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Endstation

Endstation

Titel: Endstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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»Versuchen Sie doch mal mit dem Computer die Kurve zu extrapolieren«, bat sie. »Sehen Sie nach, ob tatsächlich ein Lernzyklus vorliegt und wie schnell die Entwicklung voranschreitet.«
    Sie ging zur Tür. »Ich kümmere mich inzwischen um Benson.«
    Die Tür schlug zu. Gerhard beschäftigte sich wieder mit dem Computer.

Freitag, 12. März 1971
Zusammenbruch

1
    Im siebenten Stock, der Spezialchirurgie, war es still. Zwei Krankenschwestern hielten sich in der Station auf. Die eine war mit Eintragungen auf einer Krankenkarte beschäftigt, die andere aß Schokolade und las dabei eine Filmzeitschrift. Keine der beiden kümmerte sich um Janet Ross, als sie an das Regal mit den Krankenakten trat und Bensons Unterlagen aufklappte.
    Sie wollte sich nur vergewissern, ob Benson alle Medikamente bekommen hatte. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, daß dies nicht der Fall war.
    »Warum hat Benson sein Thorazin nicht bekommen?«
    fragte sie.
    Die beiden hoben erstaunt die Köpfe. »Benson?«
    »Der Patient in siebenzehn.« Sie sah auf die Uhr, es war schon nach Mitternacht. »Er sollte ab Mittag Thorazin bekommen. Seit zwölf Stunden.«
    »Tut mir leid - darf ich mal?« Eine der Schwestern griff nach der Karte. Janet reichte ihr die Unterlagen und sah ihr zu, wie sie die Seite mit den Verordnungen aufschlug. McPhersons Anweisung war von einer Krankenschwester rot markiert worden, daneben stand die geheimnisvolle Bemerkung »Rückruf«.
    Janet Ross sagte sich, daß Bensons psychotische Vorstellungen ohne starke Dosen Thorazin nicht eingedämmt wurden und gefährlich werden konnten.
    »Ach ja«, sagte die Schwester, »jetzt erinnere ich mich.
    Doktor Morris sagte uns, Anweisungen zur Medikation dürften nur von ihm und von Doktor Janet Ross gegeben werden. Da wir diesen Doktor McPhee nicht kennen haben wir darauf gewartet, daß er uns die Behandlung bestätigt. Ich …«
    »Doktor McPherson«, korrigierte Janet mit Nachdruck »das ist nämlich der Chef der Neuropsychiatrischen Abteilung.«
    Die Schwester betrachtete stirnrunzelnd die Unterschrift. »Woher sollen wir das wissen? Hier, den Namen kann man nicht lesen.« Sie gab die Karte zurück. »Wir haben daraus ›McPhee‹ gelesen, und der einzige McPhee in unserem Verzeichnis ist ein Gynäkologe. Das kam uns unlogisch vor. Aber es passiert ja manchmal, daß ein Arzt aus Versehen die falsche Karte erwischt.«
    »Schon gut«, sagte Janet und winkte ab. »Aber geben Sie ihm jetzt gleich sein Thorazin.«
    »Sofort, Frau Doktor«, sagte die Schwester. Mit einem bösen Blick ging sie zum Arzneischrank.
    Janet Ross ging den Flur entlang zum Zimmer 710.
    Der Polizist vor Bensons Zimmer hatte seinen Stuhl mit der Lehne gegen die Wand gekippt. Er las mit erstaunlichem Interesse in einem Liebesroman. Janet konnte sich denken, woher er das Groschenheft hatte. Ihm war langweilig geworden, und eine der Schwestern hatte es ihm geliehen. Er rauchte dazu eine Zigarette und schnippte die Asche achtlos in Richtung auf einen Aschenbecher, der auf dem Fußboden stand.
    Als sie den Flur entlangkam, hob er den Kopf. »Guten Abend, Frau Doktor.«
    »Guten Abend.« Sie mußte sich zusammennehmen, um ihm nicht ihre Meinung wegen seines Benehmens zu sagen Aber erstens waren die Polizisten ihr nicht unterstellt, und zweitens ärgerte sie sich ja über die Schwester. »Alles ruhig?« fragte sie.
    »Ziemlich still.«
    Aus dem Zimmer 710 hörte sie das Reden und Lachen eines Fernsehprogramms. Eine Stimme fragte: »Und was hast du dann gemacht?« Es wurde noch lauter gelacht. - Sie öffnete die Tür.
    Alle Lampen waren ausgeschaltet, und nur der Fernsehschirm verbreitete ein geisterhaftes Licht. Benson war offenbar eingeschlafen. Er kehrte der Tür den Rücken zu und hatte sich die Decke über die Schulter gezogen. Sie schaltete den Fernseher aus und ging hinüber zum Bett. Vorsichtig berührte sie ihn am Bein.
    »Harry«, sagte sie leise. »Harry.«
    Dann hielt sie inne.
    Das Bein unter der Decke fühlte sich weich und unförmig an. Sie drückte dagegen - es gab seltsam nach. Da schaltete sie die Lampe auf dem Nachttisch ein. Das Zimmer war in Licht getaucht. Mit einem Ruck zog sie die Decke zurück.
    Benson war fort. An seiner Stelle lagen drei Plastiksäcke unter der Decke, wie das Krankenhaus sie in den Papierkörben benutzte. Sie waren aufgeblasen und fest zugeknotet. Ein zusammengedrehtes Handtuch sollte Bensons Kopf vortäuschen, ein anderes seinen Arm.
    »Hören Sie«, rief sie dem Beamten

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