Engel_der_Elemente-1
Leben interessanter!“ Matalina zwinkerte und stand auf. „Wir sehen uns später", sagte sie und ging.
Edna wusste nicht recht, was sie nun tun sollte. Unschlüssig saß sie am Tisch. Da Anthony ja noch in die Stadt fahren wollte, könnte sie in der Zwischenzeit ebenfalls die Anrufung ausprobieren. Sie seufzte und ging hinauf zu ihrem Zimmer. Dort bereitete sie die Zeremonie vor, die Matalina ihnen erklärt hatte. Sie duschte, zog das rote Gewand über - das in weiser Voraussicht an ihrer Tür gehangen hatte - und zündete die Kerze an. Sie würde sich selbst ein solches Gewand kaufen, danach konnte sie Matalina das geliehene zurückbringen. Später würde Edna sich bei ihr für die Leihgabe bedanken.
Sie vollendete die Zeremonie mit den erforderlichen Worten und blickte in die Kerze. Zuerst dachte sie, dass sie etwas falsch gemacht haben musste. Doch sie fand sich plötzlich auf einer Wiese wieder. Es war nur ein Wimpernschlag vergangen - der Wechsel war für Edna nicht spürbar gewesen. Sie sah sich um und hatte den Eindruck, dass sich das satte Grün der Wiese scheinbar endlos erstreckte. Hier und da waren ein paar bunte Tupfer, die sich in Form von Rosenbüschen von dem Gras abhoben.
„Hallo, meine Tochter", erklang eine Stimme hinter ihr.
Sofort drehte sie sich um und blickte in ein freundliches Gesicht. Es war kaum zu übersehen, dass dieser Mann – oder Gott – ihr Vater war. Er hatte genauso blasse Haut wie sie selbst und war gleich groß. Seine roten Haare waren ein einziger, lockiger Haufen. Allerdings waren seine Augen nicht grün, wie ihre, sondern leuchtend blau. Ein wenig verwirrend war jedoch das junge Aussehen.
„Hallo, Vater.“
Mehr wusste sie nicht zu sagen, zu erstaunt war sie über seine Erscheinung. Sein Gesicht war freundlich, doch ebenso markant und herrisch. Er war kräftig wie ein Krieger und auch so gekleidet. Sein ganzer Körper schien in Leder gehüllt, seine Beine steckten in Lederhosen, die Füße in schweren Stiefeln. Seine breite Brust war von einer ledernen Weste bedeckt und an den Unterarmen trug er breite Lederbänder mit großen Schnallen. Alles war schwarz, die einzigen Farbtupfer an ihm waren die roten Haare und eintätowierte rote Flammen auf den Oberarmen. Sie waren dem Tattoo von Anthony nicht unähnlich - wobei Edna bezweifelte, dass es sich bei dem Gott wirklich um ein eintätowiertes Bildnis handelte. Darragh sah jung aus, vielleicht nur ein paar Jahre älter als sie selbst. Doch Edna wusste schon von Layla, dass die Götter ein junges Erscheinungsbild hatten.
„Ich …“, begann sie.
„Du musst nichts sagen", gab er zurück. „Darf ich dich umarmen? Darauf warte ich schon so lange.“
Edna nickte. Hatte doch auch sie immer gehofft, ihn sehen und einmal berühren zu können. Langsam kam er auf sie zu und umschloss sie mit seinen starken Armen. Sie erwiderte die Umarmung, genoss den Moment und spürte die fast greifbare Macht, die ihm innewohnte. Sie blickte über seine Schulter und sah eine Frau auf sie zukommen. Komisch, diese war ihr eben überhaupt nicht aufgefallen.
„Geliebte Edna", sagte sie.
Edna löste sich von Darragh - starrte die Frau an. „Mama?“, fragte sie.
„Ja, das bin ich.“
Jetzt sah Edna, von wem sie ihre grünen Augen hatte. Sie blickten ihr entgegen. Ansonsten hatte Olivia nichts mit ihrer Tochter gemein. Sie war etwas kleiner und hatte schwarzes Haar, das ihr bis auf die schmalen Hüften herab fiel. Ihre Haut hatte einen satten Bronzeton und ihr tatsächliches Alter war ihr ebenso wenig anzusehen, wie das ihres Vaters. Dabei musste ihre Mutter jetzt schon über fünfzig sein. Edna wünschte sich, Anthony hier bei sich zu haben, um mit ihm diesen besonderen Moment zu teilen.
„Dazu werden wir noch Gelegenheit haben", sagte ihr Vater. „Du kannst ihn gerne das nächste Mal mitbringen.“
Edna sah den Gott verständnislos an. „Kannst du Gedankenlesen?“
„Nein, es war deinem Gesicht abzulesen, das dir dein Liebster fehlt. Es freut mich sehr, dass du mit meiner Wahl zufrieden bist. Es war nicht leicht, das passende Gegenstück zu dir zu finden.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder ohne ihn zu sein", gestand Edna.
„Siehst du, genauso ist es mir mit deinem Vater gegangen. Ich wollte dich nicht hergeben, um dich niemals wieder sehen zu dürfen. Gleichzeitig wollte ich aber auch für meine Liebe zu Darragh kämpfen. Welch ein Segen, dass ich ihn davon überzeugen konnte, wie glücklich es macht, sein
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