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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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aus der Kopfhaut dringen.
Und seinen Schreck wollte er nicht zeigen.
„Ich dachte schon, mit dir sei etwas nicht in Ordnung“, sagte
er rauh, „als ich dich so ankommen sah…“
Sie löste sich von ihm, stemmte sich ausgestreckten Arms
von ihm ab, sah ihm forschend ins Gesicht. „Was war,
Großer?“ Er wich ihrem Blick aus. „Nichts, nichts war. Ein
kleiner Dreher. Ich bin zu plötzlich aus der Hocke gegangen.“
„Setz dich, komm!“ Und sie zog ihn an der Hand zu einer
Grasbank, ernsthaft besorgt.
„Ach was!“ Unwirsch lehnte er ab. In seinem Gesicht arbeitete es. „Das hatte ich manchmal schon als Kind. Jeder hat das
mal…“
„Na ja. Wie du aussahst.“ Josephin schien nicht gänzlich
beruhigt. Dann versuchte sie einen Scherz: „Wirst dich doch
nicht übernommen haben – das Projekt, Lim, ich…“
Gernot lächelte schwach.
„Täusch dich nicht“, sagte er
anzüglich. „Laß uns erst in unserer Kemenate sein!“
„Na, dann komm!“ frotzelte sie weiter, nahm ihn bei der
Hand und zog ihn. „Oh, was ist das denn!“ Sie ließ Gernot los,
als sie die Blüte entdeckt hatte, war mit ein, zwei schnellen
Schritten bei ihr, beugte sich darüber, nahm den Kelch zärtlich
in beide Hände, strich behutsam an ihm entlang. „Ist das
schön!“ Es kam aus tiefstem Herzen. Sie sah nicht, wie sich
Gernots Gesicht verfinsterte, wie er, als suche er eine Stütze,
im Rücken mit der Hand nach dem hinter ihm stehenden Baum
fingerte. Mit der anderen Hand griff er sich an den Hals,
befühlte verstört und fahrig seinen Kehlkopf.
Josephin beugte sich noch tiefer über die Blume. „Sie duftet
nicht“, stellte sie bedauernd fest.
„Was, was sagst du?“ fragte Gernot. Er wunderte sich, daß es
ganz normal klang, daß die Panik, in der er sich befand, nicht
aus jedem seiner Worte drang. Gleichzeitig aber wurde er sich
bewußt, daß er sie sehr wohl verstanden hatte. Die Blüte duftet
nicht, hatte sie gesagt. Mit dieser Erkenntnis kam auch die
Kraft, sich aus der beginnenden Psychose zu reißen.
„Ist es nicht ein Wunder?“ fragte sie und sah ihn von unten
her mit leuchtenden Augen an.
„Es beginnt mir sehr zu
gefallen – bei dir auf Centaur. Schau, wie die flirren.“ Sie
tastete mit den Fingerspitzen über die Silberfäden, die wie
elastische Drähtchen vibrierten.
„Ich habe sie schon gesehen“, sagte Gernot zurückhaltend.
„Und hast mich nicht gerufen…“
„Ich hatte dich gerufen“, fügte er vorsichtig hinzu und betrachtete sie dabei prüfend.
„So“, antwortete sie zerstreut. „Hab ich nicht gehört. War
wohl zu verfressen. Morgen fotografiere ich sie. Die will ich in
Erinnerung behalten.“
Es ist also wahr, dachte Gernot bitter. Sie hat mich nicht
gehört. Aber ich kann doch nicht mit einem Schlag stumm
sein! Nein, ich bin es nicht. Ich unterhalte mich ja, ganz
normal. Fini hört mich, ich höre sie. Er lauschte einen Augenblick in sich hinein. Nichts summte da, nichts war anders als
früher. Er vernahm das Tschilpen unbekannter Tiere, das
Atmen Josephins. Nerven? Ausgerechnet jetzt und in dieser
wohltuenden Umgebung? Eine Reaktion vielleicht nach dem
Streß der Wüste! Aber das kennst du nicht, Gernot, noch nie ist
dir derartiges widerfahren.
Einmal nimmt alles seinen Anfang. Aber, was soll denn
werden? Es darf sich nicht wiederholen! Und er bekam eine
Gänsehaut, wenn er daran dachte, Tage, Wochen vielleicht in
langwieriger Behandlung zu verbringen. Und was würde mit
der Orbittauglichkeit? „Komm, Fini“, sagte er. „Wir fotografieren morgen…“
Aber sie fotografierten nicht.
    Gernot hatte sich mit Josephin eine „gemütliche Stunde“, wie
sie es nannten, gegönnt. Und davon war er an diesem Morgen
erquickt und ausgeschlafen erwacht. Noch oft am Vortag hatte
er in sich hineingelauscht, befürchtet, daß es sich wieder über
ihn legen könnte, aber nichts geschah. Einmal war er bereit, die
Blüte als Ursache anzunehmen, wenn Fini sich nicht viel
intensiver mit ihr befaßt hätte. Er war nach dem Erwachen
bewußt forsch aus dem Bett gesprungen, wollte eine plötzliche
Kreislaufattacke provozieren. Tatsächlich kannte er diesen
Effekt aus der Erfahrung. Aber er blieb aus. Nur Josephin fuhr
neben ihm hoch, als hätte es irgendwo eine Detonation
gegeben.
    Und dann stürzten sie sich in einen ereignisreichen Tag, der
rechtschaffen müde machte. Am Abend dachte Gernot vor dem
Einschlafen an diesen merkwürdigen Vorfall wie an einen
bösen Traum, der nun in

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