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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
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anderes Ziel hast du gar nicht. Aber hat sich dadurch etwas verändert? Es sind trotzdem sechs Millionen Juden in den Konzentrationslagern umgekommen. Was bringt es, eine Frau zu suchen, die im Krieg Aufseherin war, aber jetzt als Hausfrau in den USA lebt? Wozu soll es gut sein, sie für Verbrechen vor Gericht zu zerren, die sie vor über sechzig Jahren begangen hat?«
    Axel schluckte. Meistens war er vom Sinn seines Tuns vollkommen überzeugt, aber Frans hatte einen wunden Punkt berührt. Er stellte die Fragen, die ihm in schwachen Momenten auch manchmal durch den Kopf gingen.
    »Es schenkt den Angehörigen Frieden. Und es ist ein deutliches Signal, dass wir als Menschen nicht alles hinnehmen.«
    »Schwachsinn.« Frans steckte die Hände in die Taschen. »Glaubst du etwa, dass es jemanden abschreckt? Außerdem ist die Gegenwart viel dominanter als die Vergangenheit. Es liegt in der menschlichen Natur, nicht an die Konsequenzen des eigenen Tuns zu denken und aus der Geschichte nichts zu lernen. Was heißt schon Frieden? Wenn man nach sechzig Jahren immer noch keinen Frieden gefunden hat, findet man ihn nie. Dafür ist jeder selbst verantwortlich. Man kann nicht einfach auf irgendeine Wiedergutmachung hoffen und erwarten, dass der innere Frieden sich dann einstellt.«
    »Das sind zynische Worte.« Auch Axel steckte die Hände in die Manteltaschen. Er bibberte ein wenig. Der Wind war kalt geworden.
    »Du sollst doch nur begreifen, dass hinter all den edlen Zielen,denen du angeblich dein Leben gewidmet hast, ein höchst primitives und menschliches Grundgefühl steckt: Rache. Ich glaube nicht an Rache. Meiner Meinung nach sollten wir uns nur auf Dinge konzentrieren, die im Jetzt etwas bewirken.«
    »Und das tust du deiner Ansicht nach?« Axels Stimme klang scharf.
    »Wir stehen auf verschiedenen Seiten«, erwiderte Frans trocken. »Um deine Frage zu beantworten: Ja, ich denke, dass ich das tue. Ich übe keine Rache, ich bewirke etwas. Ich bereue nichts. Ich blicke in die Zukunft und orientiere mich an den Dingen, an die ich glaube. Da du an etwas ganz anderes glaubst, kommen wir zwei nie zusammen. Unsere Wege haben sich vor sechzig Jahren getrennt und werden sich nie wieder kreuzen.«
    »Wie ist es dazu gekommen?« Axel schluckte.
    »Das versuche ich dir doch gerade zu erklären. Es spielt keine Rolle warum, es ist eben so. Wir können nur noch versuchen, etwas zu bewirken und zu überleben. Zurückzublicken ist sinnlos. Es bringt nichts, uns in Schuldgefühlen zu suhlen oder zu spekulieren, ob alles anders hätte kommen können.« Frans blieb stehen und zwang Axel, ihn anzusehen. »Du darfst nicht zurückblicken. Getan ist getan. Was damals war ist vorbei. Es gibt keine Reue.«
    »Das ist nicht wahr.« Axel senkte den Kopf. »In diesem Punkt hast du unrecht.«
    Der für Herman zuständige Arzt hatte ihnen nur äußerst unwillig gestattet, kurz mit Herman zu sprechen, und zwar nur unter der Bedingung, dass zwei seiner Töchter dabei waren.
    »Hallo, Herman.« Martin gab dem Mann im Bett die Hand, doch dessen Händedruck war lasch und kraftlos. »Wir sind uns bei Ihnen zu Hause begegnet, aber ich bin nicht sicher, ob Sie sich noch an mich erinnern. Dies ist meine Kollegin Paula Morales. Wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen. Sind Sie einverstanden?«, fragte er sanft. Er und Paula setzten sich ans Bett. Martin ahnte nicht, dass Erica erst vor wenigen Stunden auf diesem Stuhl gesessen hatte.
    »Ja.« Herman schien nun etwas mehr von seiner Umgebungmitzubekommen. Die Töchter hatten sich auf der gegenüberliegenden Seite des Bettes niedergelassen, und Margareta hielt die Hand ihres Vaters.
    »Unser herzlichstes Beileid«, sagte Martin. »Sie und Britta waren lange verheiratet, nicht wahr?«
    »Fünfundfünfzig Jahre.« Zum ersten Mal blitzte in Hermans Augen ein bisschen Lebendigkeit auf. »Meine Britta und ich waren fünfundfünfzig Jahre verheiratet.«
    »Könnten Sie uns vielleicht erzählen, wie es vor sich gegangen ist, als sie starb?« Paula bemühte sich ebenfalls um einen sanften Tonfall.
    Margareta und Anna-Greta sahen sie besorgt an und wollten gerade ihr Veto einlegen, als Herman abwinkte.
    Martin, der bereits festgestellt hatte, dass sein Gesicht keine Kratzspuren aufwies, versuchte einen Blick unter das Krankenhemd zu erhaschen, konnte aber keine verdächtigen Verletzungen erkennen und beschloss, mit der genaueren Untersuchung zu warten, bis das Gespräch vorüber war.
    »Ich war zum Kaffee bei

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