Endstation Oxford
sich freigenommen?«
»Ja, ganz genau.«
»Wann erwarten Sie sie denn zurück?«
»Habe ich etwa behauptet, sie wäre weggefahren?«
»Nicht wörtlich. Aber da sie nicht ans Telefon geht, muss ich es schließlich annehmen.«
»Sie ist … äh … sie ist in der Stadt. Zum Shoppen. Ja, sie ist shoppen und trifft sich mit einer Freundin zum Mittagessen. Und zum Tee.« Peter war ein miserabler Lügner.
»Verstehe. Können Sie sie vielleicht bitten, mich anzurufen, sobald sie zurück ist?«
»Ich will es versuchen, aber ich weiß ziemlich genau, dass sie nicht gestört werden möchte.« Er klang, als ob er sehr zufrieden mit dieser letzten Lüge wäre.
Nachdem Peter aufgelegt hatte, starrte Kate noch mehrere Sekunden lang den Hörer in ihrer Hand an. Was zum Teufel war da los? Befanden sich die beiden etwa schon in der ersten Ehekrise? Hatten sie vielleicht einen handfesten Krach gehabt?
Nachdem Kate um fünf Uhr noch immer nichts von ihrer Agentin gehört hatte, aber davon ausgehen konnte, dass Estelle inzwischen sowohl vom Shoppen als auch vom Tee zurück sein musste, rief sie erneut bei ihr zu Hause an. Dieses Mal nahm niemand ab. Sie stellte sich vor, wie Peter Hume vor dem Apparat saß, ihn anstarrte und sich nicht zu antworten traute.
»Allmählich mache ich mir Sorgen um Estelle«, sagte sie zu Jon, der sich zu ihr in die Küche gesellt hatte, während sie das Abendessen zubereitete. »Diese Unzuverlässigkeit passt so gar nicht zu ihr. Nicht nur, dass sie sich nicht wie versprochen zu meinem Entwurf geäußert hat, sondern sie antwortet auch nicht auf meine Anrufe und E-Mails. Und dabei ist sie normalerweise so produktiv und geschäftsmäßig, dass manche Leute sie schon beängstigend finden.«
»Könnte sie zu einer Buchmesse gefahren sein?«
»Für Frankfurt ist es zu spät, für London zu früh«, antwortete Kate. »Ich habe auch probiert, sie auf dem Handy zu erreichen. Ohne Erfolg. Ich konnte ihr nur eine Nachricht hinterlassen. Dann habe ich es bei ihr zu Hause versucht. Peter war dran, nicht etwa Estelle. Er hat behauptet, es ginge ihr gut, und sie hätte sich ein paar Tage freigenommen. Estelle ! Sie und sich freinehmen – ich glaube das einfach nicht!«
»Deutest du da nicht ein bisschen zu viel hinein?«
»Er wollte mir weismachen, sie wäre unterwegs zum Shoppen und wolle sich mit ein paar Freundinnen zum Essen treffen.«
»Hört sich doch ganz vernünftig an.«
»Nein, es klang vielmehr nach einer absolut plumpen Lüge! Ich habe es am späten Nachmittag noch einmal bei ihr zu Hause versucht, aber niemand ging ran. Was hältst du davon?«
»Komm erst mal runter. Sie ist gerade mal zwei Tage nicht im Büro gewesen. Sicher setzt sie sich mit dir in Verbindung, sobald es ihr möglich ist.«
»Und wenn ihr nun etwas passiert ist?«
»Überleg mal: Sie ist erst seit Oktober verheiratet. Vielleicht hat sie einfach nur Lust, mehr Zeit mit ihrem Mann zu verbringen.«
»Warum hat sie dann nicht ihre Vertretung informiert?«
»Ich dachte, sie arbeitet allein.«
»Sie hat eine Assistentin, die normalerweise zwei Tage in der Woche kommt, die aber auch immer dann das Büro besetzt hält, wenn Estelle unterwegs ist.«
»Ach übrigens, wann essen wir eigentlich?«
»Ich brauche noch zehn Minuten. Und wechsele nicht das Thema.«
Kate wusch Salatblätter in einer Schüssel mit Wasser. »Zurück zu Estelle«, erklärte sie entschlossen, während sie den Salat in ein sauberes Küchentuch legte.
»Ich dachte, wir hätten diese Angelegenheit erschöpfend behandelt.« Jon brach ab, weil ein kurzer Sprühregen über ihm niederging. »Musst du den Salat so über deinem Kopf schleudern?«
»Entschuldige.«
Schweigend rührte Kate die Vinaigrette zusammen. Jon hatte sich in eine sichere Ecke verzogen. »Estelle hätte den Empfang einer E-Mail auf jeden Fall bestätigt, auch wenn sie sich tatsächlich ein paar Tage freigenommen hat«, fuhr Kate schließlich fort.
»Mag ja sein.« Er klang unsicher. Welcher Gegenstand mochte als Nächstes quer durch die Küche in seine Richtung fliegen? »Aber selbst wenn du recht haben solltest, verstehe ich nicht, warum du dich so aufregst.«
»Weil ich wissen möchte, was sie von meinem Entwurf hält, damit ich endlich mit meinem Buch weiterkomme.«
»Herrgott noch mal, es ist doch nur ein Roman!«
Sofort breitete sich eisiges Schweigen in der Küche aus.
»Tut mir leid«, murmelte Jon schließlich zerknirscht. »Das hätte ich nicht sagen dürfen. Was kann
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