Endstation Oxford
denen anzukommen, muss man schon etwas ganz Besonderes vorweisen können oder bereits berühmt sein.«
»Als er sich im Bistro über das Verhalten von Alpha beschwerte, haben ihm wohl ein paar Kumpel gesteckt, dass Estelle Livingstone eine ganz hervorragende Nase für Bestseller hat. Er hatte ihren Namen bereits gehört, und so schickte er sein Manuskript gleich weiter. Zunächst schien sie ihm Mut gemacht zu haben, aber dann ließ sie ihn ohne nähere Erklärung abblitzen. Ich zitiere noch einmal: ›Ich war echt stinksauer.‹«
»Wann war das ungefähr?«
»Er erwähnte, dass die Zeit kurz vor Weihnachten nicht gerade glücklich gewählt sei, um einen jungen, vielversprechenden Autor abzulehnen. Angeblich hat er Estelle noch ein paarmal anzurufen versucht, konnte sie aber nicht erreichen.«
»Im Büro oder zu Hause?«
»Er sagte, ihre Nummer stehe im Telefonbuch, daher nehme ich an, dass er zumindest einmal bei ihr zu Hause angerufen hat. Er wollte mit ihr über sein Werk sprechen und ein paar Tipps bekommen, wie man am besten verlegt wird. Aber sie hat ihm keine gegeben.«
»Arme Estelle. Ich wusste nicht, dass sie von derartigen Spinnern geradezu verfolgt wird.«
»Dann wird es dich freuen zu hören, dass Jackson den Traum von einem eigenen Château in Frankreich noch nicht aufgegeben hat. Deshalb will er es bei zehn weiteren Agenten probieren.«
»Du hast aber in der kurzen Zeit eine Menge Informationen aus ihm herausbekommen!«
»Das war nicht mein Verdienst. Der Mann hörte einfach nicht auf zu reden.«
»Glaubst du ernsthaft, er könnte etwas mit Estelles Verschwinden zu tun haben?«
»Ich habe zumindest den Eindruck. Da gibt es nämlich noch etwas.«
»Und zwar?«
»Ich kenne den richtigen Namen von Jackson Cutter. Ich weiß, wer er ist und warum er dir bekannt vorkam.«
»Und wer ist er? Wo habe ich ihn kennengelernt?«
»Immer mit der Ruhe, Kate. Erinnerst du dich an unseren Besuch bei Adela? Ich habe mir die Fotos auf dem Schreibtisch sehr genau angesehen und bin dabei mehrmals auf etwas jüngere Versionen von Jackson Cutter gestoßen. Ich bin mir sicher, dass er Adelas Enkel Austin Brande ist.«
»Aber natürlich! Nach Estelles Hochzeit kam er Adela abholen. Jetzt erinnere ich mich. Er trug damals einen Anzug und nicht Jeans wie gestern. Ich hätte mir die Fotos wirklich genauer ansehen sollen. Wieso habe ich das eigentlich nicht getan?«
»Immer langsam. Das alles kann auch reiner Zufall sein. Irgendwie scheint mir, dass alle Welt heutzutage schreibt, und alle, die sich hier in der Gegend für begnadete Autoren halten, treffen sich nun mal in Emmas Literaturcafé. Jeder von ihnen könnte sich mit Estelle in Verbindung gesetzt haben und vor ihrer Haustür aufgekreuzt sein. Alle stacheln einander auf, sie hätten ein Recht auf Veröffentlichung, und ein paar dieser Leute schlagen sicher manchmal ganz ordentlich über die Stränge.«
»Schriftsteller gibt es hier in Oxford offenbar mehr als anderswo. Emma erzählte mir, dass Zara alle Literaturkreise der Umgebung und die örtlichen Schreibseminare kontaktiert hat, um ihnen mitzuteilen, dass sie ein Bistro für Gleichgesinnte eröffnet. Später hat sie auch Workshops und Leseabende organisiert. Mittlerweile treffen sich einige Buchclubs regelmäßig bei ihr. Kein Wunder, dass die unveröffentlichten Autoren sich untereinander kennen.«
»Heutzutage nennt man so etwas Netzwerk.«
»Estelle würde sicher Verfolgungsjagd dazu sagen.«
»Wir dürfen jedenfalls nicht vergessen, dass Austin Brande nicht der einzige Verdächtige ist, wenn wir von einem enttäuschten Möchtegern-Schriftsteller ausgehen.«
»Auf wessen Seite stehst du eigentlich? Oder folgst du jetzt wieder Jons Anweisungen?« Craig blickte so geknickt drein, dass Kate sofort wieder weich wurde. »Nein, das tust du sicher nicht. Entschuldige bitte. Ich meine doch nur, dass es so viele Verbindungen zwischen Austin, Estelle und Peter gibt, dass es eigentlich kein Zufall sein kann. Wir sollten uns die Sache auf jeden Fall näher anschauen.«
»Und du glaubst nicht, dass du vielleicht vorschnell urteilst?«
»Wenn ich das täte, würde ich darauf beharren, dass er der Kidnapper ist. Allerdings sollten wir uns seine Adresse besorgen und ihm möglichst sofort einen Besuch abstatten.«
»Kidnapper hört sich so kriminell an! Wir wissen doch überhaupt nicht, ob Estelle abgesehen von einem Ehekrach überhaupt irgendetwas zugestoßen ist.«
»Jetzt klingst du wieder ganz wie
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