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Endstation

Endstation

Titel: Endstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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bestätigen: Die Operation hat an seiner geistigen Haltung zwischen den Anfällen nichts geändert.
    Gezeichnet: Roger A. McPherson, M.D.
    Er sah die Eintragung eine Weile an, dann klappte er die Krankenkarte zu und legte sie wieder auf das Regal. Er fand seine Formulierung gut, kühl und direkt, ohne falsche Erwartungen. Schließlich handelte es sich bei der Krankenkarte um ein juristisches Dokument, das eventuell bei Gericht vorgelegt werden würde. Zwar rechnete McPherson damit nicht, aber man konnte nicht vorsichtig genug sein. Er hielt es für seine Pflicht, stets einen guten Eindruck zu machen.
    Der Leiter eines großen wissenschaftlichen Labors übt eine politische Funktion aus. Manche verneinen das, andere mögen es sogar bestreiten, aber es stimmt dennoch, und so war es ein Teil seiner Aufgabe.
    Man mußte dafür sorgen, daß alle Mitarbeiter zufrieden waren. Je mehr Primadonnen es gab, um so schwieriger wurde das Problem - genau wie in der Politik. Das Labor mußte von außen finanziert werden, - auch das war eine politische Aufgabe. Besonders dann, wenn man auf einem so heiklen Feld tätig war wie die Neuropsychiatrische Forschungsabteilung. Für die Bewilligung von Geldern hatte McPherson seit langem ein eigenes Prinzip entwickelt. Es war ganz einfach: Bei einem Antrag auf Zuschüsse mußte man erklären, daß man nach dem Enzym Meerrettich-Peroxidase zur Heilung von Krebs suchte. Für dieses Projekt waren leicht sechzigtausend Dollar zu bekommen, für die Kontrolle über menschliche Gehirne keine sechzig Cents.
    Er betrachtete die Reihe von Karteikarten auf dem Regal. Unbekannte Namen, zwischen denen »BENSON H. F. 710« unterging. In einem Punkt hat Benson recht, dachte er. Er war wirklich eine wandelnde Zeitbombe. Gegen einen Menschen, an dem man eine Technik der Gedankenkontrolle angewandt hatte, mußten sich alle möglichen Vorurteile der Öffentlichkeit richten. Die »Herzkontrolle« mit Hilfe eines Schrittmachers betrachtete man als eine großartige Erfindung; die »Nierenkontrolle« durch Medikamente war ein Segen. Aber die »Gehirnkontrolle« war etwas Böses, eine Katastrophe - obgleich sich die Arbeit der NPFA durchaus mit der Behandlung anderer Organe vergleichen ließ. Selbst die Technik war ganz ähnlich: Beispielsweise war ja die Atombatterie zunächst für Herzkranke entwickelt worden.
    Aber das Vorurteil war nun einmal da. Benson kam sich zu Recht vor wie eine tickende Zeitbombe. McPherson seufzte, griff noch einmal nach seiner Karte und schlug die ärztlichen Verordnungen nach. Sowohl Ellis als auch Morris hatten Anweisungen für die postoperative Behandlung erteilt. McPherson fügte hinzu: Morgen vormittag nach der Schaltung Thorazin.
    Er betrachtete seine Notiz. Die Krankenschwestern konnten sich unter Schaltung sicher nichts vorstellen. Deshalb strich er seine Anweisung durch und schrieb: Ab morgen mittag mit Thorazin beginnen.
    Er verließ die Station und dachte noch: Ich würde ruhiger schlafen, wenn der Patient schon jetzt Thorazin bekäme. Vielleicht konnte man die Zeitbombe nicht entschärfen, aber es war zumindest möglich, sie in einen Eimer mit kaltem Wasser zu werfen.

7
    Spät am Abend betrachtete Gerhard in der Zentrale besorgt das Computerpult. Er tippte noch einige Anweisungen ein, dann ging er hinüber zu dem Resultatschreiber und sah die langen, grüngestreiften Bogen durch. Er suchte nach dem Irrtum, den die Programmierung enthalten mußte.
    Der Computer selbst konnte sich nicht irren. Gerhard arbeitete seit zehn Jahren mit Computern - an den verschiedensten Orten, mit den verschiedensten Modellen-, und er hatte niemals einen Fehler erlebt. Natürlich kam es immer wieder zu Irrtümern, aber die lagen immer im Programm, nie im Computer. Manchmal fiel es ihm schwer, sich mit dieser Unfehlbarkeit abzufinden. Sie paßte auch nicht so recht in die allgemeine Lebenserfahrung: Sonst kamen bei Maschinen dauernd irgendwelche Fehler vor - Sicherungen brannten durch, Stereolautsprecher versagten, Heizöfen überhitzten sich, das Auto sprang nicht an. Der moderne Mensch rechnet einfach damit, daß Maschinen eine bestimmte Quote an Fehlern begehen.
    Aber bei Computern war das anders. Die Arbeit mit ihnen konnte zuweilen demütigend sein. Sie hatten nie unrecht. So war das nun einmal. Und wenn es Wochen dauerte, einem Problem auf die Spur zu kommen, wenn ein Programm ein dutzendmal von verschiedenen Leuten überprüft wurde, wenn die ganze Mannschaft allmählich zu dem Schluß

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