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Endstation

Endstation

Titel: Endstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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halblaut zu, »Sie sollten sich mal hereinbemühen.«
    Der Polizist schlurfte herein und griff nach der Pistole. Janet deutete zum Bett.
    »Verdammte Scheiße«, sagte der Mann. »Was ist passiert?«
    »Das sollte ich Sie fragen.«
    Er gab keine Antwort, sondern sah erst einmal im Bad nach. Es war leer. Dann warf er einen Blick in die Schränke. »Seine Kleider sind noch hier.«
    »Wann haben Sie zuletzt hereingesehen?«
    »Aber seine Schuhe sind weg«, sagte er vom Schrank her. »Seine Schuhe fehlen.« Er drehte sich um und sah die Ärztin verzweifelt an. »Wo ist er hin?«
    »Wann haben Sie zuletzt das Zimmer kontrolliert?« wiederholte Janet. Sie drückte auf den Summer für die Nachtschwester.
    »Vor ungefähr zwanzig Minuten.«
    Sie trat ans Fenster und sah hinaus. Das Fenster war offen, aber es ging von hier aus sieben Stockwerke tief auf den Parkplatz hinunter. »Wie lange waren Sie von der Tür weg?«
    »Ach, das waren doch nur ein paar Minuten.«
    »Wie lange wirklich?«
    »Die Zigaretten sind mir ausgegangen. Im Krankenhaus gibt’s keinen Automat. Ich mußte in das Cafe gegenüber gehen. Alles in allem war ich etwa drei Minuten weg. Das war um halb zwölf. Die Schwestern wollten aufpassen.« »Großartig«, sagte Janet bissig. Sie kontrollierte die Nachttischschublade und stellte fest, daß Bensons Rasierzeug, seine Brieftasche, seine Autoschlüssel noch da waren.
    Die Nachtschwester schob den Kopf zur Tür herein. »Was gibt’s denn schon wieder?«
    »Ich glaube, uns fehlt ein Patient«, sagte Janet. »Wie bitte?«
    Sie zeigte auf die Plastiksäcke. Die Krankenschwester reagierte langsam, dann wurde sie sehr blaß.
    »Rufen Sie Doktor Ellis«, sagte Janet Ross. »Außerdem Doktor McPherson und Doktor Morris. Sie werden alle drei zu Hause sein. Lassen Sie sich über die Zentrale verbinden. Sagen Sie, es ist ein Notruf - erklären Sie, daß Benson fort ist. Und dann die Krankenhauswache. Alles klar?«
    »Ja, Frau Doktor«, sagte die Schwester und lief weg.
    Janet Ross setzte sich auf die Kante von Bensons Bett und wandte sich dem Beamten zu.
    »Woher hat er die Tüten?« fragte der Polizist.
    Darüber hatte sie auch gerade nachgedacht. »Eine aus dem Papierkorb neben dem Bett«, antwortete sie, »eine aus dem Papierkorb neben der Tür, und die dritte aus dem Badezimmer. Dazu zwei Handtücher aus dem Bad.«
    »Sehr schlau«, sagte der Polizist und zeigte auf den Schrank. »Aber weit kann er nicht kommen. Er hat seine Sachen zurückgelassen.«
    »Aber die Schuhe mitgenommen.«
    »Ein Mann mit Verband im Bademantel kommt nicht weit, auch wenn er Schuhe anhat.« Er schüttelte den Kopf. »Ich muß jetzt Meldung machen.«
    »Hat Benson telefoniert?«
    »Heute abend?«
    »Nein, letzten Monat.«
    »Hören Sie, Madam, Ihre bissigen Bemerkungen können Sie sich sparen.«
    Er war noch sehr jung, höchstens Anfang zwanzig. Sie sah, daß er Angst hatte. Er drehte fast durch und wusste nicht, was ihm geschehen würde.
    »Entschuldigung«, murmelte sie. »Ich meine, heute abend.«
    »Gegen elf Uhr hat er einmal telefoniert.«
    »Haben Sie zugehört?«
    »Nein.« Er zuckte die Achseln. »Ich kam nicht auf den Gedanken. Sie verstehen doch?«
    »Also hat er um elf Uhr telefoniert und um halb zwölf ist er geflüchtet.« Sie trat auf den Flur hinaus und sah hinüber zum Stationszimmer der Schwestern. Dort machte ständig jemand Dienst, und wenn Benson zum Aufzug wollte, mußte er an den Schwestern vorbei. Das war unmöglich.
    Wo gab es sonst einen Fluchtweg? Sie sah hinüber zum anderen Ende des Flurs. Dort lag eine Treppe. Aber sieben Stockwerke? Dafür war Benson noch zu schwach. Und wenn er das Erdgeschoß erreichte, wäre er mit seinem Verband und dem Bademantel bestimmt am Empfang aufgehalten worden.
    Der Polizist trat auf den Flur heraus. »Das verstehe ich nicht«, sagte er. »Wie konnte er wegkommen?« »Er ist sehr klug«, antwortete Janet Ross. Diese Tatsache wurde von allen leicht übersehen. Für die Polizisten war Benson ein gewalttätiger Krimineller, einer jener Typen, wie sie ihnen zu Hunderten täglich begegneten. Für die Mitarbeiter des Krankenhauses war er ein Kranker, ein unglücklicher, gefährlicher Mensch am Rande des Wahnsinns. Alle übersahen nur zu leicht, daß Benson außerdem einen klugen Kopf hatte. Er hatte sich als Computerfachmann unter vielen intelligenten Fachleuten ausgezeichnet. Bei einem Aufnahmetest in die Neuropsychiatrische Abteilung war ein IQ von 144 festgestellt worden. Er war

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