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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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zu erkennen, sie glichen zwei kleinen dunklen Höhlen. Als er weitererzählte, klang seine Stimme älter, weiter weg.
    »Eine Zeit lang lauschten wir auf unseren Versammlungen gemeinsam der Schrift des Endymion Spring«, erinnerte er sich. »Doch der Ton zwischen uns änderte sich bald. Das Buch warnte uns immer öfter vor einem Schatten — vor einer Macht, die nicht nur das Buch zu verschlingen drohe, sondern die ganze Welt.«
    Duck verdrehte die Augen, doch Blake war tief in der Geschichte versunken. Sie glich inzwischen einer Geistergeschichte und wurde mit jeder Minute unheimlicher. Er hing an den Lippen des Professors.
    »Unser Freund, der auf das Buch gestoßen war, hatte eine eigenartige Stimme - unstet und schwankend wie eine Kerzenflamme, und wenn er sprach, war es, als wisse er um das Dunkle, das seine Worte ans Licht brachten. Er fing nun selbst an, uns vor der Person im Schatten zu warnen.«
    »Eine Person im Schatten?«, fragte Blake mit zitternder Stimme.
    Jolyon nickte. »Damals erkannten wir nicht«, sagte er düster, »dass dieser Schatten einer von uns war. Ein Verräter war unter uns, eine Person, deren Herz schon verdorben war.«
    Er hielt inne, gequält von der Erinnerung an das Vergangene.
    Blake fröstelte. War es etwa dieselbe Person, die ihm gestern Abend in die Bibliothek gefolgt war?
    »Eine Zeit lang verband uns das Buch«, nahm der Professor seine Erzählung wieder auf. »Doch eines Tages riss es uns auseinander. Es verschwand samt seinem Besitzer, und wir hörten nichts mehr vom Buch des Endymion Spring.« Seine Worte verklangen, wurden leise und undeutlich, vergingen wie der Rauch einer gelöschten Kerze.
    »Aber wie endet die Geschichte?«, fragte Blake gespannt. Er sah sich verstohlen im Raum um, der plötzlich voller lauschender Schatten war. »Wie geht es weiter?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete der Professor mit dumpfer Stimme. »Der Rest bleibt abzuwarten. Es scheint, dass sich die Geschichte noch weiterschreibt.«
    Ratlos schüttelte Blake den Kopf. »Ich versteh das nicht. Was will das Buch mit den leeren Seiten von mir? Ich bin nur ein Junge. Was soll ich damit - vorausgesetzt, dass ich es überhaupt wiederfinde? Können Sie mir nicht helfen, Professor Jolyon? Können Sie mir nicht sagen, was ich tun soll?«
    Der Professor sah ihn eine Weile nachdenklich an, dann sagte er:
    >Endymion Spring glaubt an dich, Blake. Du wirst wissen, was du tun musst.«
    Wieder spürte Blake dieses Kribbeln, diesen Sturm von Begeisterung und Erregung - genau wie gestern Nachmittag, als er das Buch in der Bibliothek zum ersten Mal angefasst hatte, und wie heute Morgen, als er den Papierdrachen in der Hand hielt. Doch schon kamen ihm neue Bedenken: Er war nichts Besonderes. Duck war es, die immer als ungewöhnlich klug galt.
    »Was ich nicht verstehe, ist, warum das Buch so gefährlich sein soll«, fragte sie in diesem Augenblick wie gerufen. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    Der Professor sah sie aus weisen Eulenaugen an.
    »Endymion Spring ist ein erstaunliches Werk«, sagte er vorsichtig. »Es steckt voller Einsichten und Prophezeiungen, die unser gesamtes Wissen über die Welt - oder das, was wir zu wissen glauben -auf den Kopf stellen könnten. Es sagt nicht nur die Zukunft voraus, es erzählt auch die Vergangenheit nach. Es behauptet sogar, Wegweiser zu sein zu einem allumfassenden sagenumwobenen Buch des Wissens: zu dem so genannten Letzten Buch.«
    »Dem Letzten Buch?«, wiederholte Blake zweifelnd.
    Der Professor nickte.
    »Hör nicht auf ihn«, meinte Duck. »Er will uns nur auf den Arm nehmen. Ich hab noch nie von einem Letzten Buch gehört.«
    Jolyon sah sie unbeirrt an. »Das Letzte Buch ist unter mehreren Namen bekannt, Duck: Das Sandbuch, Der Spiegel der Unendlichkeit, Der Ewigkeits-Kodex. Vielleicht hast du davon schon mal gehört?«
    Noch immer nicht überzeugt schüttelte Duck den Kopf.
    »Es ist ein Buch, das sich seit Jahrhunderten jedem Zugriff entzogen und jeder Erklärung widersetzt hat. Ein Buch, das älter ist als alle anderen und das doch alle überdauert. Ein Buch, das ganze Bibliotheken enthält. Ein Buch, das sogar die Macht hat, Wörter lebendig werden zu lassen.« Der Professor war sichtlich bei seinem Lieblingsthema angelangt, denn seine haselnussbraunen Augen leuchteten vor kaum verhüllter Begeisterung. »In der Literatur finden sich überall Verweise auf dieses sagenhafte Buch und versteckte Andeutungen, wo es sich befinden könnte.«
    Blakes Herz pochte wild.

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