr es Walde. »Wir haben uns doch erst für zehn Uhr zur Besprechung verabredet.«
    »Sie hat alle Leute bereits für neun Uhr zusammengetrommelt.« Er fügte zaghaft an: »Dein Einverständnis natürlich vorausgesetzt.«
    »Ja und?«, fragte Walde.
    »Außerdem wollte dich ein gewisser Uli sprechen.«
    Walde ging nicht auf das Ablenkungsmanöver ein: »Was hast du Monika geantwortet?«
    »Ich hab’ es ihr gegeben, war ja wohl klar«, er sprach so leise, dass Walde ihn kaum verstehen konnte.
    »Was hast du ihr gegeben?«, beharrte Walde.
    »Dein Einverständnis.«
    Walde blieb stehen und Grabbe, der in seinem Windschatten folgte, bremste knapp hinter seinem Chef ab: »Ich wollte dich nicht stören. War ja bestimmt wichtig da unten. Oder bist du nicht einverstanden?«
    Walde lief los und hielt Grabbe ein paar Meter weiter die Tür auf: »Fang’ sobald wie möglich mit dem Karboltraining an, sonst …«
    Walde stockte, als er sah, dass ihr Wagen, der im Wendekreis direkt vor dem Eingang stand, heillos von Taxis und anderen Autos eingekeilt war.
    Ohne einen Blick zurück zu werfen, stieg Walde in das Taxi, das an vorderster Stelle stand. Vor dem Präsidium ließ er sich eine Quittung über den Fahrpreis ausstellen.
    Walde entschloss sich, gleich zum Konferenzraum in die erste Etage zu gehen. Dort waren bereits die meisten Plätze um den großen Tisch mit Mappen, Blöcken und Schreibutensilien bedeckt. An den offenen Fenstern standen Grüppchen im Gespräch, nur Monika saß telefonierend gegenüber dem Polizeipräsidenten, der dem hereinkommenden Walde freundlich zunickte, sich räusperte und in den Raum rief: »So, dann können wir, meine Damen und Herren.«
    Neben den Kollegen bemerkte Walde

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