Engel der Kindheit
bekommen, bezogen die Herren ihn in ihre Gespräche mit ein.
Um Marie-Luises Mundwinkel zuckte ein siegessicheres Lächeln. So hatte sie es sich vorgestellt. Ihr zukünftiger Mann sollte von der Gesellschaft akzeptiert werden! Vor über einem Monat hatte sie ihre lockeren sexuellen Beziehungen abgebrochen. Schließlich wollte sie sicher sein, dass der Erbe ihres Vaters von diesem bestimmenden, selbstsicheren Mann neben ihr war, der es gewagt hatte, ihren Vater zurechtzuweisen. Diese Eigenschaft wollte sie in dem Wesen ihres Kindes wiederfinden. Es sollte ein Sieger werden auf der ganzen Linie, sie hasste Verlierer!
„Wenn ich nun zu Tisch bitten dürfte, die Herren!“ Galant drehte Marie-Luise den Kopf, zog Nils kaum spürbar mit sich und schritt mit ihm zusammen vor der Gruppe Herren zu Tisch. Knapp bis an die Schulter reichte sie Nils, bewegte sich stolz und hochmütig in den großen Räumlichkeiten.
Zielsicher steuerte sie auf den Platz zu, den sie neben Nils einnehmen würde.
Neben ihnen nahmen die Herren mit ihren Tischdamen Platz.
Die Vorspeise, mit dem passenden Wein dazu, wurde serviert. Lautlos eilten die Ober durch die langen Reihen, nahmen jedes geleerte Glas wahr, schenkten beinahe unsichtbar nach. Wie sie auch die nacheinander folgenden Speisen reichten, von denen Nils nicht einmal wusste, was es im Einzelnen war.
Nach dem Dessert erklang leise Tanzmusik. Unauffällig machte Marie-Luise, die wie selbstverständlich ihre Hand auf Nils Schenkel gelegt hatte, ihn mit einer zuckenden Handbewegung darauf aufmerksam, dass sie mit ihm zusammen den Tanz eröffnen wollte.
Galant erhob er sich, verneigte sich vor ihr und führte sie zu der großen, spiegelglatten Tanzfläche.
Aufreizend eng schmiegte sie sich in seinen Arm, der sich um ihren Rücken legte. In Gedanken hoffte er flehend, dass ihm die richtigen Schritte einfallen würden, die Lena ihm beigebracht hatte.
Wie von selbst glitt er mühelos mit seiner Tischdame über das Parkett, Marie-Luise presste ihren Körper aufdringlich an ihn, doch Nils schenkte ihr keine Beachtung, ebenso wenig, wie er ihre Hand beachtet hatte, die sich bei Tisch auf sein Bein gelegt hatte.
„Nils, du bist der erotischste Mann, dem ich je begegnet bin!“ Rauchig flüsterte sie die gehauchten Worte an sein Ohr.
Vom Donner gerührt, meinte Nils, sich verhört zu haben. Er sah aber in dem verschleierten Blick ihrer schrägen, hellgrünen Katzenaugen, die unter dem dünnen Strich ihrer ausgezupften und mit einem Stift nachgemalten Augenbrauen vollendet zur Geltung kamen, dass sie es sehr ernst gemeint hatte. Zum ersten Mal betrachtete er sie wirklich, sah die schmale Nase, deren Ende sich leicht nach oben neigte, ihren zarten, wie weißes Porzellan schimmernden Teint und das hellgrün ihrer Iris, das ihn versuchte, in ihren Bann zu ziehen.
Gewarnt nahm Nils sich vor, auf der Hut zu sein. Ein wenig rückte er von ihr ab, sie aber folgte augenblicklich seiner Bewegung und rieb aufreizend langsam, zum Takt der Musik, ihren Unterkörper an sein Bein. Durch die Stoffe hindurch spürte Nils nahezu die Weichheit zwischen ihren Beinen. Abwechselnd wurde ihm heiß und kalt. Schummrig spürte er, wie sich sein Herzschlag beschleunigte und mahnte sich zur Vernunft. Zwar war er ein Mann, der sehr wohl auf erotische Reize reagierte, aber Zuhause wartete die Frau auf ihn, die er über alles liebte.
Als die Musik endete, wollte er sie zu ihrem Platz führen, aber Marie-Luise fächelte sich Luft zu.
„Könnten wir nicht ein wenig auf die Terrasse? Es ist beinahe unerträglich heiß hier!“ Besitzergreifend umschlang sie mit beiden Armen seinen Ellenbogen, durch eine Seitentüre kamen sie auf die weitläufige Terrasse, die einen atemberaubenden Blick über den beleuchteten Segelhafen bot. Dahinter konnte man die sagenhafte Konstruktion des Opernhauses sehen, dessen sechs weiße Spitzen, angestrahlt von den gleißenden Strahlen der Sonne, in den Himmel ragten. Die faszinierende Harbour Bridge spannte sich über den gemächlich dahinfließenden Hudson River.
„Schön hier!“ Nahezu ausgedörrt war Nils Kehle. Flüchtend lief er zu der Balustrade, stützte beide Hände auf, fühlte die Kälte des Geländers unter seinen Händen, blickte angestrengt über den Hafen, der unter ihm lag und versuchte seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen.
Drängelnd schmiegte Marie-Luise ihren verführerischen Körper an ihn. Beinahe unbedeckt war Ihr Rücken, bis zum Ansatz ihres wohlgeformten
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