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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Jensen
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Entschuldigung in deinem Namen geäußert und dann in meinem Namen angenommen.«
    »Scheiße, wie soll das denn funktionieren?«
    »Zauberei. Kann man nicht erklären.«
    »Harish Modak nennt mich Miss Krall.«
    »Und das gefällt dir?« Sie nickt. »In diesem Fall darfst du mich auch Gabrielle statt Roller nennen. Einverstanden, Miss Krall?«
    Sie kneift die Augen zu und denkt nach, sagt aber nichts. Frazer Melville kommt mit zwei Tassen Tee herein und stellt sie zwischen uns auf den Tisch. »Lapsang Souchong. Ich lasse euch jetzt allein.« Er schließt leise die Tür hinter sich.
    Stille. Dann sagt Bethany: »Das hat sie auch getan.«
    »Wer hat was getan?«
    »Meine Mum. Sie hat mir Tee gebracht.«
    Sofort schrillen bei mir die Alarmglocken. Ich habe ihre Stimmung falsch eingeschätzt. Zum ersten Mal hat sie von sich aus ihre Mutter erwähnt. Gleich passiert was.
    »Sie hat dir Tee gebracht. Aber was für ein Mensch war sie?« Sie zuckt mit den Achseln und schaut weg. »Etwas ist zwischen euch schiefgelaufen. Wie war das an jenem Abend?«
    »Weiß nicht.«
    »Wie kannst du das nicht wissen?«
    »Man kann Sachen vergessen.«
    »Manchmal muss man vergessen, weil man Dinge so leichter ertragen kann. Dass man sich tot fühlt, zum Beispiel. Aber die EKT kann Erinnerungen an die Oberfläche holen. Vielleicht ist das bei dir geschehen. Die Dosis war sehr stark.«
    Sie streckt den Arm aus, vergräbt die Finger im Teppich, krallt sich hinein. Ich denke an das Foto der Kralls: der gut aussehende Vater, das Mädchen mit dem breiten Lächeln und der Zahnspange, die Mutter, eine blutleere, kraftlose Maus. Als sie spricht, ist ihre Stimme kaum zu hören, schwebt auf ihrem Atem dahin.
    »Ich war ihnen nie gut genug.«
    |318| »In welcher Hinsicht?«
    »Selbst als ich an Gott, die Bibel, die Genesis, den ganzen Haufen Scheiße geglaubt habe, war ich ihnen nicht gut genug. Also habe ich versucht, schlecht zu sein.«
    »Mit Sex?« Ich erinnere mich an die polizeilichen Unterlagen. Ein Junge in der Schule. Aber da ist noch mehr, etwas Größeres und Fundamentaleres.
    »Haben Sie jemals versucht, ein Buch zu verbrennen?«
    »Nein. Wie geht das?«
    »Man muss zuerst Terpentinersatz draufschütten.«
    »Und warum sollte man ein Buch verbrennen?«
    »Weil es voller Scheiße ist. Von Anfang an.«
    Sie schaut auf die frischen Verbände, die Frazer Melville angelegt hat, nachdem er ihre Hände desinfiziert hat. »Der Anfang ist die Genesis.
Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe.
Es ist wunderschön. Wunderschöne Scheiße. Aber sie erwarten, dass man es immer noch glaubt, selbst wenn man weiß, wenn man
weiß
…« Sie hält inne. Sie starrt aus dem Fenster auf das Windrad, das seinen Kreis beschreibt, auf den schräg fliegenden Vogelschwarm in der Ferne. In den Süden fliegen oder nicht? Die Entscheidung fällt ihnen immer schwerer. Wie klein Bethany in diesem blöden karierten Bademantel aussieht. Er verschluckt sie förmlich. Ich taste unter meinem Sitz nach dem Donnerei und halte es ihr hin.
    »Es ist Millionen Jahre alt. Aus der Zeit vor den Menschen, vor den Dinosauriern. Was passiert mit jemandem, der eine Bibel verbrennt, weil er glaubt, die Genesis sei voller Scheiße?«
    Sie nimmt das Donnerei und umfängt es mit ihren verbundenen Händen. »Der Urknall.«
    »Das klingt eher nach einem Anfang als nach einem Ende.«
    »Er ist beides.«
    »Was passiert während des Urknalls mit Bethany?«
    Es bricht wie eine Sturzflut aus ihr hervor und trifft mich völlig unerwartet.
    |319| »Sie wird an die Treppe gefesselt. Sie versuchen ihr den Teufel auszutreiben, und dann kleben sie ihr den Mund zu, damit der Teufel in ihr sie nicht verfluchen kann, und sie schütteln sie, aber der Teufel will nicht herauskommen, also fesseln sie sie, und am nächsten Morgen ist der Teufel immer noch da, und dann schütteln sie sie noch mehr, und so geht das drei Tage lang, und sie lassen sie nicht essen oder schlafen, und sie ist die ganze Zeit gefesselt, und der Teufel will nicht herauskommen.« Sie hält abrupt inne und dreht das Donnerei in den Händen. Das Ticken der Standuhr dringt in mein Bewusstsein. Der Himmel, der sich zu einem fleckigen Grau verdunkelt hat. Das Vogelgezwitscher und der Geschmack von Whisky in meinem Mund.
    Ich sage: »An dem Abend war dein Vater weg. Du warst mit deiner Mutter allein.«
    »Ich hatte eine Hand freibekommen. Doch als ich die andere loshabe, kommt sie aus der Küche und fängt an zu

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