Endstation Wirklichkeit
verstand, was er meinte.
„Was hältst du davon, wenn wir zu mir gehen, uns eine Pizza bestellen und ein bisschen Musik hören?“, fragte David verliebt.
Mike lächelte, als hätte er nur auf diese Frage gewartet. „Das ist eine gute Idee!“, stimmte er zu und drückte sanft Davids Finger. Es war eine stumme Bestätigung, dass er glücklich war.
4
E s war einer der schönsten Augenblicke in seinem Leben gewesen. Erst heute wurde ihm bewusst, wie glücklich er an jenem Abend mit Mike gewesen war. Jetzt hingegen konnte er nur voller Verzweiflung über die verlorenen Dinge darauf warten, dass sein Leiden endlich ein Ende nahm. Sein Traum hatte sich damals in jenen Stunden wenigstens zu einem Teil erfüllt. Die aufkeimende Liebe hatte ihm nicht nur ein Gefühl des Glücks und der Freude beschert, sondern ihm die Kraft gegeben, Rückschläge und Enttäuschungen der davor liegenden Wochen zu überstehen. Sie hatte ihn sogar hoffen lassen, dass sich alles so entwickeln würde, wie er es sich immer gewünscht hatte. Ja, an diesem Abend hatte er sich in Mike verliebt. Rückblickend und mit der Kenntnis dessen, was in den Wochen darauf geschehen war, wurde ihm klar, dass bereits nach kurzer Zeit, nach den wenigen Stunden, die er Mike gekannt hatte, eine starke Zuneigung entstanden war. Mehr sogar als Zuneigung. Es war Liebe gewesen, die ihn glücklich und zufrieden gemacht hatte. Liebe auf den ersten Blick.
Damals war ihm das nicht klar gewesen.
Die angenehmen Erinnerungen an diesen Neubeginn ließen David das Hier und Jetzt verschwommen wahrnehmen. Es tat so unendlich gut, wenigstens für wenige Augenblicke nicht die Resignation und Enttäuschung zu empfinden, den Schmerz und die Wut auf sich selbst. Für eine kurze Zeit erwachte in seinen düsteren Gedanken eine Hoffnung. Es war der Wunsch, ein beinahe brennendes Verlangen, alles könnte wieder so werden wie in jenen Wochen, nachdem sie sich kennen- und lieben gelernt hatten.
Ließe sich die Uhr anhalten? Sich zurückdrehen bis zu dem Moment, in dem es ihm vorgekommen war, es gäbe auf dieser Welt nur Glück und ihre Liebe?
Doch auch diesmal hatte die Hoffnung in ihm keine Chance. Sie war nichts weiter als das Licht einer Sternschnuppe am nächtlichen Himmel, das so schnell wieder verblasste, wie es gekommen war.
Nein, die Vergangenheit ließ sich nicht wiederbeleben! Zu oft hatte er in den zurückliegenden Tagen nach Wegen gesucht, die ihn hätten retten können. Die ihn fortführten von dieser quälenden Verzweiflung, die ihn aus dem Gefängnis aus Kummer und Schmerz befreien würden. Doch wie jedes Mal blieb die Suche ergebnislos.
Nur ein Weg wurde immer deutlicher sichtbar. Er schien der einzige Ausweg aus diesem Leiden zu sein.
***
Erneut durchlief David dieser wohlige Schauer. Und wieder wurde die Sehnsucht in ihm zu einem brennenden Verlangen, steigerte sich der Wunsch, ganz nah bei Mike zu sein, zu einer wahren Gier. Schon dessen Anblick und die angenehme Stimme allein ließen ihn ein Kribbeln am ganzen Körper verspüren und sein Herz schneller schlagen. Jetzt, wo er in Mikes Armen nicht nur die Wärme dessen Haut fühlen konnte, sondern er auch spürte, wie dieser sich ebenfalls über die Nähe freute, intensivierten sich die Schauer zusätzlich durch ein Gefühl von Zufriedenheit und Befriedigung.
„Ist dir kalt?“, erkundigte sich Mike besorgt, als er Davids Gänsehaut bemerkte. „Wir sollten uns wieder anziehen.“
„Nein, mir ist nicht kalt!“
„Aber dir scheint kalt zu sein. Du zitterst! Ich will nicht, dass du dich erkältest.“
Doch David schüttelte den Kopf und schmiegte sich wieder an Mikes Brust. „Ich zittere nicht, weil mir kalt ist. Es tut nur einfach gut, so nah bei dir zu sein und deine Haut zu spüren. Ich vermisse das schon lange.“
Mike schwieg und strich mit seiner Hand sanft durch Davids Haar.
„Worüber denkst du nach?“, erkundigte sich David.
„Über das, was heute und besonders heute Abend geschehen ist!“, antwortete dieser und machte eine längere Pause.
David hob den Kopf, um Mike in die Augen sehen zu können. „Du meinst, mit uns?“
Mike nickte stumm.
„Stimmt etwas nicht? Bereust du, dass wir es getan haben, dass du hier bist?“ In Davids Stimme klang ein Stück Besorgnis mit. Sollte Mike vielleicht doch nicht diese Art von Empfindungen erleben, wie er sie spätestens seit dem Nachmittag in sich trug? Hatte er sich vielleicht doch grundlegend getäuscht?
Doch Mike schüttelte
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