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Engel der Kindheit

Engel der Kindheit

Titel: Engel der Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skyla Hegelund
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Nils Freundin? Ich weiß alles! Ich habe alles gesehen! Damals! Du hast ihm immer geholfen!“ Vollkommen klar war ihr Blick, ebenso wie ihre Worte. So durchdringend sah sie Lena an, dass sie unter dem Blick erschauerte.
    „Ja! Ich bin Nils Freundin!“ Beruhigend sprach Lena auf die Frau ein, die ihre Fingernägel schmerzhaft in ihre Arme krallte.
    „Du weißt, wo er ist! Mit dir ist er nicht böse! Ich habe alles falsch gemacht! Alles! Der arme Junge! Ich bin nicht mit ihm gegangen, als er mich eingeladen hat, ihn zu begleiten, am Tag, bevor er gegangen ist,... für immer! ... Das Kind, die Augen!... Das sind Nils Augen! Sie ist seine Tochter! Ich weiß es! Ich weiß es! Sage es mir, bevor ich gehen muss! ... Habe ich Recht? ... Und wie geht es meinem Sohn?“ Flehend sahen die sterbenden Augen Lena an. Eindringlich bettelten sie darum, die Wahrheit zu erfahren, die sie mit in ihr Grab nehmen würde. Deutlich spürte Lena, wie die Kraft aus ihr wich.
    „Ja, sie ist Nils Tochter! Es geht ihm gut! Er lebt in Australien, studiert und arbeitet dort! ... Er hat sie immer geliebt!“ Bevor Frau Keller die Augen für immer schloss, flüsterte sie Lenas letztes Wort noch einmal. „Geliebt!“ Durch ihren Körper ruckte es eigenartig, ihre Hände lösten sich langsam von Lenas Armen, entspannt sank ihr Kopf zur Seite, starr und gebrochen sahen die Augen zum wolkenbedeckten Himmel. All ihren Mut nahm Lena zusammen, berührte die geöffneten Augenlider und drückte sie vorsichtig zu. Ergriffen spürte Lena, wie leicht und schwerelos sich von Frau Kellers Körper die Last löste, die sie gefangen gehalten hatte.
    „Mami!... Das?“ Weinend streckte Babs, die alles beobachtet hatte, ihre Arme aus, wollte zu ihrer Mutter, die auf der anderen Seite des Zaunes kauerte.
    „Ich komme, mein Engelchen!“ Einen letzten Blick warf sie auf die Tote, dann eilte sie zu ihrer Tochter, hob sie rasch auf ihren Arm und eilte zurück zum Haus. Besorgt drückte sie sie an sich, tröstend strich sie ihr über die gelockten Blondhaare.
    „Frau Keller ist gestorben! Ich muss... einen Arzt rufen!“ Verwirrt sah Lena ihre Mutter an, die im Gartenstuhl auf der Terrasse saß und nichts von dem Geschehen mitbekommen hatte.
    „Mein Gott!“ Kreidebleich sprang Sonja auf und nahm Babs auf ihren Arm, die Lena ihr reichte.
    Der Arzt, die Polizei und ein Bestatter trafen nahezu zur gleichen Zeit am Unglücksort ein. Aufgewühlt gab Lena den Beamten Auskunft, Babs war bei ihrer Mutter in Sicherheit.
    Traurig sah Lena zu, wie Frau Keller in einen Stahlsarg verladen wurde. Tränen schossen ihr in die Augen. Nun würde Nils nie wieder seine Mutter sehen!
    Vier Tage später fand die Trauerfeier statt. Niemand, außer Lena und ihrer Mutter, wohnte der kleinen Predigt bei. Am selben Tag war Herr Keller in ein Pflegeheim eingewiesen worden. Die Mitteilung über den Tod seiner Frau hatte er nicht wahr genommen, vollkommen in seiner eigenen Welt abgeschottet, war er auf dem Bett gelegen und ließ den Transport unbeteiligt über sich ergehen.
    „Jetzt steht das Haus leer! Für Nils, wenn er wieder zurückkommen möchte!“ In Schwarz gekleidet, saß Sonja neben Lena im Auto, sie fuhren von der Trauerfeier zu ihrem Haus zurück.
    „Das kann ich mir nicht vorstellen! Er hat einen Vertrag unterschrieben, dass er nach dem Studium weitere fünf Jahre dort beschäftigt ist. Diesen Vertrag würde Nils nie brechen!“ Lächelnd warf Lena einen kurzen Blick zu ihrer Mutter.
    Zu genüge kannte sie die Einstellung von ihr, was ihre Liebe zu Nils betraf. Meist waren es nur kurze Andeutungen, die sie gegenüber Lena äußerte, doch daraus war zu hören, wie sehr sie sich einen anderen Mann für Lena wünschte. Ganz begeistert war ihre Mutter von Krischan, der Lena letzten Sommer nach allen Regeln der Kunst umworben hatte. Es war nicht bei einem nochmaligen Ausgehen geblieben, Krischan hatte sie beinahe jeden Tag zu irgendwelchen Unternehmungen, Ausflügen oder gemütlichen Abendessen abgeholt. Lange hatte Lena dieses Jahr gezweifelt, ob sie mit nach Amrum fahren sollte, aber sie genoss den Aufenthalt auf der Insel und freute sich, Babs die kleinen Seehunde zeigen zu können.

 
     
    Von Dagebüll aus dauerte die Fahrt mit der Fähre nach Amrum eineinhalb Stunden. Aufgeregt hüpfte Babs auf Lenas Schoß hin und her, überall entdeckte sie Neues, das sie nie zuvor in ihrem jungen Leben gesehen hatte. Am Himmel waren die Möwen, die das Schiff begleiteten und krächzend

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