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Endstation

Endstation

Titel: Endstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Er wählte die Nummer und meldete sich.
    »Ach, Sie sind’s«, sagte eine Frauenstimme. »Wir haben eine Frau hier, die eine Tasche mit Sachen für den Patienten Harold Benson bringt. Angeblich sind es persönliche Dinge. Können wir ihm die Tasche geben?«
    »Ich komme hinauf«, sagte er.
    »Vielen Dank, Herr Doktor.«
    Er holte sein Tablett und trug es zur Ablage. Da piepste sein »»Vögelchen« schon wieder. Er ging rasch zum Telefon.
    »Hier Doktor Morris.«
    »Doktor Morris bitte eins-drei-fünf-sieben.«
    Das war die Kreislaufstation. Er wählte. »Hier Doktor Morris.«
    »Doktor Hanley«, sagte eine ihm unbekannte Stimme. »Wir wollten Sie bitten, sich eine Patientin anzusehen, bei der wir eine steroide Psychose vermuten. Sie hat eine hämolytische Anämie und wird auf eine Milzextirpation vorbereitet.« »Heute geht es nicht und morgen wird es auch sehr knapp«, sagte Morris. Und das ist noch untertrieben, fügte er in Gedanken hinzu. »Haben Sie schon mit Peters gesprochen?«
    »Nein.«
    »Peters hat viel Erfahrung mit steroiden Fällen. Versuchen Sie’s da mal.«
    »Gut, vielen Dank.«
    Morris legte auf. Er ging zum Aufzug und fuhr hinauf in den siebenten Stock. Sein »Vögelchen« meldete sich zum dritten Mal. Er sah auf die Uhr. Halb sieben, er hätte längst dienstfrei. Trotzdem meldete er sich wieder. Es war Kelso, der Oberarzt aus der Kinderabteilung.
    »Wollen Sie von einem Könner mal schwer geschlagen werden?« fragte Kelso.
    »Okay, wann?«
    »Sagen wir in einer halben Stunde.«
    »Falls Sie die Bälle mithaben?«
    »Die liegen in meinem Wagen.«
    »Dann sehen wir uns auf dem Tennisplatz.« Morris fügte hinzu: »Kann allerdings ein bißchen später werden.«
    »Aber nicht zu spät«, sagte Kelso, »sonst wird es dunkel.« Morris versprach, sich zu beeilen, dann legte er auf.
    Im siebenten Stock war es ruhig. In den meisten anderen Stationen herrschte um diese Zeit Hochbetrieb. Verwandte und andere Besucher drängten sich in den Gängen, aber der siebente Stock blieb davon unberührt. Die Schwestern achteten streng darauf, daß die Ruhe hier durch nichts gestört wurde.
    Die diensthabende Schwester sagte: »Da ist sie, Doktor.« Sie deutete auf ein Mädchen, das auf einer Polsterbank saß. Morris ging zu ihr hinüber. Sie war jung, zwar ziemlich auffällig zurechtgemacht, doch recht hübsch; sie hatte wohlgeformte lange Beine.
    »Ich bin Doktor Morris.«
    »Angela Black.« Sie stand auf und gab ihm sehr förmlich die Hand. »Ich hab’ das für Harry mitgebracht.« Sie griff nach einer kleinen, blauen Reisetasche. »Er hat mich darum gebeten.«
    »Gut«, er nahm ihr die Tasche ab. »Ich sorge dafür, dass er sie bekommt.«
    Sie fragte zögernd: »Kann ich ihn nicht sprechen?«
    »Das halte ich nicht für richtig.«
    Benson war inzwischen wahrscheinlich rasiert. In diesem Zustand weigerten sich die Patienten meistens, Besuch zu empfangen.
    »Auch nicht für ein paar Minuten?«
    »Er hat ein starkes Schlafmittel bekommen.«
    Sie war sichtlich enttäuscht. »Könnten Sie ihm bitte etwas ausrichten?«
    »Natürlich.«
    »Sagen Sie ihm, ich bin wieder in meiner alten Wohnung. Er weiß schon Bescheid.«
    »Gut.«
    »Sie vergessen es bestimmt nicht?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    »Danke.« Sie lächelte. Es war trotz der langen, falschen Wimpern und des vielen Make-up ein sehr nettes Lächeln. Warum schmieren sich junge Mädchen nur so furchtbar an, dachte er.
    »Ich geh jetzt lieber.« Er sah ihr nach, wie sie mit sehr kurzem Rock und den langen Beinen entschlossenen Schrittes davonging. Dann griff er nach der Tasche, die ihm ziemlich schwer vorkam.
    Der Polizeibeamte vor Zimmer 710 fragte: »Na, wie geht’s?«
    »Gut«, antwortete Morris.
    Der Polizist warf einen Blick auf die Tasche, sagte aber nichts, als Morris damit das Zimmer betrat.
    Harry Benson sah sich im Fernsehen einen Western an. Morris drehte den Ton zurück. »Das hat Ihnen ein hübsches Mädchen hergebracht.«
    »Angela?« Benson lächelte. »Ja, sie sieht ganz nett aus. Der innere Mechanismus ist nicht sehr kompliziert, aber das Gehäuse ist hübsch.« Er streckte die Hand aus. Morris gab ihm die Tasche. »Hat sie alles mitgebracht?«
    Morris sah zu, wie Benson die Tasche aufmachte und den Inhalt auf dem Bett ausbreitete: ein Pyjama, elektrischer Rasierapparat, Rasierwasser, ein Taschenbuchroman.
    Dann zog Benson eine schwarze Perücke aus der Tasche. »Was ist das?« fragte Morris.
    Benson zuckte die Achseln. »Ich habe gewußt,

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