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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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entgegen.
     

Oxford
     
     

     

 
    Neunzehn
     
    lake hatte ein ungutes Gefühl. Wind war aufgekommen und wirbelte Blätter gegen die Mauern der verschlossenen Colleges, die wie undurchdringliche Schatten aufragten. Fratzengesichtige Wasserspeier klammerten sich mit ihren gemeißelten Krallen an die Simse der Gebäude, und von den Dächern sahen ihm Engel entgegen. Er war unterwegs zum All Souls College.
    Duck trottete hinter ihm her. »Hast du Endymion Spring dabei?«, fragte sie aufgeregt.
    »Klar«, antwortete er, »aber kein Wort davon, okay? Bevor wir herausgefunden haben, wer die Person im Schatten ist, dürfen wir niemandem sagen, dass wir das Buch haben.«
    »Und dann?«
    Es war eine so einfache Frage, aber sie zwang ihn, abrupt stehen zu bleiben. Er hatte keine Antwort darauf.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er unsicher.
    Sie kamen an einen gepflasterten Platz mit einer inselartigen Grünanlage in der Mitte, aus der ein enorm großes Gebäude mit schwarzen Fenstern und einem silbrigen Kuppeldach emporwuchs: Radcliffe Camera. Hinter ihnen lagen die weitläufigen Mauern der Bodleian Library, in denen die erhellten Fenster wie Juwelen funkelten. Irgendwo dort oben, in einem der Leseräume, saß ihre Mutter über ihren Büchern und arbeitete bis in die Nacht.
    Bisher hatte Blake immer darauf gewartet, dass ihm jemand sagte, was er tun sollte, entweder Jolyon oder Psalmanazar oder sogar Duck. Inzwischen aber hatte er das Gefühl, als ob er keinem mehr trauen könne. Es war allein seine Sache, das Rätsel zu lösen.
    Selbst Endymion Spring schien ihm im Stich zu lassen. Den ganzen Tag schon hatte das Buch hartnäckig geschwiegen. Die schwarze Seite mit der Warnung vor der Person im Schatten war noch da, aber keine Spur mehr von dem ersten Rätsel, das er gesehen hatte, und auch keinerlei Hinweise auf die Zukunft.
    Links lag das All Souls College, dessen Mauern und Türme im Halbdunkel verschwammen. Zu diesem College gehörte wiederum eine Bibliothek mit unzähligen Reihen von Lederbänden. Es schien, als sei die ganze Stadt aus Büchern erbaut. Übereinander gestapelt und nebeneinander geschichtet wie Ziegelsteine bildeten sie eine gewaltige Festung aus Lesestoff, ein Labyrinth aus Worten. Sogar unter der Erde zogen sich meilenweit Gänge voller Bücher durch die Stadt. Die Universität von Oxford war eine einzige große begehbare Bibliothek. Das Letzte Buch konnte überall verborgen sein.
    Plötzlich spürte Blake, dass sich Endymion Spring im Rucksack bewegte.
    »Warte mal«, sagte er zu Duck. »Ich muss nachsehen.« Er lotste sie zu einer großen altertümlichen Laterne, die an einer Mauer gegenüber der Kirche St. Mary the Virgin hing.
    Der Wind war stärker geworden, und die leeren Seiten des Buches blätterten sich so schnell um, dass er nichts von einer neuen Nachricht sehen konnte. Ein-, zweimal glaubte er Striche oder Buchstaben zu erkennen, aber es konnten genauso gut Flecken, Schatten oder sonst etwas sein. Das Licht der Lampe zuckte unruhig über die Steinmauern.
    In diesem Moment fegte ein Windstoß durch einen nahen Seitenweg und riss ihm das Buch fast aus der Hand. Als er es schließlich wieder fest im Griff hatte, drückte er es an sich wie einen verängstigten Vogel. Mit laut klopfendem Herzen steckte er es hastig in seinen Rucksack zurück. Er durfte kein Risiko eingehen - nicht hier, nicht jetzt, nicht, wenn die Mitglieder der Ex Libris Gesellschaft in der Nähe waren.
    »Was war los?«, schrie Duck. Der Wind riss ihr die Worte von den Lippen und wehte sie die Straße entlang.
    »Ich weiß nicht! Das Buch scheint sich aus irgendeinem Grund zu fürchten.«
    »Das gefällt mir nicht, Blake«, jammerte Duck. »Ich hab Angst.«
    »Ich weiß. Ich auch.«
    »Vielleicht machen wir einen Fehler«, sagte sie. »Vielleicht hätten wir das Buch doch nicht mitnehmen sollen.«
    »Wir mussten es mitnehmen«, sagte er entschieden. »Zu Hause ist es genauso in Gefahr. Ich lass es nicht noch mal aus den Augen.«
    Er zwang sich zu einem ermutigenden Lächeln, war aber selber nahe daran, die Nerven zu verlieren. Die Unruhe des Buches erschreckte ihn. Vielleicht lauerte die Person im Schatten schon hinter der nächsten Ecke. Wollte Endymion Spring ihnen sagen, sie sollten lieber umkehren?
    »Hab keine Angst«, sagte er noch einmal. »Es wird schon gut gehen. Alles wird gut gehen.« Der Wind drückte ihm die Worte fast in den Hals zurück.
    Die langen goldenen Zeiger der großen Kirchturmuhr standen auf acht

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