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Engel der Kindheit

Engel der Kindheit

Titel: Engel der Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skyla Hegelund
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gerade zärtlich tätschelte Mikele Svens Wangen. Im Inneren des mächtigen Schiffes wurden sie schwankend hin und her gerissen.
    Leise, unverständlich, kamen knurrende, ächzende Töne über Svens Lippen. Solange trat Mikele mit dem Fuß nach ihm, bis er die Augen aufschlug.
    „Jetzt haben wir euch wieder! Auf, seht zu, dass ihr trockene Klamotten anbekommt, ihr werdet nachher wieder raus müssen! Hier wird nicht geschlafen!“ Erbarmungslos trieb Mikele sie an und doch hatte sich sein barscher Ton verändert, auch wenn er das vor sich und den anderen Seeleuten nie zugegeben hätte.
    Nahezu unmöglich gestaltete sich ihr Vorhaben, zu ihrer Kajüte zu kommen, da das Schiff steil auf den Meeresgrund gezogen wurde und im nächsten Moment vertikal herauskatapultiert wurde.
    Verkrampft umfassten sie die Taue im Flur, Zentimeter für Zentimeter erkämpften sie sich mühsam, bis sie ihre Pritschen erreichten. Erleichtert zogen sie ihre durchweichten Uniformen aus, wurden über den Boden geschleudert, kamen in den Ecken zum Liegen, wurden fortgerissen und über die Planken gezerrt, während sie trockene Kleider überzogen.
    Mühsam zogen sie sich an den rauen Tauen zu der Kombüse zurück, in der ihre Kameraden dichtgedrängt um den blankgescheuerten Holztisch saßen. Greifbare Schwaden trieben durch die rauchgeschwängerte Luft in dem engen, stickigen Raum. Wild quietschend, Metall rieb auf Metall, schaukelte über dem Tisch die mit Petroleum gefüllte Hängelampe von einer Seite zur anderen.
    „Na, der erste Sturm! Du hältst dich ganz gut! Bisher bist du noch nicht grün im Gesicht!“ Johns Hand klatschte auf seinen Schenkel, wie er es immer tat, wenn er meinte, einen besonders gelungen Witz gemacht zu haben.
    „Alles okay!“ Davon abgesehen, dass Nils sich vor Angst beinahe in die Hose gemacht hätte und vor einer halben Stunde ohne Mikeles schallende Ohrfeige erstickt wäre, fühlte er sich jetzt wieder passabel. Wenn er daran dachte, wieder in diesen barbarischen Sturm zu müssen, bekam er es erneut mit der verzehrenden Angst zu tun, die ihn an Deck ergriffen hatte.
    Die ganze Nacht hindurch wütete der schlimmste Orkan, der die Santa Barbara jemals erfasst hatte.
    An Schlaf war nicht zu denken, ein Großteil der Mannschaft saß in der kleinen Kombüse, rauchten Zigaretten und stopften sich umständlich ihre Pfeifen, zogen daran und pusteten den rauchschwarzen Dunst aus ihren Lippen. Unter der niederen Decke sammelten sich die grauweißen, tränentreibenden Schleierschwaden und füllten alle Ritzen und Winkel aus. Zur Unterhaltung sponnen die erfahrenen Seemänner ihr Seemannsgarn und ergötzten sich an den Mienen der jungen Matrosen über ihre Schauergeschichten.
    Auf der Brücke kämpfte der Kapitän mit seinen Offizieren und Steuermännern verzweifelt gegen das wütende, tödliche Meer an, das sein Schiff an den Grund der See ziehen wollte, doch er gewann den aussichtslos scheinenden Kampf.
    So plötzlich, wie der Orkan gekommen war, so plötzlich legten sich die Wellen, der Himmel klarte auf, die finsteren Wolken verzogen sich, friedlich blies der Wind aus nördlicher Richtung. Den warmen Guineastrom hatten sie hinter sich gelassen, der kältere Benguelastrom empfing sie auf dem weiten Meer vor Libreville, das auf dem Breitengrad des Äquators lag.
    Gebeutelt liefen sie in den Hafen ein, um die Santa Barbara in einer Werft überprüfen zu lassen.
    Bis zum nächsten Tag hatten sie Landgang.
    Nils und Sven nützten die Zeit, um die unglaubliche Schönheit des heißen Afrikas zu erkunden. Gemeinsam mieteten sie sich einen Jeep und fuhren zu dem Beginn des tropischen Regenwaldes. Fasziniert von der unbeschreiblichen Vegetation, der exotischen, wildblühenden Flora und der noch nie von ihnen gesehenen, unvorstellbaren Vielzahl an bunten Vögeln, kamen sie gegen Abend wieder im Hafen an. Unbeschadet hatte die Santa Barbara den Sturm überstanden, festvertäut lag sie an dem langen Pier.
    Vollkommen übernächtigt sanken Nils und Sven auf ihre Pritschen und fielen sofort in einen traumlosen Schlaf.
    Vor Kapstadt sah Nils seinen ersten Wal, der mächtig neben der Santa Barbara aus dem Meer auftauchte und klatschend die Wassermassen verdrängt, als der massige Körper wieder eintauchte. Die meterlange, waagrecht stehende Schwanzflosse, versank elegant in der beinahe unendlichen Tiefe.
    Neben ihnen tauchten zwei weitere Wale an die Wasseroberfläche. Fasziniert hielt Nils vom Korb der Hauptmasten Ausschau nach den

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