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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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mit einer Stimme, die nun in normaler Lautstärke erklang, »quollen die Friedhöfe von Rom über. Überall in den Vororten und großen Parks der Stadt wurden Massengräber ausgehoben. Durch die globale Erwärmung und konstante Überschwemmungen ergab sich ein ziemliches Gesundheitsproblem. Die vielen biologischen und chemischen Waffen, ihr wisst schon.
    Die U-Bahnen verkehrten sowieso nicht mehr, daher erteilten die Machthaber die Genehmigung, dass die sterblichen Überreste exhumiert und in das alte U-Bahn-System überführt wurden.«

Als das Streichholz diesmal erlosch, befanden wir uns in einem Abschnitt, wo die Knochen fünf Lagen hoch aufgeschichtet waren. Jede Schicht wurde durch eine Reihe Schädel begrenzt, auf deren weißen Stirnen sich das Licht spiegelte, deren leere Augenhöhlen aber keine Notiz von uns nahmen. Die ordentlichen Knochenmauern hatten auf beiden Seiten eine Tiefe von mindestens sechs Metern und reichten bis zur Gewölbedecke zehn Meter über uns. An wenigen Stellen war es zu kleinen Erdrutschen von Gebeinen und Schädeln gekommen, über die wir vorsichtig hinwegsteigen mussten. Dennoch knirschte es unter unseren Füßen.
    Während der Phasen der Dunkelheit zwischen den Streichhölzern bewegten wir uns nicht, sondern warteten stumm. Kein anderes Geräusch war zu hören... weder das Huschen von Ratten noch das Tröpfeln von Wasser. Nur unser Atmen und unsere leisen Worte störten die Stille hier.
    »Seltsamerweise«, sagte Pater de Soya, als wir weitere zweihundert Meter zurückgelegt hatten, »brachten nicht die uralten Katakomben von Rom, die hier überall um uns herum liegen, sie auf die Idee, sondern die so genannten Katakomben von Paris... alte Tunnel von Steinbrüchen tief unter jener Stadt. Vom späten achtzehnten bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts mussten die Pariser Gebeine von ihren überquellenden Friedhöfen in diese Tunnel schaffen, sie stellten fest, dass man mühelos sechs Millionen Tote in Gängen von nur wenigen Kilometern unterbringen konnte. Ahh... da sind wir...«
    Links von uns führte ein Pfad mit wenigen Fußspuren im Staub durch einen noch schmaleren Gang aus Knochen zu einer Stahltür, die unverschlossen war. Wir mussten uns alle drei mit vereinten Kräften anstrengen, um die Tür aufzustemmen. Der Priester ging eine weitere rostige Wendeltreppe hinab in eine Tiefe, die meiner Schätzung nach mindestens fünfunddreißig Meter unter der Straße liegen musste. Das Streichholz erlosch, als wir gerade einen weiteren Tunnel betraten – viel älter als das Gewölbe der U-Bahn, Mauern und Decke unfertig und verfallen. Ich hatte kurz andere Gänge seitlich wegführen sehen, und wahllos überall in diesen Tunneln verstreute Knochen, Schädel, die verkehrt herum lagen, Fetzen verrotteter Gewänder.
    »Pater Baggio zufolge«, flüsterte der Priester, »fangen hier die wahren Katakomben an. Die christlichen Katakomben, die bis ins erste Jahrhundert nach Christi Geburt reichen.« Ein neues Streichholz flackerte auf. Das Rascheln in dem Päckchen hörte sich nach sehr wenigen Streichhölzern an.
    »Hier entlang, glaube ich«, sagte Pater de Soya und führte uns nach rechts.
    »Sind wir jetzt unter dem Vatikan?«, flüsterte Aenea ein paar Minuten später. Ich konnte ihre Ungeduld spüren. Das Streichholz flackerte und erlosch.
    »Bald, bald«, sagte de Soya in der Dunkelheit. Er zündete ein weiteres an. Ich hörte kein Rascheln in dem Päckchen.
    Nach weiteren rund hundertfünfzig Metern hörte der Korridor einfach auf. Hier gab es keine Knochen, keine Schädel, nur raue Steinwände und eine Andeutung von Backsteinen, wo der Tunnel aufhörte. Das Streichholz erlosch. Aenea berührte meine Hand, während wir in der Dunkelheit warteten.
    »Es tut mir Leid«, sagte der Priester. »Ich habe keine Streichhölzer mehr.«
    Ich kämpfte gegen die Panik an, die in meiner Brust hochstieg. Ich war sicher, dass ich jetzt Geräusche hörte... bestenfalls Rattenfüße, die in der Ferne über den Boden trippelten, schlimmstenfalls Stiefel auf Treppen.
    »Kehren wir um?«, fragte ich, und mein Flüstern hörte sich in der totalen Dunkelheit viel zu laut an.
    »Ich bin sicher, Pater Baggio hat gesagt, dass diese Katakomben im Norden einst mit den älteren unter dem Vatikan verbunden waren«, flüsterte Pater de Soya. »Unter dem Petersdom, um genau zu sein.«
    »Nun, es sieht nicht so aus...«, begann ich und verstummte. In den wenigen Sekunden, bevor das Streichholz erloschen war, war

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