Engel aus Eis
Vielleicht um jemanden zu schützen?« Martin zuckte mit den Achseln.
»Hm …« Patrik blätterte weiter in den Unterlagen. »Und die Ermittlungen im Mordfall Erik Frankel? Seid ihr damit weitergekommen?«
»Das kann man eigentlich nicht behaupten«, antwortete Martin kleinlaut und ließ Maja auf seinem Schoß hüpfen. »Paula sieht sich Schwedens Freunde gerade etwas genauer an, wir haben mit den Nachbarn gesprochen, aber es kann sich keiner erinnern, etwas Ungewöhnliches gesehen zu haben. Nun wohnen die Brüder Frankel ja so abgelegen, dass ohnehin wenig Hoffnung bestand, dass jemand etwas aufgefallen sein könnte, und unsere Befürchtungen haben sich leider bestätigt. Alles andere hast du hier.« Er zeigte auf die Papiere, die wie ein Fächer vor Patrik auf dem Tisch ausgebreitet lagen.
»Was ist mit Eriks Finanzen?« Er zog das unterste Blatt heraus. »Nichts Seltsames?«
»Nein, nicht direkt. Vor allem das Übliche. Rechnungen, einzelne kleinere Abhebungen, du weißt schon.«
»Keine größeren Summen, die bewegt wurden?« Patrik studierte sorgfältig die Zahlenreihen.
»Nein, das Einzige, was ein wenig auffällt, ist eine monatliche Zahlung. Die Bank hat gesagt, Erik hat dieses Geld regelmäßig seit fast fünfzig Jahren überwiesen.«
Patrik stutzte und sah Martin an. »Fünfzig Jahre? Wohin hat er das Geld denn überwiesen?«
»Offenbar an eine Privatperson in Göteborg. Der Name müssteauf einem Zettel stehen«, sagte Martin. »Es waren keine großen Summen. Es ist zwar im Laufe der Jahre mehr geworden, aber nun waren es etwa zweitausend Kronen. Es hörte sich nicht an wie ein … Ich meine, es wird sich wohl kaum um Erpressung oder so etwas handeln. Wer bezahlt schon fünfzig Jahre …?«
Martin merkte selbst, wie dünn seine Ausführungen klangen, und hätte sich am liebsten geohrfeigt. Er hätte diese Überweisung überprüfen müssen. Aber besser spät als nie.
»Ich kann ihn heute anrufen und fragen, was dahintersteckt.« Martin setzte Maja auf sein anderes Bein, weil das, auf dem sie bis jetzt herumgeturnt war, allmählich taub wurde.
Patrik schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Weißt du was? Ich brauche sowieso ein bisschen Bewegung.« Er klappte den Ordner auf und nahm sich den Zettel. »Der Mann, dem das Geld überwiesen wurde, heißt Wilhelm Fridén. Ich kann morgen hinfahren und persönlich mit ihm sprechen. Die Adresse steht ja hier.« Er wedelte mit dem Zettel. »Die ist doch aktuell?«
»Das müsste sie sein, ich habe sie nämlich von der Bank bekommen«, sagte Martin.
»Gut, dann fahre ich da morgen hin. Es könnte sich um eine heikle Angelegenheit handeln, die man besser nicht am Telefon bespricht.«
»Okay, wenn du willst und kannst, bin ich dir dankbar«, sagte Martin. »Aber was machst du mit …?« Er zeigte auf Maja.
»Das Mädchen kommt mit.« Patrik strahlte seine Tochter an. »Wir nutzen die Gelegenheit und besuchen Tante Lotta und ihre Kinder. Das wird ein Spaß!«
Maja gurgelte zustimmend und klatschte in die Hände.
»Dürfte ich den ein paar Tage behalten?« Patrik zeigte auf den Ordner. Martin überlegte. Wahrscheinlich war es kein Problem, denn er hatte von fast allen Dokumenten Fotokopien.
»Klar. Und sag Bescheid, wenn du noch etwas entdeckst, das wir uns näher ansehen sollten. Wenn du diese Sachen in Göteborg überprüfst, fragen wir Frans und Axel, was Britta und Herman von ihnen wollten.«
»Aber frag Axel erst nach dem Geld, wenn ich mehr weiß.«
»Okay.«
»Du darfst nicht den Mut verlieren«, tröstete er Martin, während er und Maja ihn zur Tür begleiteten. »Du weißt doch, wie das ist. Früher oder später findet sich das Puzzleteil, das einem für die Auflösung gefehlt hat.«
»Ich weiß«, seufzte Martin, klang aber nicht richtig überzeugt. »Es ist nur so ein ungünstiges Timing, dass du ausgerechnet jetzt nicht da bist. Wir könnten dich gut gebrauchen.« Er lachte, damit es nicht so dramatisch klang.
»Glaub mir, du schaffst das schon. Und wenn du dann in Windelbergen versinkst, gebe ich in der Dienststelle wieder Vollgas.« Augenzwinkernd machte Patrik die Tür hinter Martin zu.
»Stell dir vor, wir zwei fahren morgen nach Göteborg«, trällerte er und machte mit Maja auf dem Arm ein paar Tanzschritte. »Wir müssen es nur noch Mama verkaufen.«
Maja nickte.
Paula war unheimlich müde. Und angewidert. Sie hatte stundenlang im Internet gesurft, um etwas über hiesige rechtsradikale Organisationen und vor allem über Schwedens
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