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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Deshalb wohl
sprach niemand offiziell darüber. Aber je mehr die Menschen
die Centauren ihrer unmittelbaren Umgebung kennenlernten,
desto besser verstanden sie deren Regungen, lasen in diesen
ausdrucksvollen Augen. Es gab jedoch Themen, die man lieber
nicht anriß. Dann wichen die Centauren aus, taten unwissend,
bagatellisierten.
Wenn Gernot aus den Erfahrungen schloß, die er aus dem
Zusammenwirken mit Mon und ihrer Gruppe bisher gewonnen
hatte, mußte er einfach zu dem Schluß kommen, daß die
Centauren überaus fleißige, sparsame, bescheidene und vor
allem disziplinierte Wesen waren, die mit Umsicht und
Klugheit und ohne sichtbaren persönlichen Vorteil ihre
Aufgaben erledigten. In dieses Bild paßten überhaupt nicht die
unbefriedigende Vorbereitung des Objekts, die Gleichgültigkeit
höheren Orts gegenüber den doch empfindlichen Störungen,
die Schlamperei beim Einhalten der Termine. Fragte man die
von ihnen danach, mit denen man täglich zusammentraf,
berührte man eben jene Tabus, die zu entschleiern nicht gelang.
Aber an dieser unmittelbaren Zusammenarbeit haperte es
gewiß nicht. Die zweifelsohne vorhandenen Defekte mußten in
gehobenen Ebenen der Administration auftreten, von deren
Funktionieren die Menschen ohnehin herzlich wenig Ahnung
hatten. Und die, die sich diese Ahnung verschaffen sollten,
damit alle effektiv arbeiten konnten, waren dazu nicht fähig
oder dazu nicht gewillt. So jedenfalls tat sich aus Gernots Sicht
die Situation dar, und daraus resultierten Spannungen mit
Jercy, dem er unmittelbar unterstand. Nur seine persönlichen
Beziehungen zu ihm hatten Gernot bisher abgehalten, Jercy
offiziell zu kritisieren. Und noch arbeitete die Gruppe Wach
am Projekt, noch entsprang das, was auf die Zeichentische
kam, im wesentlichen den eigenen Köpfen. Aber später? In der
Realisierung? Es fiel schon jetzt schwer genug, wenn es um
Fragen der einzusetzenden heimischen Werkstoffe ging, um
Baumaterialien und Kapazitäten. Auf unteren Ebenen funktionierte so gut wie gar nichts. Allerdings, schaltete Gernot über
Jercy Brad ein und dieser gab die Forderungen einsichtig an
den zugestellten Verbindungscentauren Men weiter, dann
stellte sich Erfolg ein, wenn es auch einige Zeit dauerte. Im
wohltuenden Gegensatz dazu stand das Besorgen von Arbeits
mitteln. Das konnte Gernot reibungslos selbst erledigen.
Aber das war an jenem Morgen alles so fern, daß es überhaupt nicht Gernots Denken erreichte. Er schlenderte langsam,
lange vor offiziellem Dienstbeginn in den Hügeln umher,
genoß – ja, zum erstenmal gestand er sich ein –, er genoß den
Aufgang von Alpha, die den Wüstensaum fädig wie einen
langhaarigen Pelz ausfranste, das Land weich machte, mit
kältlichem Silbergespinst umgab. Und zum erstenmal auch
hatte Gernot das Bedürfnis, durch die Hügel zu streichen –
nicht nur wie eben, um Luft zu schnappen, Zeit totzuschlagen,
sich zu bewegen, aus rationellen Gründen also, sondern um
Hand in Hand mit Fini auf Entdeckung zu gehen, einen Tag
lang, dem Kargen Schönheit abzugewinnen…
Gernot fand sich an der Stelle wieder – diesmal auf der
anderen Straßenseite – an der er Zeuge dieser unbegreiflichen
Havarie der Transportkolonne geworden war. Er erschrak: Die
Hausherren hatten mit ihren Räumfahrzeugen lediglich die
Fahrbahnen freigeschoben. Der riesige Schrottberg, zum Teil
mit Sand bedeckt, säumte die Straße. Niemand transportierte
das ab, hätte je davon gesprochen, nichts war bekannt geworden, daß jemand dazu Anstalten traf. Und der fast ständig
blasende Sturm begann das einst Wertvolle in seine sanftgeschwungenen Sandwehen einzukuscheln, so als schämte er sich
der erbärmlichen Hilflosigkeit einstmals stolzer Technik.
Grasbüschel hingen in den Gitterkonstruktionen, Zweige und
Laub. Man konnte meinen, es sei eine Ewigkeit her, daß dieser
Schrottberg entstanden war.
Gernot ging einige Schritte den Hügel hinab, stieg auf eine
schräg aus den Trümmern ragende Stütze und begann zu
wippen. Teile rutschten scheppernd, knirschend. Wuchtig kam
der Träger ins Schwingen. Gernot sprang ab. Ein singender
Ton entrang sich dem Metall, wie ein Schmerzensschrei…
Gernot empfand in seiner Freude, in seinem Hochgefühl
diesen Schmerz nur einen Augenblick. Auf einmal waren da
zwei Gedanken gleichzeitig, stritten miteinander um Klarheit.
Da war die Erinnerung an die Kommission, die den Vorgang
zu untersuchen hatte. Und er, Gernot, dorthin geladen als
Augenzeuge und als derjenige, der den Vorfall

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