Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Tage bei Pater Glaucus in seinem eisumschlossenen Wolkenkratzer bleiben sollten, während die Chitchatuk weiterzogen, um wichtige Chitchatukdinge zu erledigen – Aenea und ich vermuteten, dass ihre größte Sorge war, das Problem mit der Primzahl zu lösen –, und dass die Gruppe dann wieder nach uns sehen würde. Aenea und mir war es gelungen, ihnen durch Zeichensprache klarzumachen, dass wir das Floß auseinander nehmen und flussabwärts zum nächsten Farcasterportal tragen wollten. Die Chitchatuk schienen zu verstehen – zumindest hatten sie genickt und das Wort ausgesprochen, das Zustimmung bedeutete – »chia« –, als wir pantomimisch das zweite Portal und das Floß, das es passierte, dargestellt hatten. Wenn ich ihre Zeichen und gesprochenen Antworten richtig interpretiert hatte, mussten wir, um zu dem zweiten Farcaster zu gelangen, mehrere Tage an der Oberfläche reisen und ein Gebiet durchqueren, wo es viele arktische Phantome gab. Ich war sicher, sie hatten gesagt, wir würden uns noch einmal darüber unterhalten, wenn sie dem dringenden Anspruch Genüge getan hatten, wieder loszuziehen und »das unauflösliche Gleichgewicht zu suchen« – was bedeutete, wie wir vermuteten, dass sie ein neues Mitglied der Gruppe suchen wollten – oder drei verlieren. Der letzte Gedanke machte uns stutzig.
Wie auch immer, wir sollten bei Pater Glaucus bleiben, bis Cuchiats Gruppe zurückkehrte. Der blinde Priester unterhielt sich mehrere Minuten angeregt mit den Jägern und blieb danach offenbar horchend am Eingang der Eishöhle stehen, bis das Leuchten ihrer Knochenschale längst nicht mehr zu sehen war.
Dann begrüßte uns Pater Glaucus erneut, indem er mit den Händen über unsere Gesichter, Schultern, Arme und Hände strich. Ich muss gestehen, dass ich eine derartige Begrüßung noch nie erlebt hatte. Als er Aeneas Gesicht zwischen die knochigen Hände nahm, sagte der alte Mann: »Ein Menschenkind. Ich hätte nie gedacht, dass ich noch einmal das Gesicht eines Kindes zu sehen bekommen würde.«
Ich verstand nicht. »Was ist mit den Chitchatuk?«, sagte ich. »Sie sind Menschen. Sie müssen Kinder haben.«
Pater Glaucus hatte uns vor der eigenartigen Begrüßung tiefer in den Wolkenkratzer hinein und in ein wärmeres Zimmer geführt. Dies war offensichtlich der Bereich, wo er wohnte – Laternen leuchteten, und in Kohlebecken glühte dieselbe Schlacke, die auch die Chitchatuk benutzten, nur waren es hier Hunderte; bequeme Möbelstücke waren aufgestellt, es gab einen uralten Musikplattenspieler, und die Wände waren mit Büchern vollgestellt – was ich im Haus eines Blinden ungewöhnlich fand.
»Die Chitchatuk haben Kinder«, sagte der alte Priester, »aber sie dulden nicht, dass die sich bei den Gruppen aufhalten, die so weit in den Norden ziehen.«
»Warum?«, fragte ich.
»Wegen der Phantome«, sagte Pater Glaucus. »Es gibt so viele Phantome nördlich der alten Terraformgrenze.«
»Ich dachte, die Chitchatuk wären auf die Phantome angewiesen, um ihren gesamten Bedarf zu decken«, sagte ich.
Der alte Mann nickte und strich über seinen Bart. Der Bart war dicht, weiß und so lang, dass er den Priesterkragen verdeckte. Seine Soutane war sorgfältig gestopft und geflickt, aber dennoch abgetragen und fadenscheinig. »Meine Freunde, die Chitchatuk, sind von den Jungtieren abhängig, um ihren Bedarf zu decken«, sagte er. »Der Stoffwechsel der ausgewachsenen Tiere macht ihre Felle und Knochen wertlos für die Zwecke der Gruppen...«
Das verstand ich nicht, ließ ihn aber fortfahren, ohne ihn zu unterbrechen.
»... die Phantome wiederum lieben nichts mehr als Chitchatukkinder«, sagte er. »Aus diesem Grund sind Cuchiat und die anderen so verwirrt über die Anwesenheit unserer jungen Freundin so weit nördlich.«
»Wo sind die Kinder?«, fragte Aenea.
»Viele hundert Kilometer südlich von hier«, sagte der Priester. »Bei den Gruppen, die die Kinder aufziehen. Dort ist es... tropisch. Das Eis ist nur dreißig oder vierzig Meter dick und die Atmosphäre fast atembar.«
»Warum jagen die Phantome die Kinder nicht dort?«, fragte ich.
»Es ist kein gutes Land für die Phantome... viel zu warm.«
»Warum gehen dann nicht alle Chitchatuk auf Nummer Sicher und ziehen nach Süden...«, begann ich und verstummte. Die hohe Schwerkraft und die Kälte schienen mich noch dümmer zu machen, als ich für gewöhnlich war.
»Genau«, sagte Pater Glaucus, der mein Schweigen als Einsicht interpretierte. »Die
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