Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Ananda«, sagte Kardinal Mustafa und verbeugte sich ein wenig. »M. Subhadda.« Er betrachtete uns. »Sie werden mir meine Direktheit und Unwissenheit verzeihen, M. Ananda, aber Sie scheinen von anderer genetischer Herkunft zu sein als die meisten Menschen, die wir in Potala und den umliegenden Gebieten von T’ien Shan gesehen haben.«
Aenea nickte. »Man muss vorsichtig mit Verallgemeinerungen sein, Euer Eminenz. Auf dieser Welt gibt es Gebiete, die von Saatschiffkolonisten der unterschiedlichsten Regionen der Alten Erde besiedelt wurden.«
»Gewiss«, schnurrte Kardinal Mustafa. »Und ich muss sagen, dass Ihr Netzenglisch sehr akzentfrei ist. Dürfte ich erfahren, welche Region von T’ien Shan Sie und Ihr Assistent als Ihre Heimat betrachten?«
»Natürlich«, entgegnete Aenea mit derselben aalglatten Stimme wie der Kardinal. »Ich kam in einer Region von Berggipfeln jenseits von Mt. Moriah und Mt. Zion zu dieser Welt, nordwestlich von Muztagh Alta.«
Der Kardinal nickte verständnisvoll. Da fiel mir auf, dass sein Kragen – Aenea sagte mir später, dass man ihn im Sprachgebrauch der Kirche Rabat oder Rabbi nennt – aus einem scharlachrot gefärbten Seidenstoff bestand, dieselbe Farbe wie seine rote Soutane und das Käppi.
»Gehören Sie zufällig«, fuhr er gewandt fort, »dem hebräischen oder muslimischen Glauben an, die, wie unsere Gastgeber uns versichert haben, in jenen Regionen vorherrschend sind?«
»Ich gehöre gar keinem Glauben an«, sagte Aenea. »Wenn man Glauben als Glauben an die Existenz des Übernatürlichen betrachtet.«
Der Kardinal zog leicht die Brauen hoch. Der Mann namens Pater Farrell sah seinen Boss an. Rhadamanth Nemes’ schrecklicher Blick zuckte nicht einmal.
»Und doch arbeiten Sie, um dem buddhistischen Glauben einen Tempel zu errichten«, sagte Kardinal Mustafa durchaus liebenswürdig.
»Ich wurde angestellt, um eine wunderschöne Anlage zu renovieren«, sagte Aenea. »Ich bin stolz, dass man mich für diese Aufgabe ausgewählt hat.«
»Obwohl Sie keinen... äh... Glauben an das Übernatürliche haben?«, fragte Mustafa. Ich konnte die Stimme der Inquisition hören. Selbst in den entlegenen Mooren von Hyperion hatten wir vom Heiligen Offizium gehört.
»Vielleicht deswegen, Euer Eminenz«, sagte Aenea. »Und weil ich Vertrauen in meine eigenen menschlichen Fähigkeiten und die meiner Mitarbeiter setze.«
»Demnach ist die Aufgabe selbst ihre eigene Rechtfertigung?«, beharrte der Kardinal. »Auch wenn sie keine tiefer gehende Bedeutung hat?«
»Vielleicht ist eine gut ausgeführte Aufgabe die tiefer gehende Bedeutung«, sagte Aenea.
Kardinal Mustafa kicherte. Es war kein rundweg angenehmes Geräusch.
»Gut gesagt, junge Dame. Gut gesagt.«
Pater Farrell räusperte sich. »Die Region jenseits des Mt. Zion«, sagte er nachdenklich. »Uns ist im Rahmen unserer Orbitalaufklärung aufgefallen, dass auf einem Grat in jener Gegend ein einziges Farcasterportal steht. Wir hatten geglaubt, dass T’ien Shan niemals Teil des Netzes gewesen ist, aber aus unseren Aufzeichnungen geht hervor, dass das Portal sehr kurz vor dem Fall fertig gestellt wurde.«
»Aber es wurde niemals benutzt!«, rief der junge Dalai Lama aus.
»Niemand ist jemals mittels eines Farcasters der Hegemonie von oder nach T’ien Shan gereist.«
»Wahrhaftig«, sagte Kardinal Mustafa leise. »Nun, das hatten wir auch gedacht, aber ich muss mich bei Euch entschuldigen, Euer Heiligkeit. In seinem Eifer, die Struktur des alten Farcasterportals aus dem Orbit zu untersuchen, hat das Schiff versehentlich das umliegende Felsgestein geschmolzen. Ich fürchte, das Portal liegt für alle Zeiten unter Felsgestein eingeschlossen.«
Ich sah Rhadamanth Nemes an, als das gesagt wurde. Sie blinzelte nicht.
Ich sah sie nicht blinzeln. Ihr Blick blieb auf Aenea gerichtet.
Der Dalai Lama machte eine wegwerfende Geste mit der Hand. »Das spielt keine Rolle, Euer Eminenz. Wir haben keine Verwendung für ein Farcasterportal, das nie benutzt wurde... es sei denn, Ihrem Pax ist es gelungen, die Farcaster wieder zu aktivieren?« Er lachte bei dem Gedanken. Es war ein angenehm jungenhaftes Lachen, aber hochintelligent.
»Nein, Euer Heiligkeit«, sagte Kardinal Mustafa lächelnd. »Nicht einmal die Kirche hat eine Möglichkeit gefunden, das Netz wieder zu aktivieren.
Und es ist mit ziemlicher Sicherheit besser, wenn es uns nie gelingt.«
Meine Anspannung wurde rasch zu einer Art Übelkeit. Dieser hässliche kleine Mann im
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