Engel aus Eis
die Tassen ins Spülbecken und zögerte einen Moment. Schließlich zog er sein Portemonnaie aus der Hosentasche, nahm eine Visitenkarte heraus und reichte sie Johanna.
»Sollten Sie … Schwierigkeiten bekommen … falls irgendetwas passiert … Ich nehme zwar an, dass Paula und Rita in ständiger Bereitschaft sind, aber …«
Verdutzt nahm Johanna das Kärtchen entgegen, und Mellberg eilte in den Flur. Er wusste selbst nicht, wie er auf diesen Gedanken gekommen war. Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass er in seiner Handfläche noch immer die Tritte spürte.
»Komm her, Ernst«, rief er barsch und trieb den Hund aus der Wohnung. Dann schloss er die Tür, ohne sich zu verabschieden.
Martin starrte die Verbindungsnachweise an. Sie bewiesen zwar nicht, dass das, was sein Bauch ihm gesagt hatte, stimmte, aber auch nicht das Gegenteil. Kurz bevor Erik Frankel ermordet worden war, hatte jemand von Brittas und Hermans Telefon aus den gemeinsamen Anschluss von Axel und Erik angerufen. Zwei Anrufe waren registriert worden, und vor wenigen Tagen mussten entweder Britta oder Herman noch einmal bei Axel angerufen haben. Es war auch ein Anruf bei Frans Ringholm registriert worden.
Martin blickte ruhig aus dem Fenster, schob seinen Stuhl nach hinten und legte die Füße auf den Schreibtisch. Er hatte den Vormittag damit verbracht, alle Unterlagen, Fotos und das restliche Material durchzugehen, das sie im Laufe der Ermittlungen im Mordfall Erik Frankel gesammelt hatten. Bevor er nicht eine mögliche Verbindung zwischen den beiden Morden gefunden hatte, wollte er nicht aufgeben. Dazu war er fest entschlossen. Doch bis jetzt hatte er nichts entdeckt. Abgesehen von den Telefonaten.
Frustriert warf er die Liste auf den Tisch. Er hatte das Gefühl,sich in eine Sackgasse manövriert zu haben, und wusste, dass Mellberg ihm nur erlaubt hatte, die Umstände von Brittas Tod etwas näher zu untersuchen, damit er den Mund hielt. Genau wie alle anderen war er offenbar überzeugt davon, dass der Ehemann der Schuldige war. Herman hatten sie jedoch noch nicht verhören können. Er lag im Krankenhaus und befand sich laut den Ärzten in einem schweren Schockzustand. Sie mussten also brav warten, bis die Mediziner der Meinung waren, dass er eine Vernehmung verkraften würde.
Das Ganze war ein verfluchtes Chaos, und er wusste nicht, wo er anfangen sollte. Er fixierte den Ermittlungsordner, als wollte er ihn beschwören, etwas von sich zu geben, als ihm plötzlich eine Idee kam. Natürlich! Dass er nicht früher darauf gekommen war.
Fünfundzwanzig Minuten später bog er in die Einfahrt von Erica und Patrik ein. Er hatte Patrik aus dem Auto angerufen, um sicherzugehen, dass er auch zu Hause war. Nun öffnete er beim ersten Klingeln. Maja, die er auf dem Arm hatte, winkte mit beiden Händen, als sie den Besuch erkannte.
»Hallo, Kleine.« Martin wackelte mit den Fingern. Sie streckte die Arme nach ihm aus und wollte ihn gar nicht mehr loslassen, und so saß er eine Weile später mit Maja auf dem Schoß im Wohnzimmer. Patrik hatte es sich auf dem Sessel gegenüber vom Sofa bequem gemacht, beugte sich über die vielen Papiere und Fotos und rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Wo ist Erica?« Martin sah sich um.
»Äh, was?« Patrik blickte verwirrt auf. »Sie ist für ein paar Stunden in die Bibliothek gefahren. Ein bisschen Recherche für ihr neues Buch.«
»Aha.« Martin konzentrierte sich wieder darauf, Maja zu unterhalten, während Patrik in Ruhe alles durchlas.
»Du glaubst also, dass Erica recht hat?« Er blickte auf. »Meinst du auch, dass es zwischen den Morden an Erik Frankel und Britta Johansson eine Verbindung geben könnte?«
Martin überlegte einige Augenblicke, dann nickte er. »Ja, das glaube ich. Noch habe ich keine konkreten Belege dafür, aber wenn du mich nach meiner Vermutung fragst, dann bin ich fast sicher, dass es einen Zusammenhang gibt.«
Patrik nickte. »Ansonsten wäre es tatsächlich ein merkwürdiger Zufall.« Er streckte die Beine aus. »Habt ihr Axel Frankel und Frans Ringholm gefragt, worum es bei den Anrufen von Britta und Herman ging?«
»Noch nicht.« Martin schüttelte den Kopf. »Ich wollte mich erst mit dir abstimmen und mich vergewissern, dass ich nicht vollkommen auf dem Holzweg bin. Schließlich haben wir jemanden, der die Tat gestanden hat.«
»Ihren Mann, ja …«, sagte Patrik nachdenklich. »Warum sagt er, dass er sie umgebracht hat, wenn er es gar nicht war?«
»Was weiß ich?
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