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Endstation Oxford

Endstation Oxford

Titel: Endstation Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Fenster in den beiden oberen Stockwerken des linken Hauses waren nicht nur doppelt verglast, sondern wurden auch von innenliegenden Holzläden geschützt. Kate konnte nicht sehen, ob drinnen Lichter brannten.
    Offenbar war das Elternhaus der Akin-Geschwister in eine rechte und eine linke Hälfte aufgeteilt worden, und wer immer auf der linken Seite wohnte, liebte entweder die Heimlichtuerei oder wollte sein Privatleben ganz besonders schützen. Gab es dort drinnen gemeinsame Räume, oder lebten die Geschwister ganz und gar getrennte Leben? Nun, vielleicht nicht völlig getrennt, immerhin arbeiteten sie zusammen und gingen täglich gemeinsam zur Arbeit und aßen zusammen zu Mittag.
    Ihre Art der Lebensführung war für einen unabhängigen Menschen wie Kate schwer nachzuvollziehen. Kate war ein Einzelkind, doch sie konnte sich auch nicht vorstellen, etwa mit ihrer Mutter Roz derart nah zusammenzuleben.
    Erneut warf sie einen Blick nach oben. Zu rufen hätte keinen Sinn gemacht. Glas und Holz würden jedes Geräusch von draußen dämpfen. Und wenn sie zu viel Lärm machte, würden die Nachbarn schließlich doch noch aufmerksam werden.
    Kate stakste durch das Gras und rüttelte an den beiden Hintertüren, zunächst links, dann rechts, doch beide waren verschlossen. Durch die Küchenfenster konnte sie nichts erkennen. Sie drehte sich um und kehrte zu dem zerbrochenen Tor zurück. Ein letztes Mal blickte sie zu dem verrammelten Fenster in der obersten Etage hinauf. Sieh den Tatsachen ins Auge, schalt sie sich. Die Möglichkeit, dass Estelle hier wie eine Prinzessin im Turm gefangen gehalten wird, besteht nur in deiner Einbildung. Warum um alles in der Welt sollte sie ausgerechnet in diesem respektablen Haus in North Oxford festgehalten werden?
    Plötzlich jedoch fiel ihr etwas auf. Etwas in der äußersten Ecke des Fensters gleich unter der Dachrinne. Kate wusste nicht genau, was sie davon halten sollte, aber es war ein kleines Stück eines leuchtend bunten Stoffes. Und merkwürdigerweise sah es genauso aus wie eine Ecke des Liberty-Schals, den sie vor einiger Zeit an Estelle bewundert hatte. Rote und weiße Blumen, oder vielmehr: Indischrot auf einem in Ekrü gehaltenen Hintergrund mit einem komplizierten blau-grünen Muster an den Ecken. Das, was sie sah, war eine dieser Ecken sowie ein Stück mit zwei stilisierten Blumen. Doch das Fenster befand sich sehr hoch oben, und der Himmel war bedeckt. Vielleicht war das, was sie da sah, nur ein Stück Vorhang, das sich im Laden verfangen hatte und nun ihrer Fantasie einen Streich spielte.
    In diesem Moment jedoch stahl sich die Sonne hinter den Wolken hervor und schien schräg auf die Rückseite des Hauses. Für ein paar Sekunden konnte Kate den bunten Stoff genau sehen. Als die Sonne wieder verschwand, war Kate sicher – jedenfalls so gut wie sicher –, dass sie Estelles Schal gesehen hatte.
    Es war genau die Art weicher Schal aus feinem Wollstoff, den Estelle an einem kalten Januartag getragen hätte und dessen lebhaftes Rot einen düsteren Nachmittag aufhellen konnte.
    Kate verließ den Garten. Sie schob das Tor wieder so weit zurück in den Rahmen, dass kaum noch zu erkennen war, wie unkonventionell sie sich Zutritt verschafft hatte. Langsam ging sie zurück zur Cleveland Road. Sollte sie Craig von ihrer Entdeckung erzählen? Oder würde er nur über sie lachen und ihr erklären, wie unwahrscheinlich es war, dass einer der Akins ihre Agentin entführt hatte?

31
    Als Kate nach Hause kam, arbeitete Craig an seinem Artikel. Genau wie sie selbst es häufig tat, hatte er es sich am Küchentisch bequem gemacht.
    »Gibt es Neuigkeiten?«, erkundigte sie sich, um den Moment, in dem sie ihm vom Haus der Akins erzählen musste, noch ein wenig hinauszuschieben.
    »Gibt es. Möchtest du ein Sandwich?«
    »Ja, gern.«
    »Mit Schinken?«
    Kate nickte. Craig schenkte zwei Becher Kaffee ein, ohne sich die Mühe zu machen, vorher zu fragen, und schob den Teller mit den Broten über den Tisch. »Ich fürchte, du hattest recht«, sagte er schließlich.
    »Also nicht Estelle?«
    »Nein. Myles. Es tut mir leid. Du hast ihn ganz gut gekannt, nicht wahr?«
    »Eigentlich nicht. Ich habe ihn nur einmal kurz auf Estelles Hochzeit getroffen. Da kann man nicht behaupten, dass ich ihn kannte. Aber er gehört zu Estelles und Peters Familie, und das ist bestimmt ein schwerer Schlag für sie. Und erst recht für Cathy und ihre Töchter. Die Mädchen sind erst sieben und acht Jahre alt.«
    »Oh ja, ein

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