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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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diese?«
    Ich zuckte die Schultern und schenkte mir einen heißen Tee mit Sahne und Zucker ein. Dann rührte ich um, und das leise Klimpern des Silberlöffels gegen das Porzellan hatte auf mich eine beruhigende Wirkung.
    In den nächsten Tagen hielt ich mich ziemlich aufrecht für eine Frau, deren Ruf ruiniert war. Jetzt würden mich alle meiden wie die Pest. Das Telefon blieb stumm. Niemand rief mich an. Obwohl ich nicht gerne eine Außenseiterin war – wenn auch eine außergewöhnlich schöne Außenseiterin -, brauchte ich zumindest niemanden zu besuchen.
    Nina dagegen hatte es nicht so einfach. Im Gegensatz zu mir musste sie aus dem Haus und einkaufen gehen, Sachen zur Reinigung bringen und Putzmittel kaufen. Im Supermarkt mieden die anderen Hausmädchen sie. Der Postbote schob unsere Post durch den Schlitz, anstatt wie üblich durch die Hintertür auf eine Tasse Kaffee hereinzukommen. Auch der Hausmeister sagte kaum guten Tag. Nina und ich waren die Geächteten von Willow Creek. Aber das schreckte Nikki nicht ab.
    Am dritten Tag, nachdem der Artikel erschienen war, bekam ich von meiner Nachbarin Besuch. Ihr Haar hatte immer noch diese geschmackvolle dunkelblonde Farbe, und sie trug noch immer die Perlenkette, aber sie hatte eine khakifarbene, enge Hose angezogen, ein weißes T-Shirt (das ebenfalls eng anlag) und geblümte Keds. Es waren nicht
gerade Tiermuster und Stilettos, aber ein T-Shirt und Keds waren für einen Besuch nicht unbedingt angemessen.
    Man sagt, Wasser sucht seinen eigenen Pegelstand, und Nikki kehrte langsam zu ihrem alten Ich zurück.
    Nina wollte sie nicht hereinlassen und sagte ihr das auch mit hoch erhobener Nase.
    »Nina, es tut mir wirklich außerordentlich leid«, hörte ich Nikki im Eingangsbereich sagen.
    Ich rief vom oberen Treppengeländer: »Lass sie rein, Nina.«
    Warum, werden Sie sicherlich jetzt fragen. Ich hatte langsam die Nase voll von dieser Einsamkeit. Besuch von Nikki zu bekommen war besser, als mir mit Nina eine weitere Episode von Don Juan de Tango im Fernsehen anzuschauen, während ich all die Gründe aufzählte, weshalb ich Sawyer nicht sehen wollte und beleidigt war, dass er noch nicht einmal angerufen hatte. Als könnte man so leicht über mich hinwegkommen.
    Ich ging die Treppe hinunter.
    »Frede, es tut mir so leid«, sagte Nikki. »Ich hätte Pilar nie etwas über dich und Sawyer erzählen dürfen!«
    »Nina, würdest du uns bitte Tee machen?«
    Die beiden waren überrascht, aber Nikki wollte nicht, dass ich es mir noch einmal überlegte. Sie schlüpfte an meinem Wachposten vorbei und folgte mir ins Sonnenzimmer.
    Wir saßen genau an dem Tisch, an dem ich Nikki erst vor einigen Wochen Manieren beigebracht hatte. »Also, was geht in der Stadt vor sich?«
    Nikki stockte der Atem. »Ich kann nicht glauben, dass du nicht wütend darüber bist und mich anschreist, dass ich das getan habe!«

    Ich und schreien?
    Nikki lehnte sich nach vorn, und ihre Augen waren weit aufgerissen. »Mir ist dieses ganze Chaos mit dem Gemälde so peinlich. Ich war so leichtgläubig und habe geglaubt, dass Pilar wieder mit mir befreundet sein will, als sie die Ladys dazu veranlasste, mit mir zu Mittag zu essen und einkaufen zu gehen. Ich habe mich von all der Aufmerksamkeit mitreißen lassen, so sehr, dass ich nicht erkannte, dass das Ganze aufgesetzt war. Es ist beschämend, wie hochnäsig ich geworden bin. Ich weiß einfach nicht, wie ich es wiedergutmachen soll.«
    »Das brauchst du nicht, und du musst auch nicht mehr darüber reden.«
    Ich wusste, dass sie nicht damit aufhören würde, und griff zu einer Gegenmaßnahme. »Hast du Sawyer in letzter Zeit gesehen?«
    Eigentlich wollte ich das gar nicht fragen, aber glücklicherweise gelang es mir, eine bewundernswerte Gleichgültigkeit an den Tag zu legen.
    »Sawyer? Nein«, sagte sie. »Ich habe ihm ein paar Nachrichten hinterlassen, aber er hat mich nicht zurückgerufen. Er ist bestimmt auch sehr wütend auf mich. Hast du ihn gesehen?«
    »Nein.«
    »Es ist einfach schrecklich.«
    Ich wusste, dass sie immer noch nicht aufhören würde, daher versuchte ich etwas anderes, um sie abzulenken. »Wichtiger ist, wie geht es dir und Howard?«
    Das klappte. Sie schüttelte den Kopf und seufzte. »Kannst du das glauben? Ich habe mich wie eine eingebildete Ziege benommen, aber er liebt mich immer noch. Ich bin wirklich das beneidenswerteste Mädchen auf der ganzen Welt. Und
er ist sehr nett zu mir, seitdem ich ihm erzählt habe, dass ich nicht in

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