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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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Lesben wir bei der Polizei haben!«
    »Auch in Führungspositionen?«
    Sie dachte nach. »Na ja, vermutlich nicht ganz so viele. Aber trotzdem …« Sie trank einen Schluck von ihrem Wein und schob sich einen kleinen Kebab in den Mund. Der ihr offensichtlich schmeckte. Ich klaute ihr den zweiten. »Es kann natürlich auch sein«, sagte sie nachdenklich, »dass Völcker einfach nur erfolgreich Psychoterror macht. Das ist ja ‘ne Art von Mobbing. Und Axel, also mein Vorgesetzter, der ist nicht unangefochten auf die Stelle gekommen. Da gab’s ‘n Konkurrenten, und es war ziemlich knapp. Und wenn den jetzt einer gezielt mobbt …«
    »Was ist denn der Völcker für einer? Du hast mal gesagt, der wurde hierher strafversetzt.«
    »Ja, ne, das war bloß so ‘n Spruch von Kollegen, die den nicht verknusen konnten. Der ist aus Wuppertal gekommen, aber freiwillig. Denk ich mal. Du wirst ja eher aus Köln in die Provinz strafversetzt als umgekehrt. Und was das für einer ist – keine Ahnung. Ich hab zum ersten Mal mit dem zu tun.«
    »Aber was ist denn mit deinen anderen Kollegen? Wieso gucken die nicht genauer hin?«
    »Wir sind doch grade so katastrophal unterbesetzt. Eine Kollegin ist im Schwangerschaftsurlaub, ihre Vertretung hat sich am Auge verletzt und kommt frühestens in zwei Wochen wieder, ein Kollege ist in Urlaub – tja. Wir haben drei Morde an der Backe und sind de facto zu zweit. Plus mein Vorgesetzter und zwei Hilos aus anderen Abteilungen. Die haben aber null Erfahrung mit Tötungsdelikten.«
    Tina stocherte in ihren Vorspeisen herum, nahm sich ein wenig Auberginencreme auf die Gabel, sah sie an, als müsste man sie auf mögliche Kontaminierungen überprüfen, und legte die Gabel wieder ab.
    »Schmeckt nicht?«, fragte Abidin, der sie im Vorbeigehen erschrocken beobachtet hatte.
    »Doch, doch!«, riefen Tina und ich wie aus einem Munde. Tina schob sich die Gabel in den Mund, ich brach mir ein Stück von ihrem Fladenbrot ab und häufte mir Avocadocreme drauf.
    »Der eine Kollege«, fuhr sie fort, »mit dem ich letztendlich alles mache, der kann oder will einfach nicht glauben, dass eine Pflegemutter so etwas tut. Der denkt, Pflegeeltern werden vom Jugendamt überprüft, das sind ganz tolle Leute, und wer die verleumdet, ist ein Arschloch, dem man kein Wort glauben darf.«
    Sie legte die Gabel wieder ab und grübelte vor sich hin. »Ich denk mal, Völcker hat das gecheckt. Der hat sich den zur Brust genommen. Ich bin im Rang höher als der Kollege, und vielleicht hat ihm der Völcker ja einen erzählt von wegen, du musst dir von einer Frau nichts sagen lassen und so. Jedenfalls frisst der Kollege dem Völcker aus der Hand. Und mir gegenüber ist er ziemlich … ist er nicht so wahnsinnig kooperativ.« Sie senkte den Blick. »Und ich hab das Gefühl, er spioniert mir nach.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Im Moment hab ich da noch keine Antwort drauf. Ich weiß nicht, warum sich Herr Staatsanwalt Dr. Völcker so verhält, wie er sich verhält. Ich würde am liebsten die Dienstaufsicht einschalten. Aber dafür muss man einen handfesten Verdacht haben. Sonst geht das nach hinten los.«
    Jetzt war ich an der Reihe.
    »Pass auf«, sagte ich, »ich habe ein paar Fragen, auf die hätte ich gerne eine Antwort. Erstens: Was ist mit dem Pathologiebefund? Die Pathologin muss doch sehen können, dass Marco außer den akuten Verletzungen auch alte hat. Zweitens: Alle Fachleute haben mir erklärt, so ein Kurzer wie Marco könnte nicht längere Zeit am Bahnhof oder sonst wo rumrennen. Der würde relativ bald eingesackt. Wie bitte soll Marco also unbeobachtet auf den Strich gegangen sein? Und wo? Drittens: Du hast mir gesagt, der Befund von der Grimme hat ergeben, dass sie von einem Stich getötet wurde, der viel heftiger ausgefallen ist als alle anderen. Und zwar so heftig, dass Marco zu schwach dafür gewesen wäre. Viertens: Waren auf dem Messer Fingerabdrücke? Fünftens …«
    »Stopp! Eins nach dem anderen.« All das, erzählte Tina, hatte sie dem Staatsanwalt bereits vorgetragen. Aber er hatte ihre Einwände weggewischt: »Die alten Verletzungen, sagt er, kommen vom Strichen, Perverse würden nun mal grob mit Kindern umgehen, und solche Jungs wie Marco, die wüssten schon, wie sie an die Freier rankämen, ohne dass man sie dabei sieht. Den tödlichen Messerstich könnte Marco der Grimme durchaus beigebracht haben, zumal dieser Stich beidhändig ausgeführt wurde. Wut würde einem schließlich ungeahnte Kräfte

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