Endstation
Vermittlung. »Hallo, hallo … «
Benson riß das Telefon aus der Steckdose und warf den Apparat quer durchs Zimmer. Er ergriff eine Stehlampe, packte sie am Stab und schwang den schweren Fuß in weitem Bogen durch die Luft. Sie duckte sich und spürte über sich den sausenden Luftzug. Ein solcher Schlag hätte sie getötet. Ihr wurde bewußt, daß sie in Lebensgefahr war.
Sie rannte in die Küche. Benson ließ die Lampe fallen und folgte ihr. Sie zerrte die Schubladen heraus und suchte nach einem Messer. Sie fand nur ein kleines Tranchiermesser. Wo zum Teufel waren die großen Küchenmesser?
Benson war schon in der Küche. Blindlings schleuderte sie ihm einen Topf entgegen. Er prallte gegen sein Knie. Er kam näher.
Noch funktionierte ihr Verstand und erklärte ihr, daß sie einen großen Fehler begehe, wenn sie sich nicht wehre, daß in der Küche eine Waffe vorhanden sein müsse, die sie einsetzen könne. Aber welche?
Bensons Hände krallten sich um ihren Hals. Der Griff war schrecklich. Sie packte seine Handgelenke und versuchte den Griff zu lockern. Sie stieß ihr Bein hoch, aber er wich ihr aus, drängte sie rückwärts gegen den Küchentisch und drückte sie nieder.
Sie konnte sich nicht mehr rühren, kaum noch atmen.
Schon tanzten blaue Punkte vor ihren Augen. Ihre brennenden Lungen gierten nach Luft.
Ihre Finger tasteten über den Arbeitstisch und suchten nach irgendeiner Waffe. Vergeblich. Die Küche …
Sie ruderte wie wild mit den Armen. Dann spürte sie den Handgriff ihres Geschirrspülers, den Griff des Backrohrs, die Knöpfe von Küchengeräten. Ein grünlicher Farbeindruck trat ihr vor die Augen. Die blauen Punkte sah sie jetzt größer. Sie schwammen träge auf und ab. Noch ein paar Sekunden, dann mußte sie in ihrer eigenen Küche sterben.
Küche … Die Gefahren in der Küche! Blitzartig kam ihr die Erkenntnis, kurz bevor sie das Bewußtsein verlor.
Mikrowellen.
Vor ihren Augen war inzwischen alles stumpfgrau geworden, aber ihr Tastsinn funktionierte noch. Ihre Finger berührten das Metall des Herdes, das Glasfenster der Backofentür, dann weiter oben die Knöpfe. Sie drehte daran.
Benson schrie furchtbar auf.
Der Druck um ihren Hals war verschwunden. Sie sank zu Boden. Benson stieß entsetzliche Schmerzensschreie aus. Nach einer Weile konnte sie ihre Umgebung wieder sehen. Er stand vorgebeugt da und hielt beide Hände an den Kopf gepreßt. Er brüllte ununterbrochen. Er schien gar nicht zu merken, daß sie keuchend vor ihm auf dem Boden lag. Er drehte und wand sich und schrie dabei wie ein weidwundes Tier. Dann stürzte er, immer noch brüllend, hinaus.
Eine wohltätige Ohnmacht nahm sie auf.
9
Zu beiden Seiten ihres Halses bildeten sich längliche, blau unterlaufene Striemen aus. Sie strich vorsichtig mit den Fingern darüber und betrachtete sich im Spiegel. »Wann ist er hier weggegangen?« fragte Anders. Er stand in der Tür zum Bad und beobachtete sie.
»Das weiß ich nicht. Etwa um die Zeit, als ich ohnmächtig wurde.«
Er sah über die Schulter ins Wohnzimmer. »Ein ziemliches Durcheinander.«
»Kann ich mir denken.«
»Warum hat er Sie überfallen?«
»Er hatte einen Anfall.«
»Aber Sie sind doch seine Ärztin.«
»Das spielt keine Rolle«, sagte sie. »Bei einem Anfall verliert er jede Selbstbeherrschung. Er würde dann sein eigenes Kind töten. So etwas ist schon vorgekommen.« Anders schien nicht ganz überzeugt zu sein. Sie konnte sich gut vorstellen, wie fremd ihm dieser Gedanke war. Wer noch keinen psychomotorischen Anfall miterlebt hat, kann die vernunftwidrige, brutale Gewalt nicht begreifen, die in einem Anfall freigesetzt wird. Sie liegt zu weit jenseits aller normalen Lebenserfahrung. Nichts läßt sich damit vergleichen.
»Hm«, machte Anders schließlich. »Aber er hat Sie ja nicht getötet.«
Nicht ganz, dachte sie und betastete ihre Schwielen. Sie würden innerhalb der nächsten Stunden noch schlimmer werden. Was sollte sie dagegen tun? Überpudern? Sie besaß weder Puder noch Schminke. Vielleicht einen Rollkragenpulli?
»Nein«, sagte sie, »er hat mich nicht getötet, aber er wollte es.«
»Was ist passiert?«
»Ich habe den Grill eingeschaltet.«
Anders war verwirrt. »Kann man damit Epilepsie heilen?«
»Kaum, aber Bensons elektronische Apparatur beeinflussen. Ich habe einen Mikrowellengrill. Die Mikrowellen bringen Reizgeber durcheinander. Das ist heutzutage bei den Herzschrittmachern auch ein großes Problem. Die Gefahren der Küche. In
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