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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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versunkenen Stadt, aber in diesen Zeitraum fielen drei kurze Schlafperioden, und die Reise selbst –
    Dunkelheit, Kälte, schmale Durchgänge im Eis – wäre nicht der Rede wert gewesen, wenn das Phantom nicht ein Mitglied unserer Gruppe geholt hätte.
    Wie bei allen richtigen Gewalttaten geschah es zu schnell, um etwas zu beobachten. Eben noch stapften wir dahin, Aenea, der Androide und ich im hinteren Teil der Reihe der Chitchatuk, und plötzlich erfolgte eine Explosion von Eis und Bewegungen – ich erstarrte, weil ich dachte, eine Tretmine wäre ausgelöst worden –, und die pelzbekleidete Gestalt zwei Umrisse vor Aenea verschwand ohne einen Aufschrei.
    Ich war immer noch erstarrt und hielt das nutzlose, noch gesicherte Plasmagewehr in der Hand, als der Chitchatuk vor uns aus Wut und Hilflosigkeit wie ein Wolf zu heulen anfing und einige Jäger in den neuen Korridor liefen, der sich aufgetan hatte, wo eine Sekunde vorher noch keiner gewesen war.
    Aenea leuchtete bereits mit der Handlampe den beinahe vertikalen Schacht hinunter, als ich mich mit erhobener Waffe neben sie drängte.
    Zwei der Chitchatuk hatten sich den Schacht hinabgeworfen, den Sturz mit den Stiefeln und kleinen Knochenmessern gebremst, die Eissplitter um sie herum niederregnen ließen, und ich wollte mich gerade hineinzwängen, als Cuchiat mich an der Schulter packte. »Ktchey!«, sagte er. »Ku tcheta chi!«
    Es war der vierte Tag, und ich wusste jetzt, dass er mir befahl, nicht zu gehen. Ich gehorchte, holte aber den Taschenlaser heraus, um den brüllenden Jägern, die bereits zwanzig Meter unter uns in einem horizontalen Tunnel verschwunden waren, den Weg zu leuchten. Zuerst hielt ich es für eine Folge des Laserstrahls, aber dann sah ich, dass der Tunnel selbst fast vollständig mit frischem rotem Blut bemalt war.
    Das Heulen der Chitchatuk hörte nicht auf, als die Jäger mit leeren Händen zurückkehrten. Ich begriff, dass sie keine Spur des Phantoms gefunden hatten und keine Spur von dem Opfer, abgesehen von Blut, Fetzen der Kleidung und dem kleinen Finger der rechten Hand. Cuchtu, den wir für den Medizinmann hielten, kniete nieder, küsste das abgetrennte Glied, schnitt sich mit einem Knochenmesser in den Unterarm, bis sein eigenes Blut auf den blutigen Finger tropfte, und verstaute den Finger dann behutsam, fast ehrfürchtig in seiner Ledertasche. Sofort hörte das Heulen auf. Chiaku – der große Mann mit dem blutigen Gewand, das nun zweifach blutbefleckt war, weil er einer der Jäger gewesen war, die sich in den Schacht geworfen hatten – drehte sich zu uns um und redete einen Moment ernst auf uns ein, während die anderen ihre Rucksäcke überstreiften und die Reise fortsetzten.
    Als wir dem Eistunnel weiter folgten, musste ich mich einfach umdrehen, um nachzusehen, wie das zerklüftete Eingangsloch des Phantoms in der Schwärze verschwand, die uns zu folgen schien. Da ich wusste, dass die Tiere an der Oberfläche lebten und überwiegend zum Jagen nach unten kamen, war ich nicht nervös gewesen. Aber nun kam mir selbst das Eis des Bodens trügerisch vor, die Eisfacetten und Klüfte der Wände und Decke als Deckung für weitere Phantome. Ich stellte fest, dass ich versuchte, sachte aufzutreten, als könnte das verhindern, dass ich nach unten stürzte, wo der Tod wartete. Es war nicht leicht, auf Sol Draconi Septem sachte aufzutreten.
    »M. Aenea«, sagte die vermummte Gestalt von A. Bettik, »ich konnte nicht verstehen, was M. Chiaku gesagt hat. Etwas von Zahlen?«
    Aeneas Gesicht war unter den Phantomzähnen ihres Gewands kaum zu erkennen. Ich hatte gewusst, dass diese Gewänder ausnahmslos von Phantomwelpen stammten – Jungtieren –, aber ein Blick auf die weißen Arme, so dick wie mein Oberkörper und mit schwarzen Krallen so lang wie meine Unterarme, hatte mir gezeigt, wie groß diese Wesen werden mussten. Manchmal, wurde mir klar, während ich mit entsichertem Plasmagewehr dahinschritt und mich bemühte, in der drückenden Schwere von Sol Draconi Septem leichtfüßig zu gehen, ist der kürzeste Weg zum Mut völlige Ungewissheit.
    »... daher glaube ich, dass er davon sprach, dass die Gruppenstärke jetzt nicht mehr auf einer Primzahl beruht«, sagte Aenea zu A. Bettik. »Bis sie...
    geholt wurde... waren wir sechsundzwanzig, und das war gut, aber jetzt müssen sie bald etwas unternehmen, oder... ich weiß nicht... noch mehr Pech.«
    Soweit ich es beurteilen konnte, lösten sie das Primzahlproblem dadurch, dass sie Chiaku

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