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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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nordwestlicher Richtung, nachdem
sie sich beim Zentraldispatcher vorschriftsmäßig abgemeldet
hatten.
    Ihr Weg führte zuerst die nach Norden ausfallende Straße
entlang, nicht weit über die Stelle hinaus, an der seinerzeit die
Welle die Fahrzeugkolonne überrollt hatte.
    Sie gingen Hand in Hand, nicht übermäßig schnell, sahen
sich an, lachten, standen, küßten sich. Es waren die ersten Tage
auf Centaur, die wirklich ihnen und nur allein ihnen gehörten.
Einmal rannten sie ein Stück, ergötzten sich an den hohen
weiten Sprüngen, Josephin vornweg. Er holte sie ein, bremste
sie an einem Gurt des Tragesacks. Und als sie den Kuß
vorzeitig wegen Luftmangels abbrechen mußten, lachten sie
beide lauthals. Dann sang Gernot bruchstückhaft und nicht
eben sehr melodisch ein altes Lied, in dem ein Mädchen mit
hohen weiten Sprüngen vorkam, das irgendwelche bösartigen
Jagdhunde zu Tode bringen sollten, was dann jedoch durch
einen jungen Jägersmann dankenswerterweise verhindert
werden konnte.
    Und mehrmals sagte ihr Gernot, laut und ganz leise, wie
glücklich er sei…
Dann erreichten sie den Unglücksort. Sie wurden still, gingen
fingerverhakelt schweigsam wie auf einem Friedhof.
Man hatte die Straße freigeschoben. Sie lag nun wie in einer
Mulde, gesäumt von Wällen trockener Lehmbrocken, Geröll
und krümligem Boden. Daraus ragten Metallteile, Bleche,
Träger und Gußstücke der verschütteten Fahrzeuge.
Eine Weile standen die beiden, dann erklommen sie die
Böschung. Dort, woher sie gekommen waren, ragten in der
Ferne die Pyramidenstümpfe der Stadt über den Horizont.
Oben erläuterte Gernot sein Erlebnis mit der Welle. Und sie
bestätigten sich gegenseitig, daß die geplante Schrottaktion
immer mehr an Realität gewann angesichts des offenkundigen
Desinteresses der Centauren an Sekundärmetallen.
„Ich habe mit Mon gesprochen. Sie sagt, es wäre ein energetisches Problem. Transport, Trennung, Aufbereitung, Weitertransport, Einschmelzen… Die Linie der Primärmetallgewinnung hingegen sei eingelaufen, der Energieaufwand optimiert.
Die Hütten seien vollautomatisiert, Schrott sei ein Störfaktor.
Nur bestimmte Chargen von Reinmetallen oder Speziallegierungen würden aus dem verarbeitenden Prozeß heraus zurückgeführt. Alles andere bleibe wie hier. Und sie sei überzeugt,
daß es, über den Planeten verteilt, eine Menge kleinerer und
größerer solcher Stellen gebe.“
„Womit wir wieder im Dienst wären, ach, Fini!“ Gernot ließ
sich in dem hier lockeren Boden wie auf Gleitschuhen die
Böschung hinab. Mitten auf der einsamen Straße blieb er
stehen, sah sich aufmerksam um. „Aber merkwürdig ist, Fini,
die Straße ist überhaupt nicht beschädigt. Aus der Ferne sah es
aus, als höbe sich der gesamte Untergrund. Da wäre die
Fahrbahn geborsten. Es sieht aus, als sei die Welle von einer
Kraft…“, er winkelte bei ausgestreckten Armen beide Hände
an und ging ein paar Schritte, „geschoben worden, auf der
Oberfläche, so wie Erdreich vor dem Schild einer Planierraupe.
Das spricht nicht gerade für eine Gravitationstheorie…“
„O wie schön!“
Gernot sah zu Josephin hoch. Sie stand auf dem verbeulten
Dach einer Fahrzeugkabine, reckte die Arme und sah mit
zurückgelegtem Kopf in die Ferne. Ihr Gesicht war voll
beleuchtet, es blühte vor Frische. Sie hatte ihm nicht zugehört.
„Komm, Gernot!“ rief sie, ohne zu ihm herabzublicken. „Die
Sonne geht auf.“
Und langsam stieg Gernot nach oben. Er stellte sich hinter
Josephin, zog sie an sich, und so standen sie und genossen das
Schauspiel.
„Als arbeitete dort eine lange Schlange von Elektroschweißern“, flüsterte Josephin.
In der Tat, der Horizont flirrte wie tausend Lichtbogen – in
der Mitte stärker, zu den Rändern hin schwächer werdend. Die
Strahlen brachen sich an den Kimmen der Hügel, spritzten wie
unzählige Minisonnen auseinander, und es pulsierte wie ein
Laser in einem verräucherten Raum.
Gernot küßte Josephins Haar, den Blick nach Alpha gerichtet.
Am Horizont über dem Licht stand ein fahler, dunkelgestreifter Himmel wie bläuliches Löschpapier, aber blendend hell. Er
war es, der den Morgen bereits lange vor Sonnenaufgang
erhellte.
Dann kamen die Schatten, für Gernot stets sehenswert und
imposant, ganz anders als auf der Erde. Sie überzogen hier den
Landstrich mit einem Gewand aus hellen und dunklen Streifen,
die sich so lange veränderten, bis Alpha voll über dem
Horizont stand.
Noch eine kleine

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