Endstation Oxford
glauben Sie, warum ist Estelle so mir nichts dir nichts für ein paar Tage verschwunden?«
»Ich glaube, es liegt an diesen schrecklichen Schriftstellern. Einer von ihnen, ein gewisser Todd Irgendwie, ruft ständig an oder steht vor ihrer Tür. Ich könnte mir vorstellen, dass Estelle einfach für eine Weile vor ihm geflüchtet ist. Ich erinnere mich an eine andere aggressive Autorin, die um drei Uhr morgens bei ihr anrief und mit Selbstmord drohte, falls Estelle sie nicht vertreten würde.«
»Wie hat Estelle darauf reagiert?«
»Sie hat sich geweigert, auf diese Art emotionaler Erpressung einzugehen. Sie sagte der Frau, sie solle keine Dummheiten machen, und rief die Polizei an. Aber meine arme Tochter wird sogar von ihren eigenen Autoren verfolgt. Dabei arbeitet sie wirklich bis zum Umfallen, selbst wenn die Autoren nicht immer besonders talentiert sind.« Sie warf Kate einen scharfen Blick zu, als hielte sie sie für eine dieser unbegabten Autorinnen. »Also ich persönlich würde mich nicht wundern, wenn sie einfach nur für ein paar Tage abgetaucht ist, um sich von diesen Leuten zu erholen.«
»Aber dann hätte sie doch irgendwen darüber informiert.«
»Da muss ich Ihnen recht geben. Ohne ein Wort zu verschwinden, sieht ihr nicht ähnlich.«
»Hat sie viele Bekannte in Oxford?«
»Sicher sind es ein paar. Zwei ihrer Autorinnen wohnen hier, und soweit ich weiß, auch ein Verlagsleiter. Vermutlich kennt sie auch den einen oder anderen Professor und sicher auch jemanden aus der Bodleian Bibliothek.«
»Beim Hochzeitsessen saßen wir mit mehreren Leuten aus Oxford an einem Tisch. Ein Geschwisterpaar, das eine Buchhandlung führt, und Adela Carston.«
»Adela ist eine alte Freundin meines Mannes. Sie haben sich während des Krieges kennengelernt. Leider ist sie in letzter Zeit immer verwirrter geworden, daher wage ich zu bezweifeln, dass Estelle diesen Kontakt pflegt. Und die Besitzer der Buchhandlung? Ist es ein großer Laden?«
»Nein, eher klein.«
»Dann sind es sicher Freunde von Peter. Nein, eigentlich glaube ich nicht, dass Estelle wirklich enge Freunde in Oxford hat. Jedenfalls niemanden, bei dem sie für eine Zeit wohnen würde.«
»Aber Peter und Myles haben Verbindungen in die Stadt«, mischte sich nun Craig in das Gespräch.
»Peter kennt viele Leute, die Bücher kaufen und verkaufen, und zwar so gut wie überall. Die Kanzlei von Myles befindet sich in einer kleinen Seitenstraße in einem Vorort von Oxford.«
»Sie liegt in Summertown«, warf Kate ein. »Ich glaube kaum, dass die dortigen Bewohner es gerne hören würden, wenn man sie als Vorstädter bezeichnet.«
»Ach wirklich?« Für Esmée schien jedes Haus, das über weniger als drei Morgen Garten verfügte, ein Vorstadthaus zu sein. »Außerdem ist mir zu Ohren gekommen, dass sich Myles irgendwo im gleichen Viertel eine Mätresse hält.«
»Tatsächlich?«
»Es ist natürlich ein Geheimnis, aber eines, über das jeder Bescheid weiß.«
»Vielleicht sollten wir langsam nach Hause fahren«, schlug Craig vor.
»Nur noch eine Frage«, bat Kate. »Hat sich Estelle seit dem zehnten bei Ihnen gemeldet?«
»Das war der vorletzte Samstag, nicht wahr?«
»Genau.«
Esmée sah nachdenklich vor sich hin. »Ich glaube nicht.«
Auf dem Weg zum Auto hörten sie, wie Esmée ihrem Mann zurief: »Du kannst wieder reinkommen, Matthew. Die beiden merkwürdigen Leute sind weg.«
Im Wagen griff Craig wieder zur Karte und blickte auf die Uhr. »Sollen wir gleich nach Oxford zurückkehren?«
»So spät ist es doch noch gar nicht.«
»Das nicht. Aber Jon wird glauben, wir wären durchgebrannt, wenn wir nicht bald heimkommen.«
»Aber wir könnten einen Umweg über Peters Cottage machen und nachsehen, ob das Licht an ist oder irgendwelche Autos davor parken.«
Doch Peters Häuschen lag im Dunkeln, und auch der Audi war fort.
»Zu Hause könntest du dir noch einmal Estelles Adressbuch vornehmen, und ich koche ein tolles Reisgericht für Jon und dich«, schlug Craig vor.
»Gute Idee«, freute sich Kate, startete den Wagen und fuhr los. »Brauchen wir noch irgendwelche Zutaten?«
»Ich glaube, du hast alles im Haus.«
»Hört sich prima an«, meinte Kate. Sie hatte den Ortsausgang erreicht und versuchte verzweifelt, sich an den Rückweg zur M40 zu erinnern.
»Die dritte Ausfahrt im nächsten Kreisverkehr«, sagte Craig.
Der Abend war bereits weit fortgeschritten, als Estelle draußen Schritte näher kommen hörte. Die Tür ging auf. Bis sie
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