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Engel der Kindheit

Engel der Kindheit

Titel: Engel der Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skyla Hegelund
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ausreichte. Schmerzhaft zuckte Nils unter ihren Berührungen zusammen. Obwohl sie äußerst vorsichtig und liebevoll über seinen Rücken fuhr, litt er unsägliche Schmerzen. An zwei Tagen hintereinander war er nun von seinem Vater verprügelt worden. Meist gönnte er ihm dazwischen eine Woche.
    „Ich bin fertig! Es tut mir so leid, dass ich dir wehgetan habe!“ Leise flüsternd kamen die Worte aus ihrem kleinen Mund. Überlegend sah sie auf ihre Hände, an denen die Reste der weißen Creme schimmerten, suchte einen alten Lappen und wischte daran ihre Hände ab.
    „Danke, du konntest ja nichts dafür! Es ist nur, weil es zwei Tage hintereinander..., Engelchen, die Frau vom Jugendamt wird mich mitnehmen!“, brach es aus ihm heraus. „Ich möchte aber doch nicht von meiner Mama weg! Engelchen, ich möchte nicht weg!“ Verzweifelt legte er die Hände vor seine Augen, damit sie seine Tränen nicht sehen sollte. Wieder und immer wieder schrie sein Vater ihn an, dass er eine armselige Heulsuse wäre, ein verweichlichter Waschlappen, nur Mädchen würden weinen. Was er denn da gezeugt hätte, Jungen müssten hart sein, müssten Schmerzen ertragen können und sich wehren, aber er, er würde nur am Rockzipfel seiner Mama hängen und weinen! Damit wäre jetzt Schluss! Er würde ihm beibringen, was ein Mann war.
    Wie er es ihm beibrachte, spürte er jeden Tag. Kaum konnte er sich wieder bewegen, kaum waren die Wunden verheilt, zeigte er ihm erneut, was ein Mann auszuhalten hatte.
    „Ich möchte nie groß werden! Ich möchte nie Kinder haben! Ich... am liebsten wäre ich tot!“
    „Nils, bitte nicht! Bitte, sag so etwas nicht, ich habe dich doch lieb! Bitte, ich werde dir helfen! Aber sag nicht, dass du gerne tot wärst! Niemand ist gerne tot!“ Federleicht, um ihm ja nicht wehzutun, schmiegte sie ihren blonden Lockenschopf an seine Schulter.
    „Wie soll es denn weitergehen? Ich möchte nicht weg! Ich möchte hier bleiben! Warum muss ich weg, nur weil mein Vater mich schlägt? Warum muss nicht er weg? Warum, Engelchen?“ Bitter kamen die Worte über seine Lippen. Zu reif für sein Alter, zu gekennzeichnet von den Schmerzen, die er ertragen musste, wusste er instinktiv, dass wieder der falsche Teil bestraft werden würde. Wieder er! Immer er, obwohl er nie etwas tat, was nicht Recht gewesen wäre.
    „Ich möchte auch nicht, dass du weggehst! Ich verstehe das nicht, warum sollst du weg?“ Beinahe putzig, sahen ihre Augen ihn fragend an.
    „Weil mein Vater mich schlägt, will mich die Frau vom Jugendamt mitnehmen, wohin weiß ich nicht! Aber ich mag sie nicht! Sie sieht so streng aus!“ Vergeblich versuchte Nils die Tränen zurückzuhalten, die ungehindert über seine Wangen liefen. „Ach, Engelchen!“ Noch immer lehnte ihr Kopf an seiner Schulter, er legte den Arm um sie, klammerte sich an dem kleinen Mädchen fest und hoffte, es würde ihm Halt und Trost geben.
    Das Licht der Taschenlampe verglühte, stockdunkel war es nun in dem kalten, modrigen Schuppen. Ängstlich schmiegte Lena sich dicht an Nils, den sie an ihrem Rücken spürte, seitlich lag er auf der Matratze, seine Arme beschützend um sie gelegt.
    Irgendwann schlummerten beide friedlich ein. Neben ihnen huschten Mäuse durch den Schuppen, Spinnen webten ihre glitzernden, filigranen Netze in die Ecken. Käfer, Mücken und Motten flogen von einer Wand zur nächsten, Würmer und Schnecken bewegten sich schleppend über den unebenen Lehmboden.

2. Kapitel    
    „Schnell, Lena, du musst aufstehen! Lauf, es wird Zeit!“
    Die dunkle, tiefe Stimme weckte das heran blühende Mädchen aus dem Schlaf.
    Genau sieben Jahre waren seit jenem Abend vergangen, den sie das erste Mal zusammen in dem dunklen Schuppen verbracht hatten. Seither hatte Lena unzählige Nächte mit Nils hier verbracht, stets hatte sie ihn mit Essen versorgt, seine Wunden verarztet und in langen Gesprächen waren sie ins Teenageralter herangewachsen. Ihre geheimsten Gedanken und Gefühle breiteten sie in der Dunkelheit voreinander aus. Eng vertraut wussten und fühlten sie die Stimmungen und Sorgen des anderen, wie ihre eigenen. In den kalten Winternächten hatten sie sich in Lenas Zimmer geschlichen. In deren warmen Bett waren sie geborgen unter der weichen Daunendecke eingeschlafen. Niemals hatten ihren Eltern etwas von alledem bemerkt. An den Abenden, an denen Nils die Schläge seines Vaters zu spüren bekam, entzündete sich bei Lenas Eltern jedes Mal aufs Neue eine Diskussion, um im

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