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Endstation Oxford

Endstation Oxford

Titel: Endstation Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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sich jedoch mit hoch erhobener Tischlampe in Stellung gebracht hatte, war die Person, die sie gefangen hielt, längst im Zimmer und hielt ein spitzes, dünnes Messer vor sich.
    Einen Moment lang starrten sie einander an. »Meine Waffe reicht weiter als Ihre und richtet erheblich mehr Schaden an. Wollen Sie wirklich eine Narbe quer übers Gesicht riskieren?«
    Estelle schätzte die Entfernung ab und stellte die Lampe zurück auf den Tisch.
    »Haben Sie schon wieder Lust auf einen Plausch?«
    »Immerhin bin ich Ihr Kustos.«
    Estelle lachte auf. »Hochtrabender geht es wohl nicht!« Sie warf einen Blick auf das, was die Person in der anderen Hand hielt. »Haben Sie uns etwas zu trinken mitgebracht?«
    »Sie sahen ein bisschen blass aus, und da dachte ich, dass Sie vielleicht eine kleine Stärkung brauchen könnten, um mit mir die erfolgreiche Lösung eines alten Problems zu feiern.«
    »Glauben Sie, dass ich Ihnen zuprosten würde, wenn ich wüsste, von welchem Erfolg Sie sprechen?«
    Estelles Gegenüber lächelte. »Wahrscheinlich wären Sie entzückt, aber ich erwarte nicht, dass Sie mir irgendeine Form von Dankbarkeit erweisen.«
    »Nun, wenn Sie so gut gelaunt sind, wie wäre es mit einem Kleiderwechsel für mich? Auch eine Haarwäsche wäre nicht schlecht. Wo sind übrigens meine eigenen Kleider?« Estelle hatte zu ihrer gewohnt knappen Art zurückgefunden.
    »Holen Sie zwei Gläser aus der Küche.« Auf Estelles Bitten wurde nicht weiter eingegangen. »Ich habe den Korken bereits entfernt. Sie brauchen also keinen Korkenzieher. Füllen Sie beide Gläser. Ihre anmaßenden Forderungen ignoriere ich fürs Erste, und um Ihre Wäsche kümmere ich mich, wenn es an der Zeit ist.«
    Mit hoch erhobenem Kopf ging Estelle in die Küche. Möglicherweise war sie in dieser Auseinandersetzung rein physisch unterlegen, doch den Kampf um die geistige Führung gab sie noch längst nicht auf.
    Sie kehrte mit zwei Gläsern zurück, prüfte das Etikett, zog überrascht die Augenbrauen hoch und schenkte zwei großzügig bemessene Gläser ein.
    »Ich kenne mich nicht besonders gut mit Wein aus«, sagte ihr Gegenüber und nahm das Glas aus Estelles Hand entgegen. »Aber ich gehe davon aus, dass dieser hier durchaus trinkbar ist – selbst für jemanden wie Sie.«
    »Montrachet? Ich denke schon.«
    Ihr Gegenüber hob das Glas. »Auf die Gerechtigkeit. Und die Rache.«
    Estelle antwortete nicht. Ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit sahen anders aus.
    »Sie werden es nicht schaffen, seine Meinung zu ändern«, entgegnete sie schließlich. »Das Geschäft war absolut legal, und es ist nur gerecht, wenn er mit Gewinn weiterverkauft.«
    »Darum geht es mir überhaupt nicht. Der Diebstahl dieser Bücher war nur der letzte Akt einer jahrelangen Demütigung.«
    »Aber was wollen Sie damit erreichen, wenn Sie mich hier weiter festhalten?« Estelles Stimme wurde schrill vor Entrüstung. »Glauben Sie wirklich, dass Peter oder ich in Ihrem Leben herumpfuschen wollen? Machen Sie endlich Ihren Frieden mit der Sache.«
    Ihr Gegenüber starrte sie an. »Sie müssen es richtigstellen. Das wäre nur fair.«
    Estelle leerte ihr Weinglas und seufzte. »Ich gebe auf.«
    »Ich bin heute wirklich gut gelaunt. Deshalb lasse ich Ihnen die Flasche da«, sagte die Person, als wäre nichts geschehen. »Wenn sie leer ist, stellen Sie sie neben die Tür. Ich bringe sie dann zum Glascontainer.«
    Estelles Gesicht drückte ihre ganze Verachtung für übereifrige Mülltrenner aus. »Zwar sollte man einen solchen Wein besser in aller Ruhe genießen, aber ich verspreche Ihnen, dass Sie die leere Flasche noch vor Mitternacht zurückhaben.«
    Sie spürte, dass ihr kein Angriff mehr drohte. Und eine Flasche, auch wenn sie leer war, wäre eine bessere Waffe als eine alte, wacklige Tischlampe. Selbst wenn Estelle es geschafft hätte, die Lampe auf den Kopf ihres Widersachers sausen zu lassen, wäre allenfalls das Elektrogerät in Stücke gegangen.

29
    »Wir sollten noch einmal rekapitulieren, was wir bisher in Erfahrung gebracht haben«, sagte Kate nach dem Frühstück am folgenden Morgen. Jon war bereits zur Arbeit gegangen.
    »Vor allem, was wir über die Humes erfahren haben.« Craig nickte. »Ist noch Kaffee da?«
    »Noch eine Tasse von dem starken Zeug, das ich immer für mich mache«, erwiderte Kate und holte eine Espressotasse nebst Untertasse aus dem Schrank. »Reicht das?«
    »Vielleicht gibt das Gebräu meinem Hirn den nötigen Kick.«
    »Sozusagen als geistiges

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