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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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nichts dagegen, wie?«, sagte er. Ich konnte ihn gerade noch daran hindern, dass er die Börse in die Wellen warf.
    An der Kaimauer stand ein altehrwürdiger Herr, um den Ankömmling zu begrüßen. Er verbeugte sich so tief, dass ich schon fürchtete, er wolle den Boden unter den Füßen des Fremden küssen. Gemeinsam schritten sie die Straße entlang zu einem der nobelsten Frankfurter Anwesen, dem Saalhof, in dem die höchsten Würdenträger untergebracht wurden - anders als das gewöhnliche Gasthaus, in dem Peter und ich übernachteten.
    Als wir genug gesehen hatten, drängten wir uns durch die Menge der Schaulustigen zurück in die Innenstadt und ließen uns durch das Gewirr der engen Gässchen treiben. Inzwischen hatten wir Durst bekommen, und das Funkeln unserer verbliebenen Münzen brachte auch in Peters Augen den Glanz zurück.
    »Komm mit«, sagte er, als er ganz in der Nähe eine Schänke entdeckte.

    Das Kleine Lamm war nicht so harmlos wie der Name glauben machte.
    Es war eine dunkle Bruchbude im hintersten Winkel eines Innenhofes, umgeben von baufälligen Häusern, die die Sonne aussperrten. Der Brunnen in der Mitte des Hofes war anscheinend seit langem ausgetrocknet und mit Unrat verstopft.
    Unauffällig wie ein Straßenköter schob sich Peter in den Gastraum der Schänke.
    Rauch hing in der Luft. Männer saßen an großen aufgestellten Fässern und vergnügten sich mit Würfel- und Damespielen. Der Strohbelag auf dem Boden war rutschig. Ohne mich umzusehen, stolperte ich hinter Peter her, der sich durch die Menge drängte und zwei Krüge Apfelwein bestellte. Der Schankwirt hatte Zähne wie ein Eber.
    Die Krüge mit den säuerlich riechenden Getränken fest in Händen, verdrückten wir uns schnell in ein Hinterzimmer, fort von dem lauten Durcheinander im Schankraum.
    Das Hinterzimmer war leer bis auf eine verlotterte Gestalt in der Ecke, die in einer Lache aus Erbrochenem lag. Peter beachtete den Mann kaum, er steuerte auf eine Bank zu und vertiefte sich in sein Lieblingsthema: Christina. Während er von ihr schwärmte, starrte ich trübsinnig in meinen Krug und ließ mir den Geruch nach vergorenen Äpfeln in die Nase steigen. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich neidisch war.
    »Ah, junge Liebe«, murmelte der Mann in der Ecke und sah mit unstetem Blick zu uns herüber. »Trau eines andern Herzen nicht.«
    Peter unterbrach seine glühende Beschreibung von Christinas Schönheit und runzelte die Stirn.
    »Amor vincit omnia«, fuhr der Fremde fort, und seiner Stimme war anzuhören, dass er zu viel getrunken hatte. »Alles Humbug, wenn ihr mich fragt.« Ich konnte ihn nicht gut verstehen, denn er sprach in einem fremden, leicht singenden Tonfall.
    Peter jedoch schien aus diesem Singsang etwas herauszuhören und betrachtete den Mann genauer. Seine Kleidung war von Flecken übersät und sein Gesicht dreckverschmiert. Er sah aus, als hätte er schon oft im Freien oder auf dem Boden von Schankstuben genächtigt.
    »Liebe spricht mit falscher Zunge«, lamentierte er laut und setzte sein verbittertes Selbstgespräch fort. »Erst küsst sie dich aufs rechte Ohr, dann faucht sie dich an und beißt dich ins linke ...«
    »Genug jetzt!« Peter nahm seinen Zinnkrug und setzte ihn hart auf die Tischplatte. »Was wisst Ihr schon von Liebe?«, sagte er giftig.
    »Viel«, erwiderte der Mann mit einem albernen Lachen, das etliche Zahnlücken enthüllte. »Wenn man zählen will, wie oft mein Herz schon gebrochen ist, dann reicht die Zahl deiner Lebensjahre nicht aus ... mein Junge.«
    Peter reagierte nicht auf die Beleidigung, sondern beugte sich herüber und flüsterte mir etwas ins Ohr. Da begriff ich, was seine Aufmerksamkeit so gefangen hielt. Der Mann hatte ein kleines, in braunes Leder gebundenes Buch in der Hand. Zwischen den Seiten schaute ein Bändchen hervor - vielleicht war es auch eine Haarlocke oder ein Rattenschwanz — und markierte die Stelle, an der er beim Lesen gerade war. So etwas sah man selten. Es gab nicht viele Menschen, die Bücher lasen, und noch weniger, die sich welche leisten konnten. Entweder war der Mann ein Dieb oder ein verarmter, vom Pech verfolgter Gelehrter. Denen ging es oft am dreckigsten.
    Er spürte unsere Blicke und sah uns an.
    »Die Geschichte von zwei Liebenden«, erklärte er und zeigte auf las Buch in seiner Hand. »Das neuste Buch von Piccolomini. Drastisch und zotig. Deinem kleinen Freund da würde es die Röte in die Wangen treiben.«
    Er nickte in meine Richtung, und

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