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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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fortwährend gerätselt, warum er die Worte auf dem magischen Papier immer noch nicht lesen konnte. Bald würde er die Seiten in meiner Werkzeugtasche entdecken, fürchtete ich, und mich unter Druck setzen. Ich trug sie jetzt ständig bei mir.
    »Aber die Wörter sind ja rückwärts geschrieben«, wandte ein Dritter ein, ein sauertöpfischer Mann mit fahlen Lippen. Er begutachtete einen Winkelhaken mit Metalllettern, den ich extra für die Ausstellung zusammengestellt hatte. »Was ist das für eine Teufelei? So darf man nicht mit dem Wort Gottes umgehen!«
    Mehr hörte ich nicht. Peter nahm mich am Ellbogen und zog mich die Treppe hinauf.

    Ich musste mir die Hand über die Augen legen, zum Schutz vor dem Spektakel draußen. Akrobaten purzelten und rollten über den Platz, Zahndoktoren und Quacksalber zogen Kranken und Schwachen Zähne aus den Mündern und Münzen aus den Taschen, Marktschreier machten auf wilde wundersame Tiere aufmerksam, die eigens zu diesem Zweck herangeschafft worden waren: Vögel mit plumpen Hälsen, die nicht fliegen konnten, und große schwere Lasttiere mit riesigen Ohren, deren Haut aussah wie die Haut verschrumpelter alter Männer. Gerüche und Lärm hingen in der Luft, Trubel und Aufregung.
    Ein Stück vom Rathaus entfernt wurde Peter plötzlich wieder zum kleinen Jungen. Er stürzte sich in die Menge, tauchte wieder daraus hervor, stibitzte den Straßenverkäufern kleine runde Brote und jonglierte erst eine Weile damit, ehe er hungrig hineinbiss. Im letzten Moment rannte er dann vor ihren Beschimpfungen davon.
    Eine Weile vergnügten wir uns damit, über die Fässer und Taurollen im Viertel der Böttcher zu springen - eigentlich nur eines der ünf winzigen Gässchen, die wie die Finger einer Hand an den Marktplatz stießen. Schließlich fanden wir uns atemlos vor Erschöpfung vor einem Haus, das in der Farbe von getrocknetem Ochsenblut gestrichen war. Es stand auf mehreren Holzplatten, wie eine überempfindliche Frau, die ihre Röcke nicht schmutzig machen will.
    Daneben war das Siechenhaus, ein düsteres Gebäude, das man an den Eisenkreuzen über den geschlossenen Fensterläden erkennen konnte. Wir ermutigten uns gegenseitig, vor der unheilvollen Fassade stehen zu bleiben und dabei, auf einem Fuß hüpfend, bis zehn zu zählen. Nur so ließ sich der böse Blick des Ungeheuers abwehren, das in das hölzerne Giebeldreieck über der Tür eingeschnitzt war. Aber schließlich jagte uns ein Wachtmeister fort und sagte, wir sollten mehr Achtung vor den Toten zeigen.
    Etwas weiter entfernt, am Dom, arbeiteten Steinmetze am Ausbau des Turms, und wir gingen näher heran, um zuzuschauen. Die ganze Innenstadt hallte wider von den dröhnenden Schlägen der Meißel und Hämmer. Es schneite abgeschlagene Steinbröckchen. Hohe, mit Seilen aneinander gebundene Leitern schwangen sich im Zickzack an der Außenseite des Turms empor, und ein kompliziertes System aus Rädern und Flaschenzügen hievte Körbe voller Ziegelsteine zu den Steinmetzen hinauf, die auf schmalen Planken hoch über dem Erdboden standen und sie in Empfang nahmen. Arbeiter, mit Mörtel beladen, kletterten die Leitern hinauf und hinunter wie Ameisen.
    Schon das Zuschauen machte mich schwindlig. Ein falscher Tritt, und der ganze Aufbau würde in sich zusammenstürzen, schneller als der Turm zu Babel. Da war mir das sichere Arbeiten an der Druckerpresse schon lieber ... Doch der Gedanke erinnerte mich sofort an die Drachenhaut und daran, dass ich so schnell und so weit wie möglich von Fust weg musste. Plötzlich war mir, als würde die Stadt um mich herum zerfallen.
    Peter fasste mich am Ellbogen.
    Essensdüfte lockten uns zum Markt zurück, wo wir die Qual der Wahl hatten. Schließlich entschieden wir uns jeder für ein heißes Frankfurter Würstchen. Ein misstönendes Trompetengeschmetter vom Turm der St. Nikolaikirche verkündete die Ankunft eines bedeutenden Mannes, dessen Schiff offenbar gerade einlief, und so rannten wir, immer noch unsere Würstchen mampfend, das kurze Stück zum Hafen hinunter. Wir kamen gerade rechtzeitig, um einen Dreimaster aus den Niederlanden zu sehen, der elegant wie ein Schwan aus Rohrgeflecht dem Zollturm entgegenglitt.
    Ein beleibter Mann ging von Bord, begleitet von einem ganzen Gefolge von Dienern, die Truhen und Koffer hinter ihm hertrugen. Der prächtige Auftritt war beeindruckend.
    Peter holte tief Luft und blickte verzagt auf die kleine Samtbörse, die er für Christina erstanden hatte. »Das ist

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