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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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und ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, dass ich Aeneas wissenden Blick sehen konnte –, weitere mit Wesen, die Pater de Soya als Mänaden bezeichnete, einige ländliche Idyllen, Rebhühner in einer Reihe, ein Rad schlagender Pfau mit Federn aus Lapislazulisplittern, in denen sich immer noch hellblau das Licht spiegelte.
    Als ich durch die uralten, fleckigen Plastikplanen und Plastiglasscheiben auf diese Dinge schaute, hatte ich den Eindruck, als würden wir durch ein terrestrisches Aquarium des Todes schreiten. Schließlich gelangten wir zu einer roten Wand im rechten Winkel zu einer tieferen Wand in verblasstem Blau, auf der noch Reste lateinischer Aufschriften zu erkennen waren. Hier war die Plastikplane neuer, frischer, das kleine Behältnis mit Gebeinen dahinter deutlicher zu sehen. Der Schädel war auf einem Häufchen Knochen platziert worden und schien uns mit einigem Interesse zu betrachten.
    Pater de Soya ging im Staub auf die Knie, bekreuzigte sich und neigte den Kopf zum Gebet. Aenea und ich traten zurück und betrachteten ihn mit der stummen Verlegenheit von Ungläubigen in der Gegenwart wahren Glaubens. Als der Priester sich erhob, waren seine Augen feucht. »Der Kirchengeschichte und Pater Baggio zufolge legten die Arbeiter diese armen Gebeine A. D. 1949 frei. Spätere Analysen ergaben, dass sie einem robusten Mann um die sechzig gehörten. Wir befinden uns direkt unter dem Hochaltar des Petersdoms, der aufgrund der Legende hier erbaut wurde, dass der Heilige Petrus heimlich genau an dieser Stelle begraben worden war. 1968 verkündete Papst Paul VI., der Vatikan sei überzeugt, dass es sich hierbei tatsächlich um die Gebeine des Fischers handelte, desselben Petrus, der sich in Gesellschaft Jesu aufgehalten hatte und der Fels war, auf dem Christus seine Kirche gebaut hat.«
    Wir betrachteten den Haufen Knochen und dann den Priester.
    »Federico, Sie wissen, dass ich nicht versuche, die Kirche zu stürzen«, sagte Aenea. »Nur ihre derzeitige Verirrung.«
    »Ja«, sagte Pater de Soya, rieb sich die Augen und hinterließ lehmige Spuren. »Das weiß ich, Aenea.« Er sah sich um, ging zu einer Tür. Machte sie auf. Eine Metalltreppe führte nach oben.
    »Da werden Wachen stehen«, flüsterte ich.
    »Ich glaube nicht«, sagte Aenea. »Der Vatikan fürchtet seit achthundert Jahren einen Angriff aus dem All... von oben. Ich glaube nicht, dass sie einen Gedanken an ihre Katakomben verschwenden.« Sie trat vor den Priester und ging rasch, aber leise die Metallstufen hinauf. Ich beeilte mich, ihr zu folgen. Ich sah, wie Pater de Soya in die halbdunkle Grotte zurückschaute, sich noch einmal bekreuzigte und uns in den Petersdom folgte.
    Nach den Katakomben war das Licht in der Basilika, obschon vom Abend und den Buntglasfenstern gedämpft, fast blendend.
    Wir waren durch den unterirdischen Schrein hinaufgestiegen, durch eine Gedächtnisbasilika, deren steinerne Inschrift sie als Gedenkzeichen des Gaius auswies, durch Seitenkorridore und Bediensteteneingänge, durch das Vorzimmer der Sakristei, an stehenden Priestern und knienden Messknaben vorbei und hinaus in die hallende Weite im hinteren Teil des Kirchenschiffs der Basilika. Hier standen Dutzende Würdenträger, die nicht bedeutend genug für einen Platz auf den Bänken waren, aber immerhin wichtig genug, dass man ihnen einen Stehplatz in der Basilika zugestand, damit sie an diesem wichtigen Gottesdienst teilnehmen konnten. Ich sah auf einen Blick, dass Schweizergardisten und Wachpersonal an allen Türen der Basilika und in sämtlichen Nebenzimmern mit Ausgängen standen. Hier, im hinteren Teil der Versammlung, fielen wir im Augenblick nicht auf, nur ein weiterer Priester und zwei unangemessen gekleidete Gläubige, denen man gestattete, sich die Hälse zu verrenken, damit sie den Heiligen Vater am Gründonnerstag sehen konnten.
    Die Messe war noch im Gange. Es roch nach Weihrauch und Kerzenwachs. Hunderte bunt gekleidete Bischöfe und Eminenzen säumten die Bankreihen. Am Marmorgeländer des Altars kniete der Heilige Vater persönlich vor dem prunkvollen Papststuhl des Petersdoms, um den zwölf sitzenden Priestern – acht Männern und vier Frauen – die Füße zu waschen.
    Ein unsichtbarer, aber großer Chor sang:

    »O Heiliger Geist, durch Dich allein
    Erfahren wir den Vater und den Sohn;
    Dies sei unser fester und unwandelbarer Glaube.
    Dass du aus ihnen beiden entspringst,
    Dass du aus ihnen beiden entspringst.
    Gelobt sei der Herr, Vater und

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