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Engel Der Nacht

Engel Der Nacht

Titel: Engel Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becca Fitzpatrick
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klang aus den Lautsprechern; das Lied über die weißgefiederte Taube und wie es war, beinahe siebzehn zu sein. Niemand schien überrascht zu sein, dass ich plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war.
    Und dann erinnerte ich mich, dass ich nichts am Leib hatte außer einem Hemdchen und Unterwäsche. Ich bin nicht besonders eitel, aber beinahe nackt in einer Menge zu stehen, die ausschließlich aus Mitgliedern des anderen Geschlechts besteht, und niemand beachtete mich? Irgendetwas … stimmte nicht.
    Ich kniff mich. Ganz und gar lebendig, soweit ich das beurteilen konnte.
    Als ich mit einer Hand die Nebelwolke aus Zigarrenrauch wegwischte, erspähte ich Patch am anderen Ende des Raums. Er saß an einem Pokertisch, zurückgelehnt, und hielt seine Karten dicht an die Brust.
    Ich tappte barfuß quer durch den Raum, legte meine Arme über die Brust um sicherzustellen, dass ich mich bedeckt hielt.
    »Können wir reden?«, zischte ich ihm ins Ohr. Ich musste entnervt klingen. Verständlich, da ich keine Ahnung hatte, wie ich hierher zu Bo’s gekommen war. Zuerst war ich im Motel, und dann war ich plötzlich hier.

    Patch schob einen kleinen Stapel Pokerchips in den Haufen in der Mitte des Tischs.
    »Wie zum Beispiel jetzt ?«, sagte ich. »Es ist ein bisschen eilig …« Ich wurde abgelenkt, als mein Blick auf einen Kalender an der Wand fiel. Es war acht Monate früher, August letzten Jahres. Kurz bevor ich mit der zehnten Klasse angefangen hatte. Monate, bevor ich Patch kennen gelernt hatte. Ich sagte mir, dass dies ein Fehler sein musste, dass wer auch immer die alten Kalenderblätter abreißen sollte, hinterher war, aber zur gleichen Zeit dachte ich kurz und unwillig über die Möglichkeit nach, dass der Kalender genau da stand, wo er sein sollte. Ich aber nicht.
    Ich zog mir vom nächsten Tisch einen Stuhl heran und setzte mich neben Patch. »Er hält eine Pik Fünf, eine Pik Neun, das Herz-Ass …« Ich stoppte, als ich merkte, dass keiner auf mich achtete. Nein, so war es nicht. Keiner konnte mich sehen.
    Jemand polterte die Stufen herunter, und derselbe Kassierer, der damit gedroht hatte, mich hinauszuwerfen, als ich das erste Mal zur Spielhalle gekommen war, erschien am Fuß der Treppe.
    »Oben ist jemand, der mit dir reden will«, sagte er zu Patch.
    Patch zog die Augenbrauen hoch, eine stumme Frage.
    »Sie wollte mir ihren Namen nicht sagen«, rechtfertigte sich der Kassierer. »Ich hab mehrmals gefragt. Ich hab ihr gesagt, du wärst mitten in einem Spiel, aber sie ist einfach nicht weggegangen. Ich kann sie rauswerfen, wenn du willst.«
    »Nein. Schick sie runter.«
    Patch legte seine Karten auf den Tisch, sammelte seine Chips ein und erhob sich von seinem Stuhl. »Ich bin raus.« Er ging zu dem Billardtisch, der den Stufen am nächsten
stand, lehnte sich dagegen und schob seine Hände in die Taschen.
    Ich folgte ihm und schnippte mit den Fingern vor seinem Gesicht. Dann trat ich an seine Stiefel. Ich schlug ihn vor die Brust. Er zuckte nicht, rührte sich nicht einmal.
    Leichte Schritte näherten sich auf der Treppe, und als Miss Greene aus dem dunklen Treppenaufgang auftauchte, war ich einen Moment lang verwirrt. Das blonde Haar reichte ihr bis zu den Hüften und war ganz glatt. Sie trug angemalte Jeans und ein rosa Tank-Top und war barfuß. So angezogen sah sie eher so alt aus wie ich. Sie hatte einen Lutscher im Mund.
    Patchs Gesicht ist immer eine Maske, und gewöhnlich habe ich keine Ahnung, was er gerade denkt. Aber sobald sein Blick auf Miss Greene fiel, wusste ich, dass er überrascht war. Er erholte sich schnell, jegliches Gefühl verschwand, und sein Blick wurde wachsam und vorsichtig. »Dabria?«
    Mein Herz schlug schneller. Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen, aber alles, was ich denken konnte, war, wie es möglich sein konnte, dass sich Patch und Miss Greene kannten, wenn ich wirklich acht Monate in die Vergangenheit geraten war. Sie hatte den Job an der Schule noch gar nicht bekommen. Und warum nannte er sie beim Vornamen?
    »Wie geht’s dir?«, fragte Miss Greene - Dabria - mit einem schüchternen Lächeln und warf den Lutscher in den Papierkorb.
    »Was machst du hier?« Patchs Augen wurden noch wachsamer, als ob er nicht glaubte, dass das ›What you see is what you get‹-Prinzip auf Dabria zutraf.
    »Ich habe mich davongeschlichen.« Sie zog beim Lächeln einen Mundwinkel hoch. »Ich musste dich wiedersehen. Das hatte ich schon lange vor, aber die Wachmannschaft - nun ja, du weißt schon.

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