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Endstation Oxford

Endstation Oxford

Titel: Endstation Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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hinweisen können, dass es gerade erst viertel nach eins war, aber er nahm sich zusammen und setzte nur einen verletzten Gesichtsausdruck auf.
    »Ach, wirklich?«
    Eine kurze, peinliche Pause entstand. »Möchtest du vielleicht ein Sandwich?«, fragte Emma ohne große Begeisterung. »Ich bin heute Nachmittag im Bistro und muss noch zwei Quiches und einige Steak-und-Pilz-Pasteten zubereiten. Ich habe also nicht viel Zeit.«
    »Du arbeitest doch hoffentlich nicht als Kellnerin?«
    »Nein. Eine Freundin hat ein Café für Schriftsteller und solche, die es werden wollen, eröffnet. Irgendwann beschloss sie, dort kleine Gerichte anzubieten. Dabei helfe ich ihr. Ich beliefere sie mit Pasteten und Süßspeisen. Für uns ist wichtig, dass die Mahlzeiten günstig in der Herstellung sind und satt machen.«
    »Klingt gut.« Peter war sich schmerzlich bewusst, dass Emma nicht die geringste Absicht hatte, ihm eine der Pasteten vorzusetzen.
    »Wäre dir ein Käsebrot recht?«, fragte sie, strich Margarine auf zwei Scheiben und öffnete ein Päckchen mit gummiartigen Käsescheiben.
    »Aber gern«, antwortete er. »Lieb von dir, Emma.«
    Emma überhörte den Sarkasmus. »Von unseren berühmten ansässigen Autoren waren bisher noch keine im Literaturcafé. Aber wie es aussieht, gibt es eine ganze Menge angehender Schriftsteller, die alle sehr gern zu uns kommen und miteinander über ihre Arbeit diskutieren.«
    »Sollten sie nicht besser zu Hause an ihren Computern sitzen und tippen?«
    »Manche bringen ihre Laptops mit, setzen sich in eine ruhige Ecke und arbeiten.«
    Oder sie tun nur so und spielen in Wirklichkeit Tetris, dachte Peter. »Wie heißt denn euer Bistro?«
    »Zara hat lange über einen eingängigen Namen nachgedacht, aber letztendlich lief es dann doch auf Literaturcafé hinaus.«
    »Hört sich doch gut an«, meinte Peter, den das Thema langweilte. Er dachte darüber nach, wie er Emma dazu bewegen konnte, ihm wenigstens eine Tasse Kaffee anzubieten. Das wenig appetitliche Sandwich wollte trocken nicht so recht rutschen.
    »Ich glaube, ich habe noch Frühstückskaffee übrig«, sagte Emma, als habe sie seine Gedanken erraten. »Soll ich dir eine Tasse aufwärmen?«
    »Danke, mach dir keine Mühe«, antwortete Peter. »Ich muss jetzt zurück nach London, und du hast heute Nachmittag sicher auch noch einiges zu tun.«
    »Das ist zwar richtig, aber die Arbeit macht mir viel Freude. Es ist ein bisschen Abwechslung, weil ich mich ja sonst nur um die Kinder kümmere.«
    »Wie geht es deinen Kindern überhaupt?«, erkundigte sich Peter lustlos. Wer konnte schon den Überblick über Emmas zahlreiche Nachkommenschaft behalten?
    »Sie sind inzwischen alle ziemlich selbstständig. Bis auf die beiden Jüngsten. Aber auch Flora wird schon bald sieben. Ich glaube, wir sollten langsam aufhören, sie Baby zu nennen.«
    Peter schluckte den letzten Bissen seines Sandwiches hinunter und stand auf. »Ich muss dann mal wieder.« Nein, er würde Emma nichts von den guten Neuigkeiten sagen. Sie hatte es nicht verdient. Auch einen Abschiedskuss hielt er für unangemessen. Er wandte sich zur Tür. Emma begleitete ihn nach draußen und spähte neugierig in den Kofferraum seines alten Peugeot-Kombis. »Was hast du denn da für ein Zeug drin? Handelst du etwa mit gebrauchten Möbeln? Gehst du auf Flohmärkte? Du hattest doch früher mit Büchern zu tun.«
    »Das habe ich auch heute noch.«
    »Das da drin sind aber keine Bücher.«
    »Nein, heute transportiere ich etwas anderes. Zubehör, wenn du so willst.«
    Emma rümpfte die Nase. Peter versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie beleidigt er war. Wie hatte diese Frau sich in den letzten zwei Jahren verändert! Die Emma, die ihm immer wieder Mut gemacht und ihn unterstützt hatte, gab es nicht mehr.
    »Ich hoffe doch sehr, dass bei dir alles in Ordnung ist, Peter«, sagte sie und klang dabei so, als wäre er im Begriff, sich in die Niederungen von Internetauktionen und Kofferraumverkäufen zu begeben.
    »Mir geht es wirklich gut«, erklärte er. »Vor allem, seit ich verheiratet bin«, fügte er hinzu. »Meine Frau ist ein wahrer Schatz.« Erfreut stellte er fest, dass Emma auf seine Enthüllung mit Überraschung reagierte. Ehe er ins Auto stieg, betrachtete er sie noch einmal. Als sie damals miteinander ausgingen, hatte sie eigentlich ganz gut ausgesehen, inzwischen aber war aus ihr eine formlose Frau mittleren Alters geworden.
    »Es war nett, wieder einmal mit dir zu reden, Emma«, sagte er.

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