Endstation Oxford
Jon.«
»Entschuldige. Aber als wir bei Emma eingeladen waren, haben wir ein paar merkwürdige Dinge über Peter erfahren. Vielleicht hat Estelle zufällig Einblick in seine zwielichtigen Geschäftsmethoden bekommen und ist daraufhin enttäuscht davongelaufen.«
»In Ordnung. Dennoch halte ich es für ziemlich sicher, dass Austin etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat. Eigentlich ist es sonnenklar. Stell dir nur vor, er wollte sie zwingen, seinen Roman zu übernehmen.«
»Wie sollte er das bewerkstelligen?«
»Indem er sie in sein Gartenhaus einsperrte und sie nicht wieder hinausließ, ehe sie das Opus nicht von der ersten bis zur letzten Seite gelesen hatte.«
»Die Ärmste! Hoffentlich hat sie schnell gelesen. Und wie ging es dann weiter?«
»Er ließ sie laufen, nachdem sie fertig war, und sie versprach ihm, sofort nach London zu fahren und nach einem Verleger zu suchen.«
»Aber sie ist nie in London angekommen. Wie erklärst du das?«
»An der Stelle wird es tatsächlich knifflig. Trotzdem glaube ich noch immer, dass Austin genau ins Raster passt. Erst hielt ich ihn für einen hingebungsvollen Enkel, der sich vielleicht ganz selbstlos mit Peter über die Bücher seiner Großmutter gestritten hat. Aber jetzt wissen wir, dass er auch einer dieser verrückten Schriftsteller ist.«
Ihre Argumente schienen Craig nicht zu überzeugen. »Weißt du, wo er wohnt?«, fragte er.
»Ich hole das Telefonbuch.«
Sie legte den dicken Wälzer bei B geöffnet auf den Küchentisch.
»Brande, A.«, sagte Craig. »Da haben wir ihn schon. Wie weit ist das von hier entfernt?«
»Zehn Minuten zu Fuß. Höchstens eine Viertelstunde.«
»Jetzt am Sonntagmorgen wird er wohl im Bett liegen und die Zeitung lesen.«
»Nein, er überlegt sich, woher er Geld für die Fertigstellung seiner Bauprojekte bekommt. Und wenn nicht das, dann sieht er fern.«
Draußen hatte leichter Schneegriesel eingesetzt, was Kate nicht im Mindesten entmutigte. Sie und Craig zogen sich dicke Jacken, Schals und Mützen an. Wenige Minuten später fiel die Haustür hinter ihnen ins Schloss.
21
»Ich glaube, die Baustelle können wir uns sparen«, sagte Craig. »An einem Sonntagmorgen wird er sich wohl kaum dort aufhalten.«
»Aber wir wollen doch nach Spuren suchen, ob Estelle dort war.«
»Glaubst du ernsthaft, sie hat uns eine Nachricht hinterlassen. Etwas in der Art wie: Stelli war hier?«
»Hör auf, dich ständig lustig zu machen! Ich habe schon merkwürdigere Dinge erlebt.«
»Ist dir eigentlich nie kalt?« Craigs Kinn und Nase waren unter seinem Schal verschwunden.
»Du solltest dir überlegen, mit Jogging anzufangen. Ein bisschen Sport würde deinen Kreislauf in Schwung bringen.«
»Danke, lieber nicht.«
Schweigend gingen sie weiter zu der hinter einem Bretterzaun verborgenen Baustelle. Auf dem Baustellenschild klebte Schnee. Das Areal wirkte ausgestorbener denn je. Der Bauzaun war mit frischen Graffiti besprüht, doch auch diese ließen keine Rückschlüsse auf Estelle zu.
»Dann könnten wir doch jetzt zu Austin weitergehen«, schlug Craig vor, trampelte im Schnee herum und schlug die Arme übertrieben betont um sich, was Kate jedoch nicht im Mindesten beeindruckte.
Sie ging einmal um die Baustelle herum. An einer Stelle war der Bretterzaun durch Draht ersetzt worden und bot einen freien Ausblick auf das Gelände. Rechts befand sich ein dreigeschossiges Apartmenthaus, dessen Dach lediglich mit Plastikplanen abgedeckt war und an dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift Musterwohnung prangte. Die Fenster im Erdgeschoss verfügten sowohl über Vorhänge als auch über Rollläden, die jedoch alle geschlossen waren.
»Wenn Austin dieses Schild hier aufgehängt hat, müsste die Musterwohnung eigentlich fertig sein«, überlegte Craig laut. »Er würde wohl kaum Leute hineinlassen, wenn nicht zumindest der Teppichboden verlegt wäre und ein paar Möbel darin stünden.«
Kate nickte. »Strom und Wasser gibt es vermutlich auch schon.«
»Und eine Heizung sicher auch«, fügte Craig hinzu. »Er wird sich hüten, potenzielle Käufer mit einer kalten, feuchten Wohnung in die Flucht zu schlagen.«
»Auf den Betten liegen neue Bettdecken, und in den Bädern hängen schneeweiße Handtücher.«
»Seife hätte sie allerdings mitbringen müssen«, ergänzte Craig nachdenklich.
»Und Espresso auch. Siehst du irgendeine Möglichkeit, da hineinzukommen?«, fragte Kate.
»Nein. Und ich bin auch gar nicht so sicher, ob ich das wirklich will«,
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