Endstation Oxford
geschützt hat«, meinte Craig.
Er öffnete seine Kameratasche und holte einen teuer aussehenden Fotoapparat mit einem langen Zoomobjektiv hervor. »Das müsste reichen«, erklärte er, stellte die Brennweite ein und richtete die Kamera auf das betreffende Fenster. Anschließend lichtete er die Rückseite des Hauses aus mehreren Perspektiven ab – »nur für alle Fälle«, wie er sich ausdrückte. Schließlich verließen sie das Grundstück wieder, zogen das Tor so gut wie möglich hinter sich in den Rahmen und kehrten zu Kates Auto zurück.
Kate lenkte den Wagen in eine Parklücke gegenüber dem Haus der Akins, von wo aus sie die Eingangstür beobachten konnten. Dann faltete sie ihre Karte auseinander.
»Wäre es nicht überzeugender gewesen, wenn wir einen Stadtplan von Oxford mitgenommen hätten?«, fragte Craig. »Das hier ist die Küste von Suffolk.«
»Stimmt. Da rechts ist Aldburgh«, bestätigte Kate. »Da kann man wieder mal sehen, wie hoffnungslos sich Touristen verirren können.«
»Nur dumm, dass dein Auto in Oxford zugelassen ist«, murmelte Craig.
»Sie werden denken, es ist ein Mietwagen«, entgegnete Kate leichthin.
Glücklicherweise mussten sie nicht lange warten. Kurz nach eins tauchten die Geschwister Akin an der Ecke der gegenüberliegenden Straßenseite auf und betraten den Vorgarten. Bens Blick streifte Kates Auto, blieb aber nicht daran hängen. Dann zog Ben einen Schlüssel aus der Tasche, öffnete, und beide traten ein und schlossen die Tür hinter sich.
»Nur eine Haustür, ein Flur und Innentüren nach rechts und links«, stellte Kate fest. »Hast du gesehen, in welche Richtung sie gingen?«
»Ich habe überhaupt nichts gesehen. Drinnen war es viel zu dunkel.«
»Sie werden wohl gleich die Vorhänge öffnen. Oder das Licht anschalten.«
Aber nichts geschah.
»Vielleicht hätten wir im Garten bleiben sollen. Dann hätten wir gesehen, wie sie in ihre Küchen gehen«, überlegte Kate.
»Daran habe ich auch schon gedacht, aber ich hatte keine Lust, im kalten, feuchten Gras zu kauern.«
»Ich auch nicht.« Kate nickte. »Glaubst du, es macht Sinn, noch länger zu warten?«
»Eigentlich nicht. Mehr bekommen wir hier bestimmt nicht zu sehen.«
»Zumindest wissen wir jetzt, dass sie wirklich hier wohnen.«
»Es sei denn, sie sind nur hineingegangen, um die Miete zu kassieren.«
»Das hätten sie aber zu Beginn des Monats getan«, erklärte Kate mit Bestimmtheit. »Nein, die beiden sind hier zu Hause.«
Zurück bei Kate überspielte Craig die Bilder, die er bei den Akins aufgenommen hatte, auf ihren Computer. Gemeinsam beugten sie sich über den Bildschirm.
»Eine wirklich gute Kamera«, lobte Kate.
»Das Licht war miserabel, aber ich will die Bilder möglichst nicht bearbeiten, um die Farben des Schals nicht zu verfremden.«
»Er sieht doch wirklich genau so aus, wie ich ihn beschrieben habe, nicht wahr? Ich bin sicher, es ist Estelles Tuch. Genau so etwas würde sie an einem kalten Januarnachmittag tragen – so wie du oder ich eine warme Fleecejacke überziehen würden.«
»Wenn es wirklich stimmt, dass diese Art von Tüchern so selten und exklusiv ist, wie du behauptest, dann scheint alles darauf hinzudeuten, dass Estelle irgendwann in diesem Haus war.«
»Und um Hilfe gerufen hat.«
»Da bin ich mir nicht ganz so sicher.«
»Nie im Leben würde sie so etwas mit einem Schal für vierhundert Mäuse machen, wenn kein echter Notfall dahintersteckt. Ich kenne Estelle.«
»Aber wo ist die Verbindung zwischen Myles, Estelle und den Geschwistern Akin?«
»Wie wäre es mit Peter Hume? Oder Büchern? Oder irgendwelchen rechtlichen Angelegenheiten? Myles war schließlich ihr Anwalt.«
»Das klingt alles ziemlich vage.«
»Mag schon sein. Aber ich will jetzt nur noch in dieses Haus hinein und Estelle da herauszuholen.«
Beide schwiegen. Die Worte »Falls sie überhaupt noch dort und am Leben ist« hingen unausgesprochen zwischen ihnen.
»Glaubst du, beide Akins haben damit zu tun?«, fragte Craig.
»Ich kenne Ben nicht sehr gut. Sein Charakter ist weniger leicht zu durchschauen als der von Frances«, sagte Kate. »Allerdings hat Frances ein so freundliches Lächeln, dass ich kaum glauben kann, dass sie etwas Derartiges tun würde.«
»Das ist allerdings ein recht schwaches Argument«, entgegnete Craig.
»Wie kam sie dir vor, als wir in der Buchhandlung waren?«
»Genau wie dir: eine äußerst charmante Frau, die aus einem harten Geschäft das Beste zu machen
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