Engel der Finsternis (German Edition)
Gemächer des Grafen.
Dort traf er wie erwartet auf Walburga, die den Befehl erhalten hatte, das zerwühlte Bett in Ordnung zu bringen und den Badezuber zu leeren und zu reinigen. Als Balam das Gemach betrat, war sie gerade dabei, sich in einem Spiegel zu betrachten.
Sie kämmte sich das verfilzte, blonde Haar mit einem der Holzkämme und summte leise vor sich hin. Da Walburga glaubte, vollkommen allein zu sein, gab sie sich ihren Gedanken hin und träumte mit offenen Augen. Es war wie jede Nacht, nur dass sie sich nun, anders als im Schlaf, tatsächlich im Wehrturm von Burg Waldenfels aufhielt.
Gerade eben hatte sie noch im Bett des Grafen gelegen. Und wäre ihre dumme, nichtsnutzige Schwester nicht hereingeplatzt, hätte sie auch in der kommenden Nacht dort liegen können. Dafür hätte sie schon gesorgt. Aber Franziska hatte einmal mehr alles zunichte gemacht. Doch der Graf würde wieder kommen. Dessen war sich Walburga sicher. Und dann hätte dieses armselige Leben im Dorf endlich ein Ende.
Walburga betrachtete ihr Gesicht im Spiegel und stellte sich vor, wie sie wohl aussehen würde mit einem Schleier auf dem Kopf. Die Haare mit duftenden Kräutern gewaschen, die Haut weich und glänzend, die Hände ohne Schwielen, Mund und Augen geschminkt. Wenn Konrad sie erst einmal so sehen würde, wäre Katharina rasch vergessen. Dann könnten auch die Spötter und Neider sagen, was sie wollten. Der Graf hätte nur noch Augen für sie und würde sie mit Geschenken überhäufen, weil er nicht mehr genug bekommen könnte von ihrem verführerischen Körper.
Walburga seufzte, als sie an all die Kleider aus feinster Wolle dachte, an Samt und Pelz. Sie legte den Kamm beiseite und legte ihre Hand auf ihren Körper. Langsam folgte sie den Linien ihrer Brüste nach unten, über den Bauch, die Hüften hinab und bis zu den Schenkeln. Sie würde die Kleider gegürtet tragen, damit ihr Busen und ihr Hintern besser zur Geltung kamen. Der Graf würde gar nicht mehr genug von ihr bekommen.
„Herr?“ Walburga fuhr erschrocken herum, als das Gesicht des Grafen im Spiegel auftauchte. Sie ließ den Spiegel sinken und stotterte wirre Entschuldigungen. Sie wusste nicht, dass es nicht Konrad war, der da vor ihr stand, sondern Balam, der die Gestalt des Grafen angenommen hatte.
Ohne ein Wort zu sagen, fasste er ihr an die Brüste und verschloss ihren Mund mit einem leidenschaftlichen Kuss. Walburga erstarrte im ersten Augenblick verblüfft. Balam riss ihre schmutzigen Kleider in die Höhe, presste sich gegen ihren bebenden Körper und stöhnte voller Verlangen.
„Nehmt mich, Herr!“, keuchte Walburga atemlos, die tatsächlich glaubte, der Graf sei zurückgekehrt. Mit hastigen Bewegungen machte sie sich an Balams Beinkleidern zu schaffen. Körper an Körper stolperten sie zum Bett hinüber und fielen übereinander her. Walburga bäumte sich auf unter ihm, reckte ihm ihre Brüste entgegen und zog ihn zu sich herab. „Konrad!“, stöhnte sie atemlos den Namen des Grafen, als er sie auf den Bauch drehte und ihre Hüften zu sich heranzog. Ein Wimpernschlag später traf ein beißender Schlag ihren blanken Hintern.
Walburga schrie auf und sprang mit einem Satz aus dem Bett. Vor ihr stand eine der Kammerfrauen und fuchtelte mit einer Gerte vor ihrem Gesicht herum. „Du schamlose Dirne! Was fällt dir ein?“
Verwirrt sah sich Walburga um. Der Graf war nirgendwo zu sehen. Hatte sie sich das alles nur eingebildet? Hatte sie etwa mit offenen Augen geträumt? Ihr blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Die Kammerfrau versetzte ihr nun einen Schlag nach dem anderen.
Walburga krümmte und bog sich unter den Hieben und bettelte um Vergebung. Schließlich ließ die empörte Kammerfrau von ihr ab und drohte ihr mit einer weiteren Tracht Prügel, falls sie nicht auf der Stelle an die Arbeit gehen würde. Auf den Knien rutschte Walburga über das feuchte Stroh und machte sich sofort daran, den Zuber auszuschöpfen.
Balam stand unsichtbar für die beiden Frauen neben dem Bett des Grafen und blickte lächelnd auf Walburga, die sich hilfesuchend im Raum nach ihm umsah. Sie zu verführen war ebenso einfach wie reizlos. Aber sie brauchten sie, um an Franzi heranzukommen.
6. Kapitel
Franzi befand sich in der Werkstatt des Kerzenziehers. Ein eiskalter Wind pfiff durch den Schuppen, denn der Meister hatte den großen Holzladen an der Vorderseite des Häuschens hochgeklappt. Er brauchte mehr Licht. Hieronymus hatte ihm den Auftrag erteilt, zwei
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