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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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Beifall wogte die Menge hinter uns her, und alle drängten dem Kirchhof am Rande der Stadt entgegen. Fremde sprangen zur Seite, um uns den Weg frei zu machen, dann klatschten sie in die Hände, reihten sich in den Zug ein und ließen sich von der Fasnachtsstimmung mitreißen. Die Straße war die reinste Hölle.
    »Halt!«, hörte ich Fust wieder schreien, als immer mehr Menschen ihm den Weg versperrten. »Lasst mich durch, ihr Narren! Sie haben mir mein Buch gestohlen!«
    Ich sah mich hastig um. Fust in seiner Eitelkeit hatte sich als Papst verkleidet und gehörte deshalb mit in die vorderste Reihe der Prozession. Manche verspotteten ihn mit Sticheleien und Scherzen, andere verbeugten sich vor ihm und ließen Seine Heiligkeit ungehindert durch. So kam es, dass der Menschenstrom ihn langsam immer weiter in unsere Richtung spülte.
    Als Christina merkte, dass ich zitterte, fasste sie mich bei der anderen Hand, und so stürmten wir zusammen durch Straßen und Gassen, aus denen immer noch Nachzügler zu uns stießen. Schwindlig und außer Atem klammerte ich mich an meine Retter, die mich jetzt in den Schatten des riesigen Doms zerrten und weiter über das Kopfsteinpflaster steil hinauf in Richtung des nördlichen Stadttors.
    Plötzlich ertönte zu unserer Begrüßung ein triumphales Fanfarengeschmetter von der Stadtmauer herab. Musikanten liefen hüpfend und tanzend an der Brüstung entlang und spielten auf ihren Instrumenten. Die Flammen des Weltuntergangs waren über uns! Hörner und Trompeten funkelten in der Sonne und rot-goldene Flaggen an den Toren züngelten wie Flammen. Schon hatte sich eine beachtliche Menschenmenge an dem hohen, mit Türmen versehenen Stadttor versammelt, hinter dem der Kirchhof lag. Kaum waren Peter und Christina erschienen, brach Gesang aus unzähligen Kehlen.
    Fust machte keine Anstalten aufzugeben. Sein Geschrei verfolgte uns wie das Bellen eines Straßenköters.
    Verzweifelt hielt ich Ausschau nach Meister Gutenberg, konnte ihn aber in dem Gewimmel von Gesichtern nirgendwo entdecken. Wir kämpften uns durch die Menge.
    Unmittelbar vor uns ragte jetzt das große hölzerne Stadttor auf, hinter dem der Eingang zum Kirchhof lag. Wenn wir nicht aufpassten und uns dem Sog der Menge überließen, würden wir bald ausweglos zwischen seinen Mauern festsitzen. Dann hätte uns Fust sicher in der Falle.
    Peter und Christina schienen zum selben Schluss gekommen zu sein. Ohne Vorankündigung schleuderten sie mich grob zur Seite, wo ich mich in einer Vielzahl von Armen wiederfand. Ich prallte und kugelte von einem zum anderen, bis ich zuletzt atemlos und zerschlagen vor dem starken Befestigungswall auf der Stadtseite der Mauer liegen blieb. Zusammengekrümmt versuchte ich, langsam wieder zu Atem zu kommen. Das Buch schien plötzlich zu schwer für meinen Rücken, mein ganzer Körper schmerzte. Als ich den Kopf hob, waren Peter und Christina verschwunden, aufgesogen von der Menge auf dem Kirchhof.
    Einen Moment blieb ich stehen, wo ich war. Rings um mich her schrien, tanzten und klatschten die Menschen, aber ich hörte weder ihre Lieder, noch spürte ich ihre Ausgelassenheit. Ich war wie betäubt. Nie hätte ich gedacht, dass Peter mich so von sich stoßen würde, so grob, so gefühllos, so ohne jedes Abschiedswort. Ich wusste ja, warum er es getan hatte - um mir Zeit zur Flucht zu verschaffen aber trotzdem fühlte ich mich verraten. So hätte unsere Freundschaft nicht enden dürfen. Schließlich aber schulterte ich meine Last und bahnte mir einen Weg durch die Menge. Meine Augen waren blind von Tränen.
    Plötzlich wurde es still, als hätten die feiernden Menschen meine Stimmung gespürt. Ein Raunen ging durch die Menge, das wilde Spiel der Musikanten verebbte.
    Fust war gekommen.
    Er stand kaum einen Steinwurf von mir entfernt, hielt Ausschau, boxte sich durch einen Pulk von Zuschauern, um weiter hinter mir herzujagen. Ich duckte mich an die Mauer, wollte mich am liebsten unsichtbar machen. Fust hatte sich von Peters List nicht in die Irre führen lassen. Er musste meine Flucht bemerkt haben. Er wollte das Buch ...
    Ich wagte nicht zu atmen.
    Die Menge öffnete sich halbkreisförmig vor ihm, eingeschüchtert von der Heftigkeit seines Auftretens, das längst nicht mehr zu einem gewöhnlichen Prozessionsteilnehmer passte. Seine Augen waren zu dunklen Schlitzen geworden, und seine Nasenflügel bebten — er war wie ein wildes Tier, das seine Beute wittert.
    Glücklicherweise schmetterte da ein mutiger

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