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Engel Der Nacht

Engel Der Nacht

Titel: Engel Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becca Fitzpatrick
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hinaus in völlige Schwärze. Direkt vor mir konnte ich Patch atmen hören. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was er - oder was er nicht - am Leib hatte und schüttelte den Kopf, um das Bild, das sich vor meinen Augen formte, zu zerstören. »Meine Kleider sind klatschnass. Ich habe nichts anzuziehen.«
    Ich hörte das Geräusch von nassem Stoff, der wie ein Gummiwischer über seine Haut glitt. »Hab ich ein Glück.« Sein Hemd landete in einem nassen Haufen zu unseren Füßen.
    »Das hier ist wirklich peinlich«, sagte ich zu ihm.
    Ich konnte fühlen, wie er lächelte. Er stand viel zu dicht vor mir.
    »Du solltest duschen«, sagte ich. »Sofort.«
    »Rieche ich wirklich so schlecht?«
    Eigentlich roch er eher gut . Der Rauch war verschwunden, die Minze stärker.
    Patch verschwand im Badezimmer. Er zündete die Kerze wieder an und ließ die Tür angelehnt, ein Streifen Licht fiel über den Flur und eine Wand hinauf.
    Ich rutschte mit dem Rücken die Wand hinunter, bis ich auf dem Boden saß, dann lehnte ich meinen Kopf an die Wand. Ganz ehrlich, ich konnte heute Nacht nicht hierbleiben. Irgendwie musste ich nach Hause kommen. Es war falsch, mit Patch hierzubleiben, Keuschheitsgelübde hin oder her. Ich musste die Leiche der Stadtstreicherin melden. Oder nicht? Wie sollte ich eine verschwundene Leiche melden? Und was das Thema ›verrückt‹ anging - so war das sowieso die erschreckende Richtung, in die meine Gedanken gingen.

    Ich wollte mich nicht weiter mit der Verrücktheitsidee aufhalten und konzentrierte mich auf mein ursprüngliches Argument. Wie konnte ich hier in Sicherheit bleiben, während Vee mit Elliot zusammen war, in Gefahr?
    Nachdem ich einen Augenblick nachgedacht hatte, beschloss ich, dass ich diesen Gedanken umformulieren musste. ›In Sicherheit‹ war ein ziemlich relativer Ausdruck. Solange Patch da war, würde mir nichts geschehen, aber das hieß trotzdem nicht, dass ich glaubte, er würde sich als mein Schutzengel aufführen.
    Sofort hoffte ich, dass ich den Schutzengelgedanken zurücknehmen könnte. Unter Aufbietung all meiner Überredungskünste verbannte ich alle Gedanken an Engel - Schutz-, gefallene oder andere - aus meinem Kopf. Ich sagte mir, dass ich wahrscheinlich wirklich verrückt geworden war. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte ich halluziniert, dass ich die Obdachlose hatte sterben sehen. Und ich hatte halluziniert, dass ich Patchs Narben gesehen hatte.
    Das Wasser wurde abgestellt, und einen Moment später tappte Patch heraus, nur mit seinen nassen Jeans bekleidet, die ihm tief auf den Hüften hingen. Er ließ die Badezimmerkerze an und die Tür weit offen. Weiches Licht durchglühte den Raum.
    Ein schneller Blick, und ich konnte sehen, dass Patch mehrere Stunden die Woche joggte und Gewichte hob. Einen derartigen Körper bekommt man nicht ohne Schweiß und Arbeit. Plötzlich fühlte ich mich ein bisschen befangen, von weich ganz zu schweigen.
    »Welche Seite des Betts willst du?«, fragte er.
    »Äh …«
    Ein Fuchslächeln. »Nervös?«
    »Nein«, sagte ich so zuversichtlich wie unter den gegebenen
Umständen möglich. Und die Umstände waren, dass ich ganz offensichtlich log.
    »Du bist eine schlechte Lügnerin«, sagte er, immer noch lächelnd, »die schlechteste, die ich je gesehen habe.«
    Ich legte die Hände auf meine Hüften und warf ihm ein stilles Wie bitte? zu.
    »Komm her«, sagte er und zog mich auf die Füße. Ich fühlte, wie mein Versprechen von Widerstand dahinschmolz. Wenn ich noch zehn Sekunden länger so dicht bei Patch stünde, würde meine Verteidigung zu nichts zerfließen.
    Ein Spiegel hing hinter ihm an der Wand, und über seine Schulter hinweg sah ich die umgekehrt V-förmige Narbe schwarz auf seiner Haut schimmern.
    Mein gesamter Körper versteifte sich. Ich versuchte, die Narben wegzuzwinkern, aber sie blieben hartnäckig bestehen. Gedankenverloren ließ ich meine Hände über seinen Rücken wandern. Eine Fingerspitze berührte seine rechte Narbe.
    Patch spannte sich unter meiner Berührung an. Ich hielt still, meine Fingerspitze zitterte auf seiner Narbe. Es dauerte einen Moment, bis ich merkte, dass nicht nur mein Finger zitterte, sondern ich. Alles an mir.
    Ich wurde in eine weiche, dunkle Rinne gesaugt, und alles wurde schwarz.

DREIUNDZWANZIG
    I ch stand mit dem Rücken zur Wand im Untergeschoss von Bo’s Arcade vor mehreren Billardtischen. Die Fenster waren verrammelt, und ich konnte nicht sehen, ob es Tag war oder Nacht. Stevie Nicks

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