Engel der Kindheit
ihm über die sandigen Dünen hinterher. Seit einem Vierteljahr war Lena bereits auf Amrum und sie war soweit genesen, dass sie in zwei Wochen nach Hause fahren durfte. Schrecklich vermisste sie ihre kleine Babs! Jeden Tag telefonierten sie miteinander und Babs weinte vor Heimweh in den Hörer. Der Frühling hielt Einzug auf Amrum, die ersten Feriengäste wurden mit der Fähre auf die Insel befördert, der wehende Wind trug warme Luft in sich, die nach frischem Dünengras, erwärmtem Sand und Sonnenstrahlen duftete.
„Komm schon, du hast es gleich geschafft!“ Gipfelstürmend stand Krischan hoch auf der Dünenspitze, streckte die Arme in die Luft, reckte seinen kräftigen, muskulösen Körper der Sonne entgegen und sah dabei aus, wie wenn er die schnell vorbeiziehenden, weißen Wolken festhalten wollte.
Pustend kam Lena neben Krischan an und ließ sich in seine starken Arme ziehen.
„Ich fühl’ mich, wie wenn ich die Zugspitze zu Fuß bestiegen hätte.“ Schäkernd umarmte Lena Krischan, ihren Kopf lehnte sie an seine Schulter.
Über eine Stunde waren sie am Strand spazieren gegangen, hatten sich das kalte Wasser über die Gummistiefel laufen lassen, kleine, gedrehte Muscheln in dem nassen Sand gefunden und schillernde Steine aus der prickelnden, aus kleinen Bläschen bestehenden Gischt, gefischt.
„Du warst gar nicht schlecht!“ Anerkennend strich Krischan ihr das grobe, feste Blondhaar aus der Stirn, seine Hand berührte zärtlich ihre Wange. Tief sah er ihr in die Augen, ganz vorsichtig senkte er seine Lippen auf ihren Mund.
Bei dieser Berührung zuckte Lena zurück. „Nicht, Krischan! Ich bin noch nicht gesund!“
„Doch, Tobias hat mir gesagt, dass deine Entzündung abgeheilt ist und du nicht mehr ansteckend bist!“ Sehnsuchtsvoll hob er ihr schmales Kinn an, sah ihr in die dunkelviolett schimmernden Augen und kostete erneut ihre Lippen.
Graue Schleier senkten sich über Lenas Augen, sie schloss ihre Lider, er sollte ihre Tränen nicht sehen, wenn sie versuchen würde, ihn zu küssen.
Seidenweich hauchten seine warmen Lippen kleine Küsse auf ihren Mund, beinahe schüchtern suchte seine Zunge den Zugang zu ihren Lippen. Bittend strich er darüber, bis Lena ihren inneren Kampf aufgab und ihr den Eingang gewährte. Rau zog Krischan sie in seine Arme, leidenschaftlich stöhnte er auf, versank in der Weichheit ihres Mundes, ihre Zungen rieben sich weich und erforschend aneinander.
„Lena! Ich liebe dich!“ Flüsterte er die Worte an ihr Ohr, presste ihren zerbrechlichen Körper an sich, seine großen, kräftigen Hände wanderten über ihren Rücken. Zärtlich schmiegte Lena sich an seine Brust, genoss die Kraft, die von seinem Körper ausging und die Berührungen, mit der er sie streichelte.
Sie hob den Kopf, sah ihm tief in die Augen und er erkannte die stumme Bitte darin, ihr Zeit zu geben und nichts zu überstürzen.
„Ich werde warten, bis du bereit bist!“ Genüsslich schloss Krischan die Augen, atmete ihren süßlichen, verführerischen Duft ein und war überglücklich, sie zum ersten Mal in seinen Armen halten zu dürfen. Streichelnd fuhren seine Hände durch ihre raue, offene Mähne, deren Haare so weich erschienen und sich doch unglaublich fest und kräftig anfühlten.
„Kommst du zum Mittagessen mit zu mir?“ Flehend sah er sie an, doch Lena schüttelte verneinend den Kopf.
„Gehst du dann heute Abend mit mir zum Essen?“
Schmunzelnd sah Lena ihn an, sie konnte diese Bitte unmöglich ausschlagen, nachdem, wie rührend und aufopferungsvoll er sich in den letzten Wochen um sie gekümmert hatte. „Aber nur zum Essen!“
Hand in Hand liefen sie zurück zur Kurklinik. Mit einem innigen Kuss verabschiedete Krischan sich von ihr. In der Aufzuchtstation kamen jeden Tag neue Heuler an und er musste sich darum kümmern.
Pünktlich um sieben klopfte Krischan an Lenas Türe.
Sie öffnete ihm mit einem Lächeln. Erfreut zog er sie in die Arme, schloss die Türe hinter sich und küsste sie ausgiebig. Zurückhaltend erwiderte Lena seinen zärtlichen, liebevollen Kuss, sie fuhr ihm durch seine unbändigen, blonden Locken, bevor sie ihn von sich schob.
„Ich dachte, wir gehen zum Essen?“ Ein vergnügtes Blitzen stand in ihren Augen. Heimlich musterte sie den großen, breitschultrigen Mann der vor ihr stand und versuchte, ihn mit anderen Augen zu sehen. So gerne wollte sie nicht mehr den lieben Freund, den großen Bruder in ihm sehen, ihr Herz sollte wild schlagen, wenn sie ihn
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