Engel beißt man nicht! (German Edition)
obwohl sie schon satt war. Die Stimme einer Frau an der Grenze zur Hysterie erklang nun laut genug , um von jedem Platz im Raum gehört zu werden.
„Was habt ihr mit ihm gemacht? Was habt ihr mit meinem Antonio gemacht? Mörder!“ Zwischendurch brach sie schluchzend zusammen, dann machte sie ihrer Verzweiflung neue Luft. „Wo ist er? Sagt mir sofort wo er ist!“
„Beruhige dich, Conchita. Du weißt doch ganz genau was wir tun mussten.“
Das war Jacques Stimme. Er sprach Spanisch. Antonios Frau trug nicht nur einen spanischen Namen, offenbar war sie Spanierin.
„Ich weiß gar nichts! Was habt ihr mit ihm gemacht?“
„Dir ist nicht bewusst, dass er auf Menschenjagd ging?“
Julian. Sein Spanisch verursachte Sienna eine wohlige Gänsehaut. Vielleicht war es auch nur seine Stimme generell.
Conchita murmelte etwas und brach endgültig in Tränen aus. Sienna entschied, dass es an der Zeit war sich einzumischen.
In der Eingangshalle kauerte eine kleine, schwarzmähnige Frau mit olivfarbener Haut auf dem Boden. Julian und Jacques standen ratlos daneben und sahen auf sie herab. Sienna ging neben ihr in die Hocke.
„Hallo Conchita, ich bin Sienna.“
Die Frau nahm keine Notiz von ihr. Sie war dabei , den Tod ihres Mannes zu verarbeiten, über den sie offenbar nicht alles wusste. Sienna legte eine Hand auf Conchitas Schulter. Die Frau hörte auf zu weinen, wurde aber weiterhin von Schluchzern geschüttelt. Rot um die Augen starrte sie Sienna an.
„Wo ist er?“, wollte sie wissen. „Ich muss ihn nochmal sehen.“
„Das ist keine gute Idee“, sagte Julian.
Sie sah zu ihm auf. „Das ist mir egal. Ich muss Abschied nehmen.“
Julian nickte, verstand diesen Wunsch. „Er ist im Keller. Ich werde mit dir gehen.“
Jacques und Sienna folgten mit etwas Abstand. Eine lange Treppe führte in einen gewölbeartigen Keller, in dem Wein in hohen Regalen lagerte. Sie gingen weiter und kamen zu einer eisernen Tür mit vergittertem Gefängnisfenster. Sienna warf Jacques einen Blick zu. Er zuckte mit den Achseln als wolle er sagen, dass jedes Anwesen über einen schalldichten Raum mit uneinnehmbarer Tür verfügen sollte. Jacques trat vor und öffnete die Verriegelung.
„Habt ihr Angst er könne wiederauferstehen?“, fragte sie Julian leise.
„Alles schon dagewesen“, antwortete er.
„Oh.“
Julian starrte auf ihren o-förmigen Mund. Dann glitt seine Hand unter ihr Haar, packte ihren Hinterkopf und zog sie dicht an ihn heran. Der Kontakt mit seiner Brust war nicht sanfter als hätte sie sich an die Stahltür gelehnt. Seine Lippen stülpten sich über ihre und er gab ihr einen Kuss, der sie vergessen ließ wo sie sich befand. Emotionen der Leidenschaft und des Verlangens wuschen über sie. Julians Gefühle und Begierden. Sienna genoss es, bis sie Conchita aus dem Raum schluchzen hörte. Julian ließ von ihr ab und schloss die Tür zu seinen Emotionen im selben Augenblick. Sie bewunderte ihn für seine Selbstkontrolle. Leicht außer Atem ging sie in die gruselige Gruft.
Conchita ließ Siennas Umarmung widerspruchslos geschehen. Es gab nicht viel, das sie für die Frau tun konnte, doch ihre Anwesenheit beruhigte Conchita ein wenig.
Antonio lag auf einem Tisch als wolle jemand ihn sezieren. Man hatte ihm eine Decke über die Wunde geworfen. Der Raum war mit allerlei medizinischen Gegenständen ausgestattet.
„Ich dachte das ist eine Folterkammer“, gab sie zu.
Ein Lächeln umspielte Julians Lippen. Jacques schnaubte. „Hey, wir sind doch die Guten“, sagte er mit einem Augenzwinkern.
„Ihr seid Mörder“, sagte Conchita mit erstaunlich fester Stimme. Wenn Blicke töten könnten, wäre Jacques augenblicklich mit einem irreparablen Herzschaden zusammengebrochen.
„Hast du nichts von seinem Zustand gewusst?“, fragte Sienna.
Conchita schüttelte den Kopf. „Natürlich habe ich gewusst, dass es ihn erwischt hat. Aber es gibt keinen Beweis, dass er die Kinder getötet hat und die Leute am Strand.“
„Oh doch, den gibt es“, beharrte Jacques. „Etiennes Leute haben ihn ständig beobachtet. Außerdem hat er versucht , Sienna zu töten.“
Entsetzt sah sie Sienna an. „Das wusste ich nicht. Es tut mir so l eid!“ Wieder schluchzte sie erbärmlich.
„Man kann sie so nicht allein lassen“, sagte Sienna zu Julian.
„Er war im Stress, in letzter Zeit“, berichtete Conchita zwischen Seufzern und schluchzen. „Und Ashton, dieser Idiot, war nicht gerade hilfreich.“
Die Vampire und Sienna
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