Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
vorbei und stoßen sich in das Fugendeck hinein ab. Eine massive Gestalt in Kampfpanzer hält das Kind fest. Gregorius sieht das braunblonde Haar, die dunklen Augen und die winzigen Fäuste, die vergeblich auf Rettigs Brustpanzer einschlagen.
»Das ist sie«, sagt er. Er programmiert den Richtstrahl auf das Schiff.
»Schiff geräumt. Wir haben das Mädchen. Diesmal waren es nur zwei Helfer und die Kreatur.«
»Verstanden«, antwortet de Soyas Stimme. »Zwei Minuten fünfzehn Sekunden. Eindrucksvoll. Kommen Sie heraus.«
Gregorius nickt, betrachtet das gefangene Kind ein letztes Mal – es leistet keine Gegenwehr mehr – und drückt auf die Anzugkontrollen.
Er blinzelt und sieht die beiden anderen, deren Anzüge wie durch eine Nabelschnur mit dem taktischen VR verbunden sind, neben sich liegen. De Soya hat tatsächlich das interne Feld der Raphael abgestellt, um die Illusion perfekt zu machen. Gregorius nimmt den Helm ab, sieht die verschwitzten Gesichter der anderen, die seinem Beispiel folgen, und hilft Kee dabei, den klobigen Panzer auszuziehen.
Die drei treffen sich im Garderobenraum mit de Soya. Sie könnten sich ebenso leicht in der Stimsim oder im taktischen Raum treffen, aber für ihre Besprechungen ziehen sie die stoffliche Realität vor.
»Das ging glatt«, sagt de Soya, als sie an dem kleinen Tisch Platz genommen haben.
»Zu glatt«, sagt der Sergeant. »Ich glaube nicht, dass Todesstrahlen dieses Shrike-Ding töten können. Und das mit dem Burschen auf dem Navigationsdeck habe ich versaut... Er hatte nur ein Buch in der Hand.«
De Soya nickt. »Aber Sie haben trotzdem richtig gehandelt. Es war besser, ihn auszuschalten, als ein Risiko einzugehen.«
»Zwei unbewaffnete Männer?«, sagt Corporal Kee. »Das bezweifle ich.
Das ist etwa so unrealistisch wie die zwölf schwer bewaffneten Männer beim dritten Testlauf. Wir sollten mehr Begegnungen mit den Ousters durchspielen... Mindestens auf der Gefahrenstufe von Marines.«
»Ich weiß nicht«, murmelt Rettig. Sie sehen ihn an und warten.
»Wir bekommen das Mädchen immer, ohne dass ihr ein Leid geschieht«, sagt er schließlich.
»Die fünfte Sim...«, beginnt Kee.
»Ja, ja«, sagt Rettig. »Ich weiß, dass wir sie da aus Versehen getötet haben. Aber da war das ganze Schiff zur Sprengung verkabelt. Ich bezweifle, dass das passieren wird... Wer hat je gehört, dass ein Hundert-Millionen-Mark-Raumschiff über einen Selbstzerstörungsknopf verfügt?
Das ist albern.«
Die drei anderen sehen sich an und zucken mit den Schultern.
»Es ist eine alberne Vorstellung«, sagt Pater Captain de Soya, »aber ich habe die taktischen Übungen auf ein breites Spektrum von Parametern pro...«
»Ja«, unterbricht Lancer Rettig, dessen schmales Gesicht scharf und bedrohlich wirkt, »ich meine nur, wenn es zu einem Feuergefecht kommt, sind die Chancen, dass das Mädchen getötet wird, weitaus größer, als unsere Sims andeuten. Das ist alles.«
Das ist die längste Rede, die die anderen drei in den Wochen, die sie auf dem winzigen Schiff zusammen leben und trainieren, von Rettig gehört haben.
»Sie haben Recht«, sagt de Soya. »Bei unserem nächsten Sim erhöhe ich die Gefahrenstufe für das Kind.«
Gregorius schüttelt den Kopf. »Captain, Sir, ich schlage vor, wir lassen das mit den Sims und kehren zum körperlichen Training zurück. Ich meine...« Er schaut auf seine Armbanduhr. Die Erinnerung an den klobigen Kampfanzug verlangsamt seine Bewegungen. »Ich meine, uns bleiben nur noch acht Stunden, bis es richtig losgeht.«
»Ja«, sagt Corporal Kee. »Dem stimme ich zu. Ich wäre lieber draußen und würde den Ernstfall proben, auch wenn wir auf diese Weise das andere Schiff nicht simulieren können.«
Rettig grunzt zustimmend.
»Einverstanden«, sagt de Soya. »Aber zuerst essen wir – doppelte Rationen... Es waren nur taktische Gefechtsübungen, aber Sie drei haben in der letzten Woche zwanzig Pfund abgenommen.«
Sergeant Gregorius beugt sich über den Tisch. »Könnten wir den Verlauf sehen, Sir?«
De Soya programmiert den Monitor. Die lange, elliptische Flugbahn der Raphael und der Eintrittspunkt des flüchtigen Schiffes schneiden sich fast.
Der Schnittpunkt blinkt rot.
»Noch eine Probe im Raum«, sagt de Soya, »und dann möchte ich, dass wir alle mindestens zwei Stunden schlafen, unsere Ausrüstung überprüfen und uns entspannen.« Er schaut selbst auf die Uhr, obwohl der Monitor Schiffszeit und Zeitpunkt des Zusammentreffens anzeigt.
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