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Endstation Oxford

Endstation Oxford

Titel: Endstation Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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übernommen worden. Nummer 24 wurde offensichtlich noch privat genutzt. Weder am Tor noch in der Auffahrt befand sich ein Hinweisschild, und das wilde Buschwerk, welches das Haus vor neugierigen Blicken schützte, wäre von keiner öffentlichen Institution geduldet worden.
    Rechts neben der soliden Eingangstür blinkten zwei Messingklingeln. Zwar konnte Kate die Aufschriften nicht erkennen, doch vermutlich stand auf dem einen Schild »Ben« und auf dem anderen »Frances«. Sie nahm an, dass es sich um das Elternhaus der beiden handelte, und auch wenn man die Räumlichkeiten in zwei Wohnungen aufgeteilt hatte, dürften diese viel Platz für zwei Singles bieten. So viel, dass Kate sich fragte, ob es vielleicht Untermieter gab. Das Haus war drei Stockwerke hoch, und jede der beiden Hälften schien über mindestens sechs großzügige Zimmer zu verfügen, von Küchen und Bädern ganz zu schweigen.
    Im ganzen Haus war kein Lebenszeichen zu sehen. Trotz des düsteren Tages brannte nirgends Licht. Weder Musik noch Stimmen waren zu hören, lediglich das Flattern einer Taube im Gebüsch und das ferne Summen der Woodstock Road.
    Bücher, dachte Kate. Die Zimmer sind voller Bücher. Staubige Bücher mit sepiafarbenen Seiten, die seit Jahrzehnten in den gleichen Regalen stehen. Bücher, die die Geschwister Akin in ihrer Kindheit gelesen haben. Bücher, die ihr Vater in seiner Jugend kaufte. Bücher, die ihre Mutter als junge Ehefrau las. Seriöse Bücher, die von alten und neuen Geschichten erzählten, Literatur in Englisch und einem halben Dutzend anderer europäischer Sprachen. Kein Fernseher durfte das Flüstern der umgeblätterten Seiten stören, wenn diese Bücher wieder und wieder gelesen wurden.
    Was hatte Kate erwartet? An den Fenstern der oberen Stockwerke waren entweder schwere Vorhänge vorgezogen, oder man hatte die Läden heruntergelassen. Die hohen Fenster im Erdgeschoss waren mit Gardinen ausgestattet, sodass niemand in die Zimmer schauen konnte.
    Aber was gäbe es dort zu sehen? Wahrscheinlich nichts als schwere, alte Möbel, dachte sie. Und Bücherregale. Bücher, nichts als Bücher.
    Sie wandte sich zum Gehen, ehe einer der Akins heimkam und sie dabei überraschen konnte, wie sie zu den Fenstern hinaufstarrte.
    Als sie das Ende der Straße erreichte, stellte sie jedoch fest, dass hinter dem Haus der Akins ein schmaler Weg entlangführte. Es war nur ein winziger, von hohen Zäunen gesäumter Pfad, von dem aus Tore in die jeweiligen Gärten führten. Den wollte sie auskundschaften! Auf dem Weg stank es nach Katzenurin und verfaultem Gemüse. Vorne hui und hinten pfui, dachte Kate. So edel die Vorderfronten wirkten, so vergammelt sah alles von hinten aus. Sie zählte die Tore, bis sie an das viertletzte kam. Wenn sie richtig gezählt hatte, musste das der Garten der Akins sein. Nun, vielleicht waren die Geschwister ebenso nachlässig wie Estelle, was Schlösser anging … Aber das Tor war verschlossen. Verriegelt, um genau zu sein. Kate lehnte sich dagegen. Der untere Teil der Holzkonstruktion bewegte sich ein wenig, aber in Schulterhöhe, wo der Riegel saß, bewegte sich nichts. Sie schob fester. Das Tor ächzte. Kate blickte sich um. Von dort, wo sie stand, konnte Kate einige Fenster sehen. Doch die Chance, dass irgendeine alte Dame sich so langweilte, dass sie ausgiebig nach hinten in die Gärten starrte, war eher gering. Kate entfernte sich ein Stück von dem Holztor, nahm Anlauf und rammte mit ihrer durchtrainierten Schulter das Holz. Die Tür ächzte und splitterte. Einen Moment lang wünschte sich Kate, sie hätte Craig mitgenommen, doch er hätte sie mit Sicherheit davon abgehalten, derart forsch zu sein.
    Sie hielt inne und lauschte. Aus der Nachbarschaft war nichts zu hören. Kate rammte das Tor ein weiteres Mal. Dieses Mal gab das Holz endgültig nach. Sie schlüpfte zwischen zerbrochenen Latten hindurch in den Garten der Akins.
    Hastig blickte sie sich um. Ja, es war tatsächlich das viertletzte Haus. Sie hatte sich nicht geirrt.
    Mit Bedauern stellte sie fest, dass Ben und Frances offenbar keine begeisterten Gärtner waren. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, Ende Oktober den Rasen ein letztes Mal zu mähen. Irgendwer hatte früher einmal Rosen geliebt, aber die Sträucher waren seit Jahren nicht mehr geschnitten worden. Überall wucherten Giersch und Gemeiner Tannenwedel.
    Kate blickte zum Haus empor. Es gab zwei Hintertüren, die in zwei Küchen führten. Beide waren mit Läden verschlossen. Die

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