Engel der Kindheit
Heulers.
„Du kannst nichts dafür, es ist nur Imke, die Jagd auf mich macht, während Torsten nach ihr schmachtet.“ Belustigt blitzten seine Augen auf, er hauchte Lena einen Kuss auf die kleine Stupsnase, die kurz und gerade in ihrem Gesicht stand.
„Krischan, bitte nicht! Es hat sich nichts geändert und jetzt denke ich, dass es doch besser gewesen wäre, wenn ich dieses Jahr nicht gekommen wäre!“ Bedauernd legte Lena den Kopf schräg und sah zu Krischan auf, der beinahe einen Kopf größer als sie war.
„Untersteh dich! Ich habe deiner Ankunft entgegengefiebert!“
Zum ersten Mal war Lena froh, wieder nach Hause fahren zu können. Zwar hatte Krischan sie nicht bedrängt, aber sie war kaum in der Lage gewesen, ihre Zeit nach ihren Wünschen einzuteilen. Liebevoll hatte er sich um Babs gekümmert, aber Lena spürte, dass seine Anstrengungen ihr galten. Auf diesem Weg wollte er ihr zeigen, was für ein idealer Vater er für ihre Tochter wäre.
Wenn sie abends mit ihm ausgegangen war, musste sie ihn stets davon abhalte, sie nicht in die Arme zu ziehen und zu küssen.
„Krischan ist wirklich ein reizender junger Mann!“ Nach wie vor war Sonja bemüht, ihre Tochter durch kleinere Bemerkungen von ihrer Liebe zu Nils abzubringen.
„Mama, er ist für mich wie ein Bruder, mehr nicht!“ Genervt stand Lena an der Reling der Fähre und sah die sich entfernende Insel, auf der sie dieses Jahr nicht glücklich gewesen war. In vollen Zügen hatte Babs den Aufenthalt am Meer genossen, den weichen, feinen Sand und die hohen Dünen mit Spaß erkundet, während Lena sich wünschte, Zuhause geblieben zu sein.
„Er ist so hilfsbereit, so freundlich, stets höflich und korrekt, liebt Tiere wie du, und dass er in dich verliebt ist, sieht man ihm sofort an! Er würde dich auf Händen tragen!“ Auffordernd fasste Sonja nach Georgs Hand, die auf ihrer Schulter lag,
drückte sie fest, um ihn zu animieren, ihr zu helfen, doch Georg tat, wie wenn er es nicht bemerkte. Viel zu gut kannte er seine Tochter, wusste, dass sie nur nach ihrem Herzen entscheiden würde. Außerdem wusste er auch, dass ihr Herz entschieden hatte, unumstößlich! So war sie, sein Engelchen!
„Mama, nicht schon wieder, bitte!“ Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten. So setzte Lena sich aber nur auf die Holzbank, nahm Babs auf ihren Schoß und schloss die Augen. Ständig von ihrer Mutter gedrängt zu werden, Nils zu vergessen, hatte sie einfach satt. Nächstes Jahr würde sie nicht nach Amrum fahren! Und wenn sie stattdessen zuhause bleiben würde!
„Babs, komm zur Momi und zum Pops!“ Augenzwinkernd streckte Sonja ihrer Enkeltochter die Arme entgegen, Babs ließ sich gerne von ihr über Deck tragen, während Lena ihren Gedanken nachhing.
Momi und Pops waren die Kosebezeichnungen, die Lena für ihre Mutter und ihren Vater ausgesucht hatte, da sie beide für zu jung fand, um Oma und Opa genannt zu werden. Sie wären selbst noch in der Lage gewesen, Eltern zu werden, als ihr Enkelkind geboren wurde. Viele Paare entschlossen sich heutzutage zu einer späten Elternschaft.
13. Kapitel
Nils hatte sein Studium abgeschlossen! Endlich! Mit großem Erfolg hatte er sämtliche Abschlussarbeiten bestanden. Die letzten eineinhalb Jahre hatte er hauptsächlich in den verschiedenen Büros zugebracht, die sich mit den Konstruktionen der neuesten Segeljachten beschäftigten. Alle Abteilungen der Reederei hatte er durchwandert und mehr als ein Mal hatte er sich über Samuel Rodney gewundert, der penibel darauf achtete, dass er akribisch in alle Belange eingearbeitet wurde.
Heute würde Samuel Rodney sogar ihm zu Ehren einen Ball veranstalten, bei dem dieser ihm die bekanntesten Persönlichkeiten Australiens vorstellen wollte.
Nur verwundert hatte Nils Samuel Rodney angesehen, sich höflich verneigt und dankend die Einladung angenommen. Seit ihrer Auseinandersetzung wegen der `Charlotte´ hatte sich ihr Umgang zueinander verändert. Unbestimmt hatte Nils das Gefühl, mehr von ihm beachtet und anerkannt zu werden.
Gereizt stand Nils vor dem Spiegel in seinem kleinen Zimmer und band sich umständlich, bereits zum zehnten Mal, den Krawattenknoten.
Wenn nur Lena da wäre! Mit geschickten Fingern würde sie ihm diesen Knoten binden, dabei tief in seine Augen sehen, sich an ihn lehnen und ihn verlangend küssen. Mehr, als er in Worte fassen konnte, vermisste er sie! Nicht mehr lange, dann würde er sie zu sich holen! Wenn
Weitere Kostenlose Bücher