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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Jensen
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Films im Rollstuhl geküsst zu werden und anerkennende Pfiffe von den Leuten hinter uns zu hören. Also machen wir beide eine neue Erfahrung. Falls wir fürchten, dies könne der letzte Tag sein, an dem unsere Erde im Gleichgewicht ist, verbergen wir es gut.
    Sex kann vieles sein, doch in dieser Nacht ist er für uns eine heftige, ausgedehnte Ablenkung von dem Thema, das wir beide meiden, nachdem wir uns auf eine Strategie geeinigt haben. Frazer Melville zieht mich aus und lässt mich die Augen schließen. Ich muss ihm versprechen, mich keinen Zentimeter zu bewegen, sonst »geht’s schief«. Fasziniert liege ich da, starr, aber lächelnd. Ich höre, wie er mit etwas raschelt. Dann kommt er näher. Ich rieche Schokolade. Er berührt meine linke Brustwarze, aber nicht mit der Zunge. Es fühlt sich kühl und schwer an. Was immer er tut, er lässt sich Zeit dabei. Ich spüre förmlich seine Konzentration. Als ich ahne, was er vorhat, breitet sich ein elektrischer |144| Impuls von meinen Brüsten über meine Schultern und die Wirbelsäule aus, wandert durch die Arme bis hinunter in die Fingerspitzen und zurück in den Nacken.
    »Jetzt die hier.« Er streichelt meine rechte Brustwarze, dann folgt der gleiche kühle Druck, und mein Fleisch schwillt an.
    »Mach die Augen auf.«
    Er hat meine Brustwarzen mit Schokoladencreme bemalt. Woher hat er die Creme, woher die Idee? Sie sehen riesengroß und beinah schwarz aus. Sie glänzen. Ich lache. »Ich wusste ja, dass du Schokolade magst.«
    »Zwei Lieblingsgenüsse auf einmal«, murmelt er mit belegter Stimme. Sein erigierter Penis lugt aus dem Hosenschlitz. Ich nehme ihn in die Hand, spüre seine Härte. »Ich kann nicht mehr warten«, sagt er. »Ich verhungere.«
    Dann saugt er an meinen Brüsten und beschmiert uns beide mit schmelzender Schokolade. Er hat entdeckt, wie er mich mit Kissen abstützen kann. Ich bin nackt bis auf den Verband an meinem Bein, er ist vollständig bekleidet. Ich fühle mich wie eine gierige Königin, die vergöttert und bedient wird.
    Frazer Melville sieht mir in die Augen und nimmt mich und nimmt mich und nimmt mich. Ich fühle gar nichts. Doch während er sich in mir vor- und zurückbewegt, sagt er immer und immer wieder meinen Namen. Ich keuche, völlig durcheinander. Und ich denke: Vielleicht bin ich doch noch eine Frau. Nein, vielleicht auch nicht. Ja, doch, ich bin eine. Eine Frau, die lieben kann und einen Mann   …
    Er kommt mit dem wilden, schamlosen Schrei eines Höhlenmenschen.
     
    Ich erwache, als der Regen gegen die Fenster prasselt. Die Bäume seufzen und ächzen. Ich kuschle meinen Kopf an Frazer Melvilles feste, glatte Schulter und überlege, was die vergangene Nacht für meine Seele bedeutet.
Cuando te tengo a ti, vida, cuanto te quiero
. Doch dann fällt mir ein, welcher Tag heute ist, und mein |145| Entzücken löst sich in Luft auf. Ich schalte rasch das Radio ein und drehe den Ton herunter. Ich wähle BBC World Service, den treuen Freund der unheilbar Schlaflosen. Gerade läuft eine Dokumentation über Kleinwüchsigkeit. Ich lerne das Wort
Achondroplasie
. Die Durchschnittsgröße eines erwachsenen Kleinwüchsigen beträgt bei Männern einhundertzweiunddreißig und bei Frauen einhundertdreiundzwanzig Zentimeter. Stimmen und noch mehr Stimmen. Die Nacht rückt weiter vor, während Frazer Melville friedlich neben mir atmet. Draußen Donner und Wind. Ich dämmere kurz ein und erwache am Ende einer Kultursendung. Alle reden im gleichen vernünftigen Ton. Sie diskutieren über neue Trends in Bollywood und blenden Ausschnitte aus klassischen und zeitgenössischen indischen Filmen ein. In den Nachrichten um drei kommt keine Meldung. Erleichtert döse ich ein, während im Hintergrund ein Sportquiz läuft, als plötzlich eine Sondermeldung angekündigt wird.
    Ich hieve mich hoch, will vorsichtig sein, störe aber dennoch Frazer Melville, der sich gähnend aufsetzt. Und zuhört. Ich stelle das Radio lauter, und wir nehmen die Nachricht auf wie parallele Stoßdämpfer. Während der fünfminütigen Sendung bleibe ich ruhig und beherrscht. Etwas in mir will nicht nachgeben. Es vielleicht nicht wahrhaben. Ich rieche noch die Schokolade auf meiner Haut.
    Als die Nachrichtensendung zu Ende ist, stößt Frazer Melville hervor: »Oh nein. Herrgott. Oh Scheiße.« Genau wie er würde ich am liebsten eine Litanei von Flüchen aufsagen, ein Anti-Gebet. Oder wieder einschlafen, als wäre alles ein Traum, und am nächsten Morgen das ganz normale,

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